Interview Leben mit dem Virus: So ist es in häuslicher Quarantäne

Neuss / Kaarst · Ella B. aus Neuss, die auf eigenen Wunsch nicht mit vollem Namen genannt werden möchte, ist eine Corona-Genesene, sie gab dem Stadt-Kurier nach einer Vermittlung durch das Kreis-Gesundheitsamt einen Einblick in die Zeit während der Quarantäne und beantwortete einige Fragen zu ihrer Erkrankung.

Beim Leben in Coronaquarantäne ist alles ein bisschen anders.

Wie geht es Ihnen?

Mittlerweile wieder gut. Nach zwei Wochen in häuslicher Quarantäne bin ich ohne Beschwerden. Da ich mit meinen 28 Jahren nicht zu einer Risikogruppe gehöre und ein gutes Immunsystem habe, ist alles glimpflich verlaufen. Ich war noch nie wirklich schlimm krank und auch Erkältungen verlaufen bei mir immer sanft.

Wissen Sie, wie und wo Sie sich angesteckt haben?

Das war mit ziemlicher Sicherheit bei der Arbeit. Wir haben mit mehreren Leuten mehrere Tage bei Meetings auf engem Raum zusammen verbracht.

Wie haben Sie die Nachricht aufgenommen?

14 Tage, nachdem man uns getestet hatte, sind wir alle in Quarantäne gekommen, das Gesundheitsamt hat sich bei uns gemeldet. Bei Symptomen sollten wir und melden. Ich hatte dann Husten, Schnupfen und Kopfschmerzen und habe mich testen lassen. Das positive Ergebnis hat mich nicht überrascht, da viele andere aus dem Seminar auch positiv waren.

Was ging da in Ihnen vor?

Das war nicht so schlimm, da ich nicht so viel Angst vor dem Virus hatte. Weil es bei mir im Endeffekt ja auch nicht so schlimm war. Natürlich denkt man sich so: „Na toll! Mist! Muss nicht unbedingt sein. Ich hatte auch im Verlauf der Krankheit nie Angst um mein Leben.

Was war das schlimmste?

Gegen Ende der Krankheit hatte ich kein Geruchs- und Geschmacksempfinden mehr, das war wirklich unangenehm. Nicht einmal das Essen hat mehr geschmeckt. Das war ziemlich traurig. Der Husten war bereits nach den ersten zwei bis drei Tagen weg, Schnupfen hatte ich etwas länger. Mehr hatte ich auch nicht.

Sehen Sie die ganze Situation jetzt entspannter?

Zwei meiner Kollegen mussten ins Krankenhaus, bei denen lief es nicht so gut und auch bei älteren Menschen kann es sich ja schlimm auswirken.

Finden Sie die allgemein angeordneten Sicherheitsmaßnahmen angemessen?

Für ältere Menschen und Leute mit einer Vorbelastung kann die Erkrankung wirklich gefährlich werden. Da kann der Virus ganz andere Auswirkungen haben als bei mir. Deshalb kann ich gut verstehen, dass man alles tun muss, um die Bevölkerung zu schützen, auch wenn es für viele Menschen vielleicht nicht so dramatisch wird. Ich finde es gut, dass gesagt wird, dass man sich auf jeden Fall an die Quarantäne halten muss, damit man andere Mitbürger nicht gefährdet.

Wie läuft eine Quarantäne ab?

Ich war zwei Wochen in Quarantäne. Man bekommt eine Benachrichtigung vom Gesundheitsamt, dass man unter Quarantäne steht und dann muss man sehen, wie man sich einrichtet. Erst bekommt man Anrufe vom Gesundheitsamt. Zunächst ging es darum, dass ich Kontakt mit einem positiv Getesteten hatte, später um mein eigenes positives Ergebnis. Zwei bis drei Tage später bekommt man auch noch mal ein Schreiben mit den schriftlichen Anweisungen. Ich wohne mit meinem Freund zusammen und wir wurden sehr gut von unseren Familien versorgt. Wir durften natürlich nicht mehr raus, also komplett gar nicht. Er wurde auch von seinem Arbeitgeber freigestellt, da er zunächst einmal nicht unter Quarantäne stand. Nach meinem positiven Test war er natürlich auch aus dem Rennen. Aber er wurde tatsächlich negativ getestet und hat sich nicht angesteckt. Aber dass wir die 14 Tage gemeinsam verbringen konnten, hat die Sache etwas erträglicher gemacht.

Wie haben Sie sich verhalten?

Wenn man zusammenlebt, ist es natürlich schwierig, eine komplette räumliche Trennung hinzukriegen. Wir haben war versucht, unser normales Leben weiterzuführen, aber dabei etwas mehr Abstand zu halten. Dass wir uns nicht mehr so oft küssen und so weiter. Aber man isst natürlich zusammen und sitzt gemeinsam auf der Couch. Doch es ist schwierig, das einzugrenzen, wenn man zusammen lebt, schließlich schläft man ja auch im Bett neben einander.

Ist das Ganze für Sie jetzt ausgestanden?

Ja, für mich ist die Quarantäne beendet, aber mein Freund musste ein paar Tage länger drin bleiben. Aber er wurde auch von einem anderen Gesundheitsamt betreut und das hat ihm eine längere Quarantäne verordnet.

Haben Sie auch Vorgaben und Handlungsanweisungen für die Zeit danach bekommen?

Nein, gar nicht. Ich soll zwar noch etwas Schriftliches bekommen, aber dabei handelt es sich wohl nur um einen Nachweis, dass man aus der Quarantäne raus ist.

Sind Sie jetzt immun gegen eine Wiederansteckung?

Das kann bisher noch niemand sagen, da die Krankheit einfach noch nicht genügend erforscht ist.

Machen Sie sich Sorgen darüber, dass noch etwas nachkommen könnte, dass es Spätfolgen geben könnte?

Da mache ich mir tatsächlich keine Gedanken drüber. Unter anderem, da es bei mir gar nicht schlimm war, aber vielleicht hatte ich auch wirklich viel Glück.

Werden Sie Ihr Verhalten in Zukunft ändern?

Natürlich achten wir jetzt verstärkt darauf, mehr Abstand zu unseren Mitmenschen zu halten, Desinfektionsmittel zu verwenden und so weiter. Aber ich war natürlich in einer Situation, in der ich mich so oder so angesteckt hätte. In diesem Seminar haben wir so eng mit einander zusammengearbeitet, dass ich mir auch 100 mal die Hände hätte desinfizieren können.

Halten Sie Social Distancing und Homeoffice für sinnvolle Maßnahmen?

Auf jeden Fall! Ich habe ja jetzt mitbekommen, wie schnell sich das Virus verbreitet. Wir hatten einen positiven Kollegen und der hat zwölf von uns angesteckt, in nur zwei Tagen, das ist natürlich enorm!

Im Rhein-Kreis Neuss lag die Zahl der Corona-Infizierten bei Redaktionsschluss im unteren dreistelligen Bereich und die Zahl der bereits genesenen Bürger bei fast 20. Ella B. ist einer der beiden Personen, die als erste wieder als „genesen“ galten.

Landrat Hans-Jürgen Petrauschke, appelliert weiter an die Bevölkerung, sich an Verhaltensregeln zu halten: „Ich rufe nochmals dringend auf: Es hängt jetzt von jedem einzelnen ab, dass Corona nicht zur Katastrophe wird. Verlassen Sie die Wohnung nur, wenn es dringend notwendig ist, etwa zum Einkaufen, zum Arztbesuch oder zur Arbeit. Halten Sie auch dort Abstand von zwei Metern zu anderen Menschen. Waschen Sie häufig die Hände, greifen Sie sich nicht ins Gesicht und essen Sie nicht ohne vorheriges Händewaschen. Beachten Sie die bekannten Hygienemaßnahmen. Nur so können wir erreichen, dass sich das Virus nicht wie bisher verbreitet. Ich habe keinerlei Verständnis dafür, dass sich heute noch Gruppen zum Feiern versammeln und die im Interesse der Allgemeinheit dringend notwendige Zurückhaltung fehlt.“

Für wichtige Fragen hat das Kreis-Gesundheitsamt unter Tel. 02181/6 01 77 77 eine Hotline eingerichtet.

Aktuelle Informationen finden sich auf der Kreis-Homepage unter www.rhein-kreis-neuss.de/corona.Thomas Broich