Bürgermeister-Kandidat Thomas Nickel (CDU) handelt Schlimme Wohnungsnot in Neuss: Bauvereins-Aufsichtsrat wird nun doch abgelöst
Neuss · Vielen Menschen, auch Senioren, droht die Obdachlosigkeit. In Neuss fehlt bezahlbarer Wohnraum. Der Neusser Bauverein hatte in den vergangenen Jahren auf Luxusobjekte gesetzt. Alle Parteien fordern dringend ein Umdenken.
Erste Maßnahme: Der alte, offenbar verfilzte, Aufsichtsrat wird nun doch durch den neu gewählten Aufsichtsrat ersetzt. Dies soll im kommenden Jahr vor der Neuwahl des Vorstandsvorsitzenden geschehen. Bürgermeister Napp hatte sich dagegen gewehrt (Stadt Kurier berichtete), wollte unbeding an Lubig festhalten. Der steht nun deutlich in der Kritik und hat auch in der CDU kaum noch Rückhalt. Seine Wahl steht im Sommer 2015 an. Es könnte knapp werden.
Bislang hatte der Vorstandsvorsitzende des Bauvereins, Frank Lubig, den aktuellen Aufsichtsrat ganz gut "im Griff". Der Stiefsohn eines Aufsichtsrates hat einen guten Job im Unternehmen erhalten. Der Vater war Lubig dankbar. Andere Aufsichtsratsmitglieder wurden hofiert. Lubig würde glatt gewählt werden: Vom alten Aufsichtsrat. Doch im neuen Führungs-Gremium werden andere Leute sitzen. Reiner Breuer zum Beispiel von der SPD und Hermann-Josef Baaken von der CDU. Beide gelten als wenig anfällig für "Zückerchen" und "Pflege der Landschaft", sind unbestechlich und werden als hochanständig angesehen.
Bislang aber sind die Bauvereins-Bosse durch teure Privatvillen in Bergisch Gladbach und Ratingen (also weit ab vom Brennpunkt in Neuss) und Luxusreisen aufgefallen, während mindestens 1000 Wohnungen fehlen und die Situation in den kommendne Jahren noch brisanter wird. Menschen flehen die Sachbearbeiter im zentralen Anlaufbüro am Hafen um ein Dach über den Kopf an. Es kommt zu unwürdigen Szenen. Alleinstehende Mütter bitten mit ihren Kindern sozusagen auf Knien, flehen, damit ihre Kinder von der Obadachlosigkeit verschont bleiben.
CDU-Bürgermeister-Kandidat Thomas Nickel: "Wir dürfen uns nicht ausruhen. Wir müssen weiter bezahlbaren Wohnraum schaffen, seniorengerecht und generationsübergreifend. Wir müssen den Neusser Bauverein an seinen Kernauftrag erinnern! Und eingreifen, falls er es vergisst!" Auch der neue starke Mann der CDU, Sebastian Rosen, spricht Klartext: "Das Bild, das der Bauverein momentan abgibt, ist eine Schande für unsere Stadt!"
SPD-Chef Benno Jakubassa begrüßt die Entscheidung der CDU. Seine Partei hatte selbst einen Antrag gestellt und den aufrechten CDU-Aufsichtsrat Heinz Sahnen unterstützt, der eine dringende Ablösung des alten Aufsichtsrates forderte. Mit Erfolg. Jetzt könnte der Vorstand (Lubig, Dirk Reimann) gezwungen werden, gegen ihre Natur endlich wieder etwas für den sozialen Wohnungsbau und die Menschen in Neuss zu tun. CDU-Ratsherr und Planungsausschuss-Vorsitzender Karl-Heinz Baum begrüßt die neue Linie und steht bereit, mit anzupacken, um die Fehler des aktuellen Vorstandes zu heilen. Ein Wunschkanddiat für die Nachfolge Lubig ist der Bauvereins-Prokurist Peter Krupinski. Der fleißige Bauexperte hat sich in der Vergangenheit um Neuss verdient gemacht, wirkt mit sozialem Gewissen im Heimatverein Neuss und hat einen ganz klaren Vorteil: Er wohnt und lebt gerne mit seiner Freundin in einer schlichten Neusser Mietwohnung und kennt die Probleme der Stadt.
Mehr sozialer Wohnungsbau für Neuss benötigt
Mieterbund kann Gründe des Bauvereins gegen mehr öffentlich geförderten Wohnungsbau nicht nachvollziehen
"Wenn der Vorstandsvorsitzende des Neusser Bauvereins beklagt, er könne sich nicht auf sein Kerngeschäft besinnen, wozu auch der Bau von mehr Sozialwohnungen gehöre, da ihm dafür aufgrund zu hoher Instandhaltungskosten das Geld fehle, so ist dies schlichtweg nicht nachvollziehbar," stellte Bernhard von Grünberg, Vorsitzender des Deutschen Mieterbundes Nordrhein-Westfalen, anlässlich der jüngsten Äußerungen von Frank Lubig klar.
"Es ist gängige Praxis, dass die Instandhaltungskosten immer schon bei der Kostenkalkulation für die Kaltmieten miteinberechnet werden." Anstatt sich auf die Vermarktung von teuren Wohnungen zu konzentrieren, fordern der für Neuss zuständige Mieterverein Düsseldorf und der Landesverband, sich mehr am tatsächlichen Bedarf zu orientieren.
"In der Vergangenheit wurde viel zu wenig Wohnraum im mittleren und unteren Mietpreissegment geschaffen. Hier muss mehr investiert werden", machte von Grünberg deutlich. "Im Übrigen tragen die Kommunen die Kosten der Unterkunft; wenn kein günstiger Wohnraum vorhanden ist, muss die Stadt teure Alternativen finanzieren". Mehr sozialer Wohnraum würde langfristig auch dem Haushalt der Kommune zu Gute kommen.