Dr. Ulrike Nienhaus: „Lassen Sie uns gemeinsam nach vorne blicken!“

Kaarst · Wird Dr. Ulrike Nienhaus (CDU) die erste Bürgermeisterin in Kaarst? Noch nie hat eine Frau auf dem städtischen Chefsessel Platz nehmen können. Kaarster Extra-Tipp traf sich mit ihr an ihrem Lieblingsplatz in unserer schönen Stadt: dem Hügel im Stadtpark mit Brunnen und Bachlauf.

„Alles ist im Fluss und Fortschritt heißt Bewegung“: die CDU-Bürgermeisterkandidatin Dr. Ulrike Nienhaus an ihrem Lieblingsplatz in Kaarst, dem Hügel im Stadtpark.

Foto: Rolf Retzlaff

Ein Gespräch über Verantwortung, Integrieren, Ziele und Visionen:

Frau Dr. Nienhaus, warum haben Sie diesen Ort als Treffpunkt ausgewählt?

Für mich ist Wasser Leben, zeugt von Entwicklung und Zukunft. Alles ist im Fluss und Fortschritt heißt Bewegung. Man sieht: Es geht immer weiter. Und dann fließt das Wasser von hier aus in Richtung Rathaus — ein für mich vorgezeichneter Weg.

Eine Frage stellen sich viele Bürger: Sie haben als Leiterin der Abteilung Umwelt und Arbeitsschutz bei der Bezirksregierung einen interessanten Posten, tragen die Verantwortung für rund 500 Mitarbeiter, verdienen bestimmt auch nicht schlecht... Warum also jetzt der Wunsch, Bürgermeisterin zu werden?
Mein Mann und ich sind Kaarster durch und durch. Ich möchte diese Stadt für die Bürgerinnen und Bürger gestalten. Es ist sehr reizvoll, in der Stadt auch eigene Impulse zu setzen und mitzuerleben, was daraus wird.

Bitte vervollständigen Sie diesen Satz: Kaarst ist für mich...
...die Stadt, in der mein Mann und ich mit Leidenschaft leben und uns ehrenamtlich und sozial engagieren; wo ich mich mit Freunden treffe und einfach wohl fühlen kann.

Warum ist Dr. Nienhaus besser für Kaarst als Christian Gaumitz?
Die derzeitige politische Situation verlangt eine Bürgermeisterin, die integriert und nicht spaltet. In meinem Beruf praktiziere ich seit Jahren die Philosophie des Zusammenführens; das braucht auch Kaarst.

Sie wären die erste Frau auf dem Stadtchef-Posten in der Geschichte der Stadt Kaarst...
Genau, es wird Zeit für eine Frau an der Spitze. Frauen führen und denken anders als Männer.

Was macht den Unterschied?
Männer und Frauen haben die gleichen Ziele, beschreiten den Weg dorthin aber unterschiedlich. Männer schreiten über im Weg liegende Steine hinweg, egal wieviel Kraft sie dafür verwenden müssen. Frauen gehen auch mal um die Steine herum — mit wesentlich geringerem Kraftaufwand.

Wie würden Sie ihren Führungsstil beschreiben?
Ich pflege einen kooperativen Führungsstil. Ich möchte meine Ziele und Visionen gemeinsam mit meinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ausfüllen und erarbeiten. Zur Führung gehört aber auch Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen. Das erwarten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Ich würde mich auch als Teamplayer bezeichnen. Als ich zum Beispiel in der Essener Gruga-Halle einen Erörterungstermin zur CO-Pipeline, gegen die es rund 22.000 Einwendungen gab, leiten musste, konnte ich mich auf mein starkes Team verlassen.

Sollten Sie die Wahl gewinnen: Sehen Sie sich als CDU-Bürgermeisterin?
Mir ist es wichtig, eine Bürgermeisterin für alle zu sein. Ich bringe die besten Voraussetzungen mit, bin unvorbelastet. Wir dürfen uns nicht in Streitigkeiten der vergangenen Jahre verlieren, sondern müssen aufeinander zugehen. Auch da sehe ich mich als integrative Kraft. Wir sollten uns nicht länger in politische Lagerkämpfe verstricken und Meinungen nicht dem Koalitionsfrieden opfern, wie es zurzeit häufig geschieht.

Sie würden Franz-Josef Moormann nach 16 Jahren Amtszeit beerben. Würden Sie vieles anders machen oder seine Arbeit weiter führen?
Herr Moormann hat ein solides Fundament geschaffen, auf dem ich aufbauen werde. Natürlich bringe ich meinen eigenen Stil ein. Ich setze auf eine zukunftsgerichtete, mittelstandsfreundliche und bürgernahe Verwaltung und möchte zum Beispiel mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Rathaus Vorbild sein für Unternehmen vor Ort.
Auch ist mir Bürgerbeteiligung sehr wichtig. Oft wird gesagt, man wolle die Bürger und Bürgerinnen mitnehmen. Ich will sie nicht wie an der Hundeleine mitnehmen, sondern ihnen auf Augenhöhe begegnen.

Sie übernehmen ein schweres Erbe mit einem unerwartet hohen Haushaltsdefizit von acht Millionen Euro. Wie werden Sie damit umgehen?
Ich werde die städtischen Ausgaben auf den Prüfstand stellen. Aber auch die Wirtschaftsförderung muss dafür sorgen, dass die Einnahmen durch Gewerbesteuer nicht weiter sinken. Wir brauchen langfristig Flächen für eine attraktive Ansiedlungspolitik und Entwicklungspotenzial. Wir sollten keinesfalls Gewerbe- in Wohnbauflächen umwandeln, wie es das Fünfer-Bündnis im Kaarster Westen am ehemaligen Rido-Standort will.

Wie sähe Ihr erster Tag im Rathaus aus?
Ich will am 21. Oktober die Menschen im Rathaus kennen lernen, gemeinsam sehen, wie Geschäftsprozesse ablaufen und welche Verbesserungspotenziale in den Abteilungen schlummern. Für eine zukunftsfähige Verwaltung braucht man die Menschen vor Ort. Hier kann ich meine beruflichen Erfahrungen einbringen, solche Prozesse zu leiten und zu steuern, Potenziale zu wecken und zu nutzen.

Das hört sich nach einem Rund-um-die-Uhr-Job an...
Auch heute habe ich keinen 40-Stunden-Job. Ich bin immer erreichbar, zum Beispiel wenn größere Unfälle in der Region passieren. Dann bin ich auch zum Teil selbst vor Ort, wenn der Bereitschaftsdienst der Bezirksregierung im Einsatz ist. Hier müssen schnell und präzise Entscheidungen getroffen werden, Verantwortung muss übernommen werden.

Apropos Verantwortung übernehmen: In Sachen Konverter hat die Stadt wohl bald kaum noch die Möglichkeit der Einflussnahme.
Die rot-grüne Regierung plant eine Änderung des Landesplanungsgesetzes. Das nimmt der Stadt einen Teil ihrer Planungshoheit. Im Zielabweichungsverfahren könnte die Stadt heute das Einvernehmen ablehnen — und genau das würde ich tun. Ich sehe Kaarst nicht als Stadt, in der solch ein Konverter seinen Platz hat. Das Amprion-Verfahren ist nicht transparent und nachvollziehbar.

Zum Schluss bemühe ich die kommunalpolitische Fee: Sie haben drei Wünsche frei!
Ich wünsche mir, dass Kaarst weiter finanziell so stabil bleibt, um selbst Entscheidungen zu treffen und nicht in die Haushaltssicherung zu rutschen. Ich lege weiter großen Wert auf freiwillige Leistungen zum Beispiel in den Bereichen Sport, Kultur und Freizeit.
Auch wünsche ich mir, dass Kaarst weiter lebens- und liebenswert und somit auch attraktiv für Neubürger bleibt. Ich setze zudem auf ein Miteinander der fünf Ortsteile — nur gemeinsam sind wir stark. Dabei sollte jeder Ortsteil seine Identität erhalten und stärken.

Haben Sie keine konkreteren Wünsche?
Sogar einige: Beispiel Stadtentwicklung. In Kaarst und Büttgen müssen Gesamtkonzepte gemeinsam mit allen Beteiligten entwickelt werden. Es darf nicht um Einzelprojekte herum geplant werden. Natürlich gibt es auch in Holzbüttgen und Vorst viel Potenzial.
Bildung ist ebenfalls einer meiner Schwerpunkte. Gute Bildung öffnet Wege und Möglichkeiten. Und auch das Heranführen der vielen Flüchtlinge an die deutsche Sprache ist eine Herausforderung.
In Sachen Infrastruktur hoffe ich, die Bürgerinitiative für den Bürgerbus wieder reaktivieren zu können. Zurzeit sind hier die Fronten verhärtet, aber auch da will ich integrierend einwirken.

Das Integrieren scheint Ihnen am Herzen zu liegen...
Ja, das zeigen auch meine Initiativen für das Gesamtkonzept Nordkanal und den Bürgerradweg an der Neusser Straße. Mir liegt in Zukunft auch daran, solche Projekte nach Kaarst zu holen, bei denen der städtische Haushalt durch Fördermittel entlastet wird. Wir dürfen nicht ständig rückschauen, wer wann was gesagt und gemacht hat. Lassen Sie uns gemeinsam nach vorne blicken und das Beste für die Stadt Kaarst erreichen!

Das Gespräch führte Rolf Retzlaff.