Trotz Verurteilung vor Gericht: Neusser darf von ihm gequälten Hund behalten
Neuss · Es ist ein Fall, der nicht nur bei Tierfreunden für Unverständnis sorgt. Ein Mann wird vor dem Neusser Amtsgericht wegen Tierquälerei zu einer Geldstrafe in Höhe von 450 Euro verurteilt. Das betroffene Tier — einen Schäferhund — darf der Mann dennoch behalten.
"Wie kann das sein?", fragt Petra Brings, die als Zeugin in dem Prozess aussagte.
Der Mann soll seinen hilflosen Hund getreten und geprügelt haben. Ein Attest des Tierarztes belegte zudem, dass das Tier abgemagert war und unter Flohbefall litt. Das alles reichte zwar für eine Verurteilung vor Gericht, aber nicht dafür, dass dem Halter sein Hund beziehungsweise seine Hunde abgenommen wurden. Denn auch wenn es in dem Prozess nur um den einen Schäferhund ging, sollen laut Zeugenaussagen beide Tiere unter ihrem Halter leiden.
Dabei bot der Tierschutzverein dem Verurteilten an, die Hunde in Obhut zu nehmen und sich um sie zu kümmern, der Halter hätte die Tiere jederzeit besuchen können. Ein Angebot, von dem der betroffene Neusser nichts wissen wollte. "Als Hundehalterin ist mir bald schlecht geworden", klagt Brings. Doch wie kann es sein, dass ein verurteilter Tierquäler seine geschändeten Hunde weiter behalten darf? Auf Nachfrage der Stadt-Kurier-Redaktion sah sich keine Stelle verantwortlich. "Über den Verbleib der Hunde entscheidet nicht der Strafrichter, sondern die Stadt beziehungsweise das Ordnungsamt", teilte Kay Uwe Krüger, Sprecher des Neusser Amtsgerichtes, mit.
Bürgermeister Reiner Breuer gab den Ball ebenfalls weiter: "Zu Ihrer Frage bezüglich des vor dem Amtsgericht Neuss verhandelten Falles von Tierquälerei, bitte ich Sie, sich mit dem zuständigen Veterinäramt des Rhein-Kreis Neuss in Verbindung zu setzen", so der Stadtchef. Aber auch dort verfüge man derzeit nicht über die Befugnis, dem Besitzer die Hunde abzunehmen. "Das Gerichtsurteil, auf das Sie sich beziehen, liegt hier noch nicht vor. Nach Rücksprache mit dem Gericht ist es noch gar nicht niedergeschrieben. In das entsprechende Verfahren war die Kreisveterinärbehörde weder eingebunden, noch hatte sie Kenntnis davon. Insofern kann auch keine inhaltliche Stellungnahme erfolgen", sagt Pressesprecher Reinhold Jung.
Dabei sei das Kreisveterinäramt nach eigenen Aussagen bereits im Frühjahr 2016 mit der Angelegenheit befasst gewesen. Am 2. Mai ist seinerzeit die Tierschutzanzeige dort eingegangen. Am 3. und 4. Mai haben die ersten Kontrollen stattgefunden und der Halter wurde verpflichtet, die Hunde tierärztlich untersuchen und behandeln zu lassen.
"Mit der Zahnbehandlung eines Hundes wurden eine Reihe von tierärztlichen Behandlungen im Juni 2016 abgeschlossen. Für weitere Maßnahmen gab es bis zu diesem Zeitpunkt keine Handhabe", erklärt Jung. Danach seien keine weiteren Anzeigen oder Beschwerden mehr beim Kreisveterinäramt eingegangen — erst jetzt wieder am Tag der Urteilsverkündung.
Auch diesen Hinweisen sei das Kreisveterinäramt unverzüglich nachgegangen. Erneut wurde dem Halter auferlegt, seinen Hund einem praktischen Tierarzt vorzustellen. Die Untersuchung des niedergelassenen Tierarztes bestätigte inzwischen die Auffassung der Veterinärärzte über den Gesundheitszustand des Hundes als altersgemäß. Mängel wurden demnach nicht festgestellt.
"Da seit einem Jahr keine weiteren Beschwerden beim Veterinäramt eingegangen waren und auch keine weiteren tierschutzrechtlichen Verstöße nachgewiesen werden konnten, besteht nach den gesetzlichen Bestimmungen keine Möglichkeit zur Wegnahme des Hundes", so Jung.
"Zu der Frage, warum ,der Verurteilte die Hunde trotz Schuldspruches behalten darf' auch noch der allgemeine Hinweis, dass eine Verurteilung wegen eines Tierschutzverstoßes nicht zwingend ein gesetzliches Verbot der Tierhaltung zur Folge hat. Das hängt vom Einzelfall und der Schwere ab", erklärt der Pressesprecher. Kein Trost für alle Tierfreunde.