Ärzte hatten ihn aufgegeben: Neues Herz rettete 55-Jährigem das Leben

Neuss · Er war zwei mal klinisch tot, hatte mit dem Leben abgeschlossen. Andreas Wesseling lebt nur, weil er ein neues Herz gespendet bekommen hat. Angefangen hat seine Leidensgeschichte mit einer verschleppten Grippe.

Andreas Wesseling feiert seinen zweiten Geburtstag am 28. September — dem Tag, an dem er ein neues Herz bekam.

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Zähne zusammenbeißen und trotz Krankheit weitermachen. Eine Situation, die vielen bekannt vorkommen dürfte, so auch Wesseling. Weil der selbstständige Versiegelungstechniker seine Kunden nicht im Stich lassen wollte, ging er trotz Grippe arbeiten. "Ärzte kannte ich vor dieser Krankheit gar nicht", erinnert sich Wesseling. Ein böser Fehler, wie sich herausstellte. Tage später bemerkte der 55-Jährige, dass sein Fuß taub war. Erst nach rund zwei Wochen stattete er seinem Hausarzt doch einen Besuch ab. "Er erkannte den Ernst der Lage aber nicht, meinte nur, dass wohl ein Nerv eingeklemmt wäre und verordnete mir Massagen", so Wesseling. Weil das nicht half, ging der Patient auf eigene Faust in eine Venenklinik nach Duisburg und bekam dort die Schockdiagnose. "Der Arzt fühlte nur kurz meinen Puls und sagte mir sofort, dass ich schwer herzkrank sei", erinnert sich Wesseling. Das war Ende 2014. Es folgte eine wahre Tortur.

"Zunächst behandelte man mich mit Tabletten. Ich bekam immer wieder neue, innovative Medikamente, die angeblich helfen sollten. In Wahrheit wurde mein Zustand zunehmend schlechter. Ich fühlte mich matt, müde, bekam nur schlecht Luft", sagt der 55-Jährige. Kurz vor Ostern 2017 erlebte Wesseling einen ersten Tiefpunkt. "Ich konnte keine zehn Meter laufen, war voller Wasser. Im Krankenhaus stellte man fest, dass andere Organe wie Darm, Leber und Nieren versagten. Nach Wochen auf der Intensivstation eröffnete mir mein Arzt in einem Abschlussgespräch, dass er nichts mehr für mich tun könnte", erzählt der 55-Jährige. Der Ehefrau teilte der Mediziner sogar mit, dass sie die letzte Zeit mit ihrem Mann genießen sollte. Zwei Mal musste sie miterleben, wie ihr Mann einen Herzstillstand erlitt und wiederbelebt werden musste.

Über seine Nahtoderfahrungen spricht Wesseling ganz offen: "Es war ein positives Bild. Ich sah fünf Personen in einem Rahmen, konnte sie aber kaum erkennen. Sie ähnelten den Darstellern der Blueman-Group, nur dass sie grünlich waren. Drumherum war alles hell und dann wurde ich von ihnen auch schon zurückgewunken. Seit dieser Erfahrung habe ich jedenfalls keine Angst mehr vor dem Tod", sagt der 55-Jährige. Es war eine Zeit, in der er mit dem Leben abgeschlossen hatte. "Ich konnte ja nichts mehr, noch nicht einmal reden. Das war frustrierend", sagt Wesseling. Erst auf Drängen seines Hausarztes und seiner Frau bewilligte er, sich im August in eine Spezialklinik in Bad Oeynhausen einweisen zu lassen. Dort gab es nach Langem wieder einen Hoffnungsschimmer. Die Ärzte sagten, Wesseling könnte gesund werden, jedoch nur mit einem neuen Herzen.

Weil sein Zustand so schlecht war, wurde der Patient im September auf die HU-Liste (High Urgency — Hohe Dringlichkeit) gesetzt. Am 28. September stand ein passendes Spenderherz zur Verfügung und es wurde in einer viereinhalbstündigen OP transplantiert. Seitdem geht es gesundheitlich nur noch bergauf. "Mir geht es den Umständen entsprechend wieder super. Ich kann spazieren, mich unterhalten, meine ganze Lebensqualität ist deutlich gestiegen", freut sich Wesseling. Über seinen Organspender weiß er nichts, nur dass es sich um ein gesundes, starkes Herz handelt. "Ich denke viel an die Person, der ich heute mein Leben zu verdanken habe", sagt der 55-Jährige, der sich nach dieser Erfahrung ebenfalls einen Organspendeausweis zugeleg

t hat, genau wie seine ganze Familie. Jetzt will Wesseling noch mehr Menschen mit seiner Geschichte bewegen. Unterstützung bekommt er von seinem guten Freund Karl Hübers, der die Werbetrommel rührt und alle dazu aufruft, sich einen Spenderausweis zuzulegen. "Die Ausweise können bei verschiedenen Organisationen aus dem Internet heruntergeladen werden", empfiehlt Ulla Dahmen, Pressesprecherin des Lukaskrankenhauses. Infos unter www.organspende-info.de.

(Kurier-Verlag)