Messer für Europas Konservenindustrie Banditt aus Büttgen ist ein Spezialunternehmen
Es müssen nicht immer die großen Namen aus dem Sport oder der Orts-Geschichte sein, die den Ruf der Stadt Kaarst und seines Ortsteils Büttgen nach Europa tragen: Manchmal genügt auch ein kleines, hochspezialisiertes Unternehmen, ohne dass die europäische Sauerkonserven-Industrie ein Problem hätte: Die Messerwerkstatt Erich Banditt in Büttgen beliefert alle großen deutschen und europäischen Sauerkonserven-Hersteller mit Spezialmessern, ohne die kein feingeschnittenes Sauer- oder Rotkraut auf dem Teller denkbar ist.
Der Begriff "Messerwerkstatt" des bereits in der dritten Generation tätigen handwerklichen Unternehmens in der Büttgener Gutenbergstraße stapelt in seiner Bedeutung eher tief als hoch. Denn ohne die Arbeit der von Erich Banditt 1964 gegründeten "Messerwerkstatt" hätten die Sauerkonserven-Hersteller niemanden, der ihnen die kreisrunden Messerscheiben anfertigt und die defekten Messer einer solchen Scheibe repariert und schärft. Dass es sich bei den rotierenden Messerscheiben, die es in den Abmessungen 800, 650 und 600 mm gibt, um Spezialwerkzeuge handelt, fällt erst auf, wenn man einmal eine solche Scheibe gesehen hat. Die kreisrunden Roh-Scheiben, auf denen die bis zu elf halbkreisförmigen Messer aufgeschraubt werden, bezieht Firmenchef Karl-Heinz Banditt aus einer rheinischen Gießerei.
"Bevor wir jedoch mit der Montage der Messer auf der Scheibe als Messerträger beginnen können, muss die Aluminium-Trägerscheibe erst einmal gesäubert und auf Maß gedreht werden", sagt Karl-Heinz Banditt, der das Unternehmen von seinem Vater übernahm. Mit Sohn Björn steht schon die dritte Generation bereit. Dass die Firma in der Gutenbergstraße arbeitet, verdankt sie einem Zufall. Als die Hersteller-Firma für die Schneidemaschinen aus Mainz ihre Niederlassung und Service-Werkstatt in Büttgen aufgeben wollte, bedeutete das für Erich Banditt den Sprung in die Selbstständigkeit. Denn die Industriekunden beschworen ihn händeringend, den bisherigen ortsnahen Service fortzuführen.
Eine moderne Fabrikationshalle, die 1964 entstand, schuf dann die Voraussetzung für eine steile Firmenentwicklung. Heute gibt es fast kein europäisches Land, in das Banditt nicht schon neu angefertigte Messerscheiben geliefert oder für das er Reparaturen und Messerschärfungen vorgenommen hat. Immerhin kostet eine komplette Messerscheibe je nach Größe bis zu 3.000 Euro. Einmal ging eine Messerscheibe sogar per Luftfracht in die USA. In der Regel werden die schweren Scheiben per Spedition auf einer Palette oder in einem Holzverschlag ausgeliefert.
Messerscheibe fürs Museum
Wer im Rheinland glaubt, eine Alleinstellung für Sauerkraut als regionale Spezialität zu haben, den muss Banditt enttäuschen: "Das größte Weißkohl-Anbaugebiet liegt im Dithmarschen. Dort gibt es in Wesselburen sogar ein Sauerkraut-Museum, in dem man eine original Banditt-Messerscheibe als Ausstellungsstück bewundern kann", sagt Karl-Heinz Banditt. Fast alle großen Marken-Hersteller von Sauerkonserven von Sauerkraut über Krautsalat bis Rotkohl und Zwiebeln haben hier eines ihrer Anbaugebiete. Selbst im Spreewald gibt es neben den berühmten Gurken auch einen wichtigen Weißkohl-Anbau, der zu Banditts Kunden zählt.
Allerdings hat auch im Sauerkonserven-Bereich in den vergangenen Jahren eine starke Firmenkonzentration stattgefunden, weil viele kleine Hersteller aufgegeben haben. "Während wir früher hier im Rheinland rund 30 Firmen in der Sauerkraut-Herstellung hatten, ist die Zahl heute deutlich geschrumpft", bedauert Banditt, zu dessen Kundenstamm heute europaweit rund 50 Unternehmen zählen. Die Beziehungen zu diesen Firmen bestehen teilweise schon seit zwei Generationen und sind von gegenseitigem Vertrauen geprägt. Dazu hat auch beigetragen, dass es für das Büttgener Unternehmen kaum noch Mitbewerber gibt. "Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass dieser Beruf viel handwerkliches Können und eine Menge spezielles Know-How erfordert", sagt Banditt.
Denn die Spezial-Messer stellt er aus Solinger Messerstahl noch selbst her, dengelt und schärft sie und stellt sie je nach Einsatzzweck auf eine Schnittstärke von 0,6 bis 2 Millimeter — etwa für Rotkohl — ein. "Das können Sie nur mit einer Menge Berufserfahrung und gut gehüteten Betriebsgeheimnissen", findet der Seniorchef, der auch die Ruhe behält, wenn in der Hochsaison von Mitte August bis Weihnachten allein von einem Kunden jede Woche zehn Messerscheiben zum Schärfen angeliefert werden. Aber auch in der übrigen Zeit kann sich Karl-Heinz Banditt über mangelnde Arbeit nicht beklagen. Denn jede Woche landen übers Jahr gerechnet zehn Messerscheiben zum Schärfen und Reparieren in der Werkstatt in der Gutenbergstraße. E. W. Vossen