Städtischer Haushalt auf den Weg gebracht: Wo Bürgermeister Breuer sparen will und welche „Zukunftsvisionen“ er dennoch hat „Ein Stadtbad mit Blick auf das Hafenbecken 1 wäre doch super“

Neuss · „Sparen mit Augenmaß, investieren mit Weitblick!“ Bürgermeister Reiner Breuer macht deutlich, dass die Verwaltung nach der Verabschiedung des städtischen Haushalts alle Hände voll zu tun hat. Schließlich geht es unter anderem um die Zukunft der Schwimmbäder, Spielplätze und Sportanlagen, die Schaffung neuer Gewerbegebiete, Kürzungen im Kulturbereich und vieles mehr. Ein Hoffnungsschimmer: 2026 soll der Haushalt wieder mit einem positiven Ergebnis abschließen. Jetzt jetzt muss erst einmal gespart werden – nur woran ....?

Bürgermeister Reiner Breuer will „mit Augenmaß sparen und mit Weitblick investieren“.

Foto: Kurier Verlag GmbH/Rolf Retzlaff

„Sparen ist kein Selbstzweck, aber wenn wir dauerhaft die hohe Lebensqualität für die Bürger in Neuss erhalten wollen, brauchen wir eine solide Finanzgrundlage“, so Breuer. Das bedeutet auf den Punkt gebracht: Die Stadt darf nicht mehr ausgeben, als sie einnimmt – und das ist zurzeit nicht der Fall. Bei einem Haushaltsvolumen von rund 500 Millionen Euro stand die Stadtkasse laut Haushaltsplanentwurf im Dezember satte 27,5 Millionen Euro „in den Miesen“. Breuer zog die Notbremse, vertagte die Verabschiedung des Etats auf Anfang März und stellte eine Arbeitsgruppe zur Konsolidierung des Haushalts (mit Breuer als Vorsitz, den Fraktionsspitzen und Vertretern der Verwaltungs-Fachbereiche) auf die Beine. Drei Sitzungen und mehr als 110 Prüfaufträge später wurde der neue Entwurf vorgestellt und im Stadtrat jetzt mit knappem Votum auf den Weg gebracht: Demnach sollen rund 16,5 Millionen Euro mehr als beim ersten Etatentwurf vorgesehen eingespart werden: Das Minus liegt aber noch immer bei circa 11 Millionen Euro. Breuer wird also auf das Vermögen der Stadt (allgemeine Rücklage, mehr als 700 Millionen Euro) zurückgreifen müssen. Ursachen für das Haushaltsminus sind laut Breuer unter anderem der Ukraine-Krieg und die Flüchtlingssituation. Hinzu kommen Angebote wie das kostenfreie Kita-Jahr, der Neuss Pass und Maßnahmen zum Klimaschutz. Doch wie soll konkret gespart werden? Bürgermeister Breuer macht deutlich: „Es gibt keine Denkverbote!“

Sparen beim Sport

Dies gilt besonders für die Neusser Schwimmbäder. „Aber mit mir wird es keine Bäderschließungen geben, wenn nicht gewährleistet wird, dass jedes Kind in Neuss schwimmen lernen kann“, verspricht Breuer. So müsse das Stadtbad entweder erhalten bleiben oder an anderer Stelle ein Ersatzneubau geschaffen werden. „Ein Stadtbad mit Blick auf das Hafenbecken 1 wäre doch super. Man muss sich fragen, ob ein so großer Parkraum neben dem Greyhound nötig ist“, so Breuer, „oder wie wäre es mit einer Römertherme am Wendersplatz?“ Wie gesagt – keine Denkverbote ... Auch das Konrad-Bad solle erhalten bleiben oder an anderer Stelle Schwimmfläche geschaffen werden. In Sachen der sanierungsbedürftigen Eissporthalle hat Breuer bereits Gespräche mit den Betreibern der Skihalle geführt. Hier die vorhandene Winterwelt mit Eislaufen, Eistanzen und Eishockey zu komplettieren, ist die Idee des Stadtchefs – auch dies ist noch leise Zukunftsmusik, zu der aber bereits im Hintergrund gesungen wird ... Übrigens erwirtschaften Bäder und Eissporthalle alljährlich ein Defizit von rund 8 Millionen Euro.

Konkret lautet der Auftrag an die Stadtverwaltung, bis 2024 ein Modell zu entwickeln, wonach die Sportvereine Nutzungsentgelte bei Nutzung der städtischen Sportstätten zahlen sollen. „In anderen Städten ist das schon lange üblich“, sagt Breuer. Auch die Überlegung, die Anzahl der Sportstätten zu verringern, ist in der Diskussion. Dies ergebe Mehreinnahmen von rund 250.000 Euro pro Jahr. Die AG Sportentwicklung soll sich darum kümmern – natürlich in enger Zusammenarbeit mit den Vereinen und dem Stadtsportverband, wie Breuer betont.

Sparen im Kulturbereich

„Im Sozial- und Jugendbereich haben wir so gut wie keine Kürzungen vorgeschlagen“, sagt er, aber die freiwilligen Leistungen wurden eingehend geprüft. So soll es im Kulturbereich ab 2024 weniger Zuschüsse geben. Betroffen sind zum Beispiel die „Internationalen Tanzwochen“ (60.000 Euro weniger), die VHS (20.000 in 2023 und 2024, ab 2025 40.000 Euro weniger) und das Rheinische Landestheater (61.909 Euro weniger). Die Gebühren für die städtische Musikschule sollen erhöht werden (110.000 Euro Mehreinnahmen pro Jahr), ebenso wie die Elternbeiträge für die Offene Ganztagsschule (jährlich um 3 Prozent). „Wir müssen überlegen, wie die Eltern sich angemessen an der Refinanzierung der Angebote beteiligen, die der Steuerzahler, ohne sie zu nutzen, mitfinanziert“, erklärt Breuer.

Gespart werden soll auch mit dem Verzicht auf das Schützenbiwak im Rathaus und die Vergabe des Neujahrskonzerts an einen externen Veranstalter (insgesamt rund 40.000 Euro pro Jahr).

Aufgaben abgeben

Die Stadt will verschiedene Aufgaben abgeben. So werden fünf städtische Mitarbeiter zum Rechnungsprüfungsamt des Rhein-Kreises wechseln, das künftig der Stadtverwaltung auf die Finger schauen wird. Einsparung: rund 120.000 Euro pro Jahr. Auch soll der Rhein-Kreis die Trägerschaft des Theodor-Schwann-Kollegs übernehmen.

Weniger Spielplätze, weniger Grünflächenpflege

Die Liste der weiteren Sparmaßnahmen ist lang: Bei der Grünflächenunterhaltung sollen 100.000 Euro eingespart werden, doch die Stadt spricht hier bereits von einem „Basis-Niveau“, eine weitere Absenkung sei bei Erhalt der Parkanlagen nicht möglich. Es wird über eine Reduzierung der zu pflegenden Flächen (zum Beispiel mithilfe von Pflegeleistungen durch Bauherrn) nachgedacht. Der Betrieb der städtischen Brunnen soll eingeschränkt werden. Auch soll eine Aufgabe von gering genutzten (Klein-)Spielplätzen, die zehn Prozent aller Spielplätze ausmachen, erfolgen.

Kita bleibt kostenfrei

Die Nutzung der Kitas im Ü3-Bereich bleibt weiter kostenfrei. Das erste Jahr zahlt die Stadt, das zweite und dritte übernimmt das Land NRW. „Aber wir nehmen jetzt das Land in die Pflicht“, verweist Breuer auf den Koalitionsvertrag von CDU und Grünen in NRW, in dem versprochen wird, dass auch das dritte Jahr das Land übernimmt. Einsparpotenzial für die Stadt: rund 1,2 Millionen Euro.

Mehr Gewerbeflächen

Die Grundsteuer und die Gewerbesteuer werden nicht angehoben. Allerdings wird die Stadt auf die Suche nach neuen Gewerbegebieten gehen, bestehende Gewerbeflächen könnten verdichtet werden. „Wir müssen aber Wege finden, damit keine Belastung der Bevölkerung entsteht“, will Breuer hier vor allem das erhöhte Verkehrsaufkommen im Blick behalten. Auch hier gelte: „Die Bürger sollen bei den Planungen mitgenommen werden!“

Licht am Ende des Tunnels

Wenn die Sparmaßnahmen zur Konsolidierung greifen, wird für 2024 ein Haushaltsdefizit von 27,4 Millionen Euro und 2025 von 6,8 Millionen Euro vorausgesagt. 2026 wird aus der roten endlich eine schwarze Zahl: Dann wäre der städtische Haushalt mit 4,3 Millionen Euro im Plus. Ein langer Weg, beidem Politik und Verwaltung den Bürgern so manche „Kröte zum Schlucken geben“ werden, aber am Ende haben sie alle ein Ziel: Neuss darf nicht in ein Haushaltssicherungskonzept rutschen – dann wäre der Landrat Herr über die Stadtkasse ...