Jugend macht Politik: Diese jungen Menschen gestalten unser Kaarst mit

Kaarst · Seine Meinung sagen, das Leben in seiner Stadt mitgestalten und sich dafür einsetzen — Aspekte, die das Engagement in der Lokalpolitik ausmachen. Wie sieht es in Kaarst aus? Ist die Jugend politikverdrossen?

Die Junge Union um Sven Ladeck hat Dr. Ulrike Nienhaus im Bürgermeister-Wahlkampf stark unterstützt.

Foto: JU

"Kaarster Leben" hat sich bei den beiden politischen Jugendorganisationen in Kaarst umgehört.

Junge Union: "Mahner in der eigenen Partei!"

Stärkste Jugendorganisation in der Stadt Kaarst ist die Junge Union: Mit circa 550 Mitgliedern im Alter von 14 bis 35 Jahren stellt sie rund die Hälfte des JU-Kreisverbandes — für das kleine Städtchen Kaarst eine echte Auszeichnung. Der Kaarster JU-Vorsitzende Sven Ladeck (25) kennt das Erfolgsrezept: "Wir sind gesellschaftlich eng verwurzelt", weiß er, dass viele Mitglieder aus gutbürgerlichen Gruppierungen und Organisationen kommen: von Schützen- und Sportvereinen bis zu Freiwilliger Feuerwehr und Katholischer Landjugend. Zudem organisiert die Junge Union gemeinsam mit dem KKV Kaarst die "Jobbörse", hat die Patenschaft für den Brunnen im Maubis-Center übernommen, lädt alljährlich zum Grillfest an Christi Himmelfahrt im Maubishof und zur Karnevalsparty ein. Soziales Engagement zeigten die JU'ler beim 24-Stunden-Schwimmen in Büttgen: Hier "erkraulten" sie 1.000 Euro, die der Vorster Lebenshilfe gespendet wurden.

Politisch sieht Ladeck die JU als "Mahner in der eigenen Partei; wir legen parteiintern den Finger in die Wunde, halten zu Reformen an und sind auch mal unbequem und rebellisch." So musste er zum Beispiel für den Grillplatz am Vorster Wald in der eigenen Fraktion Überzeugungsarbeit leisten. Jetzt steht das Vorhaben unmittelbar vor der Umsetzung; auch hier will die JU die Patenschaft übernehmen. Als weitere Erfolge der JU-Arbeit nennt Ladeck unter anderem das Aufstellen des Bücherschranks in Vorst, die Sprayerwand in Büttgen, Sparmaßnahmen bei Bekanntmachungen, W-Lan im Kaarster Stadtzentrum und die Restaurierung des Türkenkreuzes. Ein weiteres großes Thema sei der Bereich Kultur. "In Kaarst sollten mehr junge Bands und Coverbands auftreten", fordert Ladeck.

Im Sinne der "Generationengerechtigkeit", so Ladeck, plädiere die JU auch für die Anschaffung eines so genannten Cross-Fit-Tracks, einem Gerät für Kraftübungen, das junge Menschen ansprechen soll. "Im Kaarster Stadtpark gibt es Geräte für Senioren, ein Pendant für die Jugend könnte entweder ebenfalls im Stadtpark oder in Holzbüttgen aufgestellt werden", schlägt Ladeck vor. "In Kaarst wird viel über die ältere Generation diskutiert, aber wir dürfen die Jugend nicht vergessen", macht Ladeck deutlich, dass er den Dialog mit dem Seniorenbeirat und der Senioren-Union suche, "wir müssen generationenübergreifend denken."

Und wie sieht es jetzt mit der viel zitierten Politikverdrossenheit bei der Kaarster Jugend aus? "Die kann ich nicht erkennen", verweist Ladeck auf die gute Zusammenarbeit mit den Schülervertretungen. Gleichzeitig bedauert er, dass es bis auf die Liberale Jugend keine weitere politische Jugendorganisation in Kaarst gebe: "Wir könnten mehr junge Impulse im Stadtrat gut gebrauchen!" Mit den JuLi pflege die Junge Union "ein vertrauensvolles Verhältnis; politische Farbenspiele spielen bei uns keine Rolle, wenn es darum geht, eine Sache für die Jugend voran zu treiben."

JuLi: "mehr Freiheit und Eigenverantwortung"

Der Ortsverband Kaarst der Jungen Liberalen wurde Anfang 2013 gegründet und hat zurzeit rund 30 Mitglieder. "Auslöser war die Unzufriedenheit mit der Landespolitik von SPD und Grünen und das überzeugende Auftreten von Christian Lindner", erinnert sich Gründungsmitglied und frisch gewählter JuLi-Vorsitzender David Engelbrecht (19). Und was hatte ihn ins Lager der Freien Demokraten gelockt? "Das war einerseits der bildungspolitische Aspekt der Leistungsgerechtigkeit, andererseits das Lebensgefühl der Freiheit und Eigenverantwortung, dass der Staat sich nicht überall einmischen muss — das habe ich bei den JuLi gefunden."

Natürlich wollen die Jungen Liberalen auch in Kaarst einiges bewegen. Eins ihrer primären Ziele: "Den Haushalt so zu gestalten, dass auch für unsere Generation in Zukunft Handlungsspielraum bleibt", so Engelbrecht. Zudem müsse die Mobilität verbessert werden. Nächtliche Busfahrtzeiten vom Bahnhof Büttgen aus, mehr Radwege und ein Bikesharing gehören zum Gesamtpaket. Zu ihren Erfolgen zählen die JuLi den Bau eines Jugendzentrums in der Vorster Mitte sowie die Entscheidung, die Gesamtschule vierzügig zu fahren und so die Realschule zu stärken.

Auch die generationenübergreifende Zusammenarbeit ist David Engelbrecht wichtig: "Wir treffen uns regelmäßig zum Austausch mit unseren aktiven Liberalen Senioren." Aber er sieht auch einen Bedarf an jungen Nachwuchspolitikern. Ist es schwierig, die Jugend für Kommunalpolitik zu begeistern? "Da gibt es leichtere Dinge", schmunzelt Engelbrecht, "wenn über Abwasserverordnung oder Straßennamen diskutiert wird, ist das nicht für jeden Jugendlichen spannend." Aber er lässt sich auch von solch vermeintlich trockenen Themen nicht abschrecken: Der 19-Jährige möchte irgendwann auch mal im Stadtrat an der Zukunft unserer Stadt mitarbeiten.

Jura-Student Sven Ladeck, Vorsitzender der Jungen Union Kaarst und stellvertretender Fraktionsvorsitzender, kandidiert zurzeit für den Posten des JU-Bezirksvorsitzenden Niederrhein.

Foto: JU

Kurz gefragt

Herr Ladeck, was war für Sie der Auslöser, sich in der Politik zu engagieren?
Ich habe mich schon immer gerne engagiert und eingebracht. Zunächst als Schülersprecher an der Elisabeth-Selbert-Realschule in Büttgen oder in meiner örtlichen Kirchengemeinde St. Martinus Kaarst und dann später in der Politik. Ich wollte schon immer gerne Dinge selbst in die Hand nehmen und auch verändern. Gerade als junger Mensch war und ist es mir immer wichtig, eigene Impulse zu setzen. Dies leite ich auch aus meinem eigenen Grundverständnis als mündiger Christ ab, der sich aktiv in die Welt einbringen sollte.

Architekturstudent David Engelbrecht hat vor einigen Wochen den Posten des Vorsitzenden der Jungen Liberalen von Jan Günther übernommen.

Foto: JuLi

Was reizt Sie am Mitmischen in der Kommunalpolitik?
Mir macht es unheimlich viel Spaß, mit Menschen in Kontakt zu kommen. Ich genieße es auch, als Direktkandidat für den Wahlkreis 6 im Kaarster Stadtrat ganz nah an den Bürgerinnen und Bürgern zu sein, bei Wahlkreisproblemen erster Ansprechpartner zu sein und Lösungen sowie Hilfestellungen zu geben. Darüber hinaus war und ist es mir immer wichtig, junge Menschen davon zu überzeugen, dass man doch etwas bewegen und umsetzen kann. Ich finde, in der Kommune kann man noch am ehesten konkrete Ergebnisse sehen und umsetzen. Dies macht dann auch viel Freude. Auch lebe und wohne ich gerne in Kaarst und möchte weiter in unserer Stadt konkrete Dinge umsetzen und optimieren.

Die Jungen Liberalen treffen sich regelmäßig zu Diskussionsrunden.

Foto: JuLi

Herr Engelbrecht, was war für Sie der Auslöser, sich in der Politik zu engagieren?
Der Landtagswahlkampf 2012 war der entscheidende Moment, damit verbunden die verfehlte Schul- und Bildungspolitik der rot-grünen Landesregierung sowie die Unfähigkeit dieser Regierung, verantwortungsvoll mit Geld umzugehen. Das war vor allem Politik auf Kosten jüngerer Generationen. Daraufhin habe ich mich entschieden, mich selbst zu engagieren, denn meckern kann jeder, aber ich wollte aktiv etwas verändern.

Was reizt Sie am Mitmischen in der Kommunalpolitik?
In der Kommunalpolitik kann man relativ schnell und direkt Dinge verändern. Es muss nicht erst durch verschiedene Ebenen laufen. Außerdem sieht man das Ergebnis der Politik relativ schnell, da es im eigenen Umfeld passiert, das unterscheidet sie ein Stück weit von Landes- und Bundespolitik.