Flächennutzungsplan wühlt den Neusser Süden auf: Widerstand formiert sich

Neuss · Ein Gewerbegebiet vor der Haustüre — das möchte vermutlich kaum jemand. Doch genau das könnte im Fall von vielen Menschen im Neusser Süden eintreten. Die neu gegründete Bürgerinitiative "Pro Lebensqualität in Elvekum" wehrt sich gegen die Pläne von Verwaltung und Politik — und stößt auf viel Verständnis, aber auch auf Gegenwind.

Diese Fläche sorgt für hitzige Diskussionen im Neusser Süden. Dort soll Gewerbe entstehen.

Foto: Foto: Violetta Fehse

Wie hoch das Interesse an dem Thema ist, zeigt die hohe Beteiligung an der ersten Versammlung, zu der die Bürgerinitiative eingeladen hatte. 92 Menschen aus diversen Stadtteilen waren gekommen — und das, obwohl die Veranstalter keine Werbung gemacht haben und der Termin auf den ersten Montag in den Sommerferien gelegt wurde.

Die Stimmung war nicht nur wegen der Temperaturen aufgeheizt — denn die Bürger befürchten das Schlimmste. "Wir gehen davon aus, dass zwischen Elvekum und Derikum kein Gewerbe- sondern ein Industriegebiet entstehen soll", berichtet Sprecherin Dorothee Helten. Der Unterschied: Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Betrieben. In Industriegebieten hingegen dürfen sich Betriebe mit höheren Immissionen ansiedeln. "Damit wäre der Weg frei für große Logistikunternehmen, die für mehr Verkehr im Ort sorgen", so die Elvekumerin. Nicht der einzige Kritikpunkt, den die Bürgerinitiative vorbringt.

Denn auch die geplante Umgehungsstraße, die zur Verkehrsentlastung beitragen soll, ist den Anwohnern ein Dorn im Auge. "Zum einen würde sie aus unserer Sicht zu keiner Besserung beitragen, zum anderen rechtfertigt die Straße umso mehr eine Ansiedlung von Industrie statt Gewerbe", so Helten. Sie und die Bürgerinitiative bemängeln, dass die Stadt zu wenig Öffentlichkeitsarbeit geleistet habe, um den Flächennutzungsplan zu erklären. "Eine bloße Auslegung des Plans reicht da eben nicht aus", so die Elvekumerin. Tobias Spange vom Presseamt der Stadt Neuss weist die Kritik zurück: "Über sechs Wochen, wurden der Plan und alle Unterlagen öffentlich ausgelegt. Diese konnten beim Amt für Stadtplanung im Rathaus und gleichzeitig online eingesehen werden.

Beide Möglichkeiten wurden durch entsprechende Pressemitteilungen sowie über das Internet öffentlich gemacht. Zudem standen die Mitarbeiter des Amtes für Stadtplanung für Auskünfte und Erläuterungen zur Verfügung."SPD-Chef Sascha Karbowiak räumt dagegen ein, dass die Stadt Neuss zusätzlich Informationsveranstaltungen anbieten sollte, um Unstimmigkeiten gleich zu klären. Ein Missverständnis sei beispielsweise die Befürchtung vor dem Industriegebiet. "Da wir uns aktuell erst im sogenannten ,Auslegungsbeschluss' befinden, ist das Verfahren außerdem noch überhaupt nicht abgeschlossen", so Karbowiak. Und auch Stadtsprecher Spange sagt: "Bei der Darstellung im Entwurf des neuen Flächennutzungsplanes handelt es sich um ein Gewerbegebiet und nicht um ein Industriegebiet."

CDU-Vorsitzender Prof. Dr. Jürgen Brautmeier schlägt vor, dass Bürger, Politik und Verwaltung im Gespräch bleiben. "Die Bürgerinitiative hat ihre Punkte in einem Schreiben zusammengestellt. Darüber sollten wir sprechen und Kompromisse finden." Eine Mitstreiterin im Kampf gegen das Gewerbegebiet und gegen die Umgehungsstraße haben die Anwohner in der Person von der CDU-Stadtverordneten Waltraud Beyen gefunden. "Nach den Sommerferien werden wir, die bereits Unterschriften gegen das Gewerbegebiet gesammelt haben, weitere Schritte einleiten, damit dieses Vorhaben nicht in die Tat umgesetzt wird", so Beyen.

Die SPD will sich dagegen dafür einsetzen, dass die Verwaltung Informationsveranstaltungen in Derikum und Elvekum anbietet.

(Kurier-Verlag)