IHK stellt Standortanalyse Kaarst vor: Stadt sollte weiter an guten Bedingungen arbeiten Unternehmer in Kaarst sind zufrieden+++Kaufkraft ist hoch+++geringe Arbeitslosigkeit

Kaarst · Der Standort Kaarst ist erfolgreich. Das zeigt eine Standortanalyse der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, der sowohl eine Auswertung amtlicher Daten als auch die Ergebnisse einer Umfrage bei Kaarster Unternehmen zugrunde liegen.

Sie diskutierten über den Wirtschaftsstandort Kaarst (von links): Claudia Op’t Eynde (Schöner Reisen und So GmbH), Stephan Laufenberg (Ikea), Moderatorin Beate Kowollik, Bürgermeisterin

Foto: Foto: IHK

„Die Unternehmen sind zufrieden. Dennoch sollte die Stadt weiter an den Rahmenbedingungen für die Wirtschaft arbeiten“, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Die Analyse wurde vor etwa 80 Gästen im Ratssaal der Stadt Kaarst vorgestellt.

Zunächst erläuterte Gregor Werkle, Referent für Wirtschaftspolitik bei der IHK Mittlerer Niederrhein, die Kernergebnisse, die sich aus der Analyse der amtlichen Daten ergaben. „Kaarst ist ein Handelsstandort“, erklärte er. Gut ein Drittel aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Kaarst arbeitet im Groß-, Einzel- oder Kfz-Handel. In NRW liegt der entsprechende Wert bei knapp 15 Prozent. Zudem ist der Standort in den vergangenen Jahren sehr stark gewachsen. Im Jahr 2016 war die Zahl der Beschäftigten um 21 Prozent höher als noch im Jahr 1999, in NRW lag sie bei plus 12,8 Prozent und im Rhein-Kreis Neuss bei plus 13,9 Prozent.

Dieses gute Ergebnis wurde durch einen interkommunalen Vergleich bestätigt. Die IHK hat in der Analyse die Stadt Kaarst anhand von neun volkswirtschaftlichen Indikatoren mit dem Landesschnitt sowie mit vier Städten ähnlicher Größe (Meerbusch, Bad Honnef, Hennef, Rheinbach) verglichen. Der Standort Kaarst kommt im interkommunalen Vergleich auf gute Werte. „Die Kaufkraft ist hoch, die Arbeitslosigkeit befindet sich auf einem niedrigen Niveau und ist in den vergangenen Jahren merklich zurückgegangen. Die Beschäftigung ist zudem in den vergangenen Jahren angestiegen“, erklärte Werkle. Dies wirke sich auf die Steuereinnahmekraft der Kommune aus, die folglich auf einem hohen Niveau liegt. Das führt dazu, dass die Stadt ohne Kassenkredite auskommt.

Dieses gute Ergebnis wird auch durch die IHK-Unternehmensumfrage bestätigt, die IHK-Hauptgeschäftsführer Steinmetz vorstellte. Die IHK hat Antworten von 100 Kaarster Unternehmen mit insgesamt 1.300 Beschäftigten erhalten. „Das ist ein repräsentatives Ergebnis“, erklärte Steinmetz. Verglichen werden konnten die Kaarster Ergebnisse mit einer IHK-Umfrage aus dem Jahr 2007 in Kaarst sowie mit Standortanalysen aus anderen Kommunen, die die IHK in den vergangenen Jahren durchgeführt hat. „Die Kaarster Betriebe bewerten ihren Standort überdurchschnittlich gut“, sagte Steinmetz. Auf einer Vierer-Skala erhält Kaarst die Durchschnittsnote 2,15 und ist damit um 0,03 Punkte besser als der Schnitt der Gesamtregion.

„Eine der Stärken von Kaarst ist die Erreichbarkeit. Die Standortfaktoren zum Thema Straßenverkehrsanbindung, ÖPNV und Schienenverkehrsanbindung erhalten eine gute Bewertung von den Unternehmen“, freute sich Steinmetz. „Die digitale Erreichbarkeit ist dagegen einer der größten Kritikpunkte.“ Die Unternehmer kritisieren die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur. „Eine schnelle Internetverbindung gehört allerdings heute zur Grundversorgung“, so der Hauptgeschäftsführer.

Bei den Standortfaktoren rund um das Thema „Arbeitsmarkt“ zeigt sich, dass der Fachkräftemangel in Kaarst zu einem offensichtlichen Problem wird. „Das ist auch an anderen Standorten so. Die Unternehmen aus Kaarst sind allerdings kritischer in Bezug auf die Lernqualität in den Berufsschulen und in den allgemeinbildenden Schulen“, analysierte Steinmetz. Er sieht vor allem auch in einer besseren Lernqualität einen Baustein zur Bekämpfung des Fachkräftemangels.

Ambivalent ist die Bewertung der kommunalen Kosten und Leistungen. So kritisieren die Unternehmer die Höhe des Grund- und des Gewerbesteuerhebesatzes. Damit sind sie wesentlich unzufriedener als noch vor zehn Jahren. Die Kooperation der Ämter untereinander wird allerdings gelobt.

„Insgesamt zeigt sich, dass die Unternehmen zwar zufrieden sind – die Ergebnisse bei unserer Umfrage vor zehn Jahren aber besser waren“, lautet das Fazit des Hauptgeschäftsführers. Er mahnte an, dass die Stadt sich weiter um gute Standortrahmenbedingungen für die Wirtschaft kümmern sollte. „Die Verwaltung muss die Standortkosten für die Betriebe im Blick halten. Die Aktivitäten der Wirtschaftsförderung rund um das Thema „Breitbandausbau“ sind lobenswert, aber auch absolut erforderlich, damit die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur nicht zu einem Standortnachteil wird“, so Steinmetz.

Das Thema Breitband spielte auch in der anschließenden Diskussion eine große Rolle, an der Steinmetz, Bürgermeisterin Dr. Ulrike Nienhaus, der Ikea-Chef Stephan Laufenberg und die Unternehmerin Claudia Op’t Eynde von der „Schöner Reisen und So GmbH“ sowie Unternehmer aus dem Publikum teilnahmen. „Die Unternehmen leiden hier unter der schlechten Internetanbindung“, erklärte ein Unternehmer. Man benötige eine Gigabit-Bandbreite, forderte ein anderer Besucher. „Wann fangen wir mit Glasfaser an und hören mit Kupferkabel auf?“, wollte er von der Bürgermeisterin wissen „Im vergangenen Jahr hat die Telekom 20 Kilometer Glasfaser im Stadtgebiet verlegt, und durch das Breitbandförderprogramm des Bundes können im kommenden Jahr weitere Standorte berücksichtigt werden“, erklärte Nienhaus. Grundsätzlich würde es darüber hinaus weitere Anstrengungen für den Ausbau in Kaarst geben. „Viele Unternehmen wissen allerdings auch nicht, dass es an ihrem Standort längst einen Ausbau gegeben hat, und nutzen deshalb das schnelle Internet nicht. Da müssen wir besser informieren.“

Weiteren Handlungsbedarf sehen die Unternehmer in der Innenstadt. Neben dem unzureichenden Parkplatzangebot kritisierte Op’t Eynde die schlechte Aufenthaltsqualität vor allem im Bereich Maubishof. „Der 80er-Jahre-Charme müsste mal überarbeitet werden. Das ist nicht mehr zeitgemäß“, sagte sie. „Und auch der Waschbeton steigert nicht gerade die Aufenthaltsqualität.“ Außerdem seien die beiden Center nicht ansprechend miteinander verbunden. „Für den Maubishof gibt es durchaus Verbesserungsansätze. Er ist Teil des Integrierten Entwicklungs- und Handlungskonzepts Innenstadt“, erklärte die Bürgermeisterin. Künftig werde es einen Citymanager geben, zu dessen Aufgaben es gehöre, die einzelnen Interessen zusammenzubringen. Ikea-Chef Laufenberg wünscht sich eine bessere Verknüpfung seines Hauses mit der Innenstadt. „Wir haben auch viele Besucher von auswärts, für die ein Besuch in der Innenstadt möglich sein sollte.“

Schließlich waren sich die Gesprächsteilnehmer einig, dass sich Kaarst in einigen Bereichen noch besser für die Zukunft aufstellen muss – nicht zuletzt auch mit Blick auf den Fachkräftemangel. „Wir müssen den Menschen die Möglichkeit geben, hier in einer attraktiven Stadt wohnen zu können“, erklärte Nienhaus zum Abschluss. Deshalb müssten zeitgemäßer Wohnraum und die Voraussetzungen für weitere Gewerbeansiedlungen geschaffen werden.

Die Standortanalyse ist als Download im Internet zu finden unter www.mittlerer-niederrhein.

ihk.de/17284

(Kurier-Verlag)