Vier Monate im Amt – Umweltdezernent Dr. Matthias Welpmann im Interview

Stadt-Kurier: · Den Grünen ist es zu verdanken, dass Dr. Matthias Welpmann als Umweltdezernent der Stadt Neuss eingestellt wurde. Das sei Bedingung des schwarz-grünen Koalitionsvertrags gewesen. Seit rund vier Monaten ist der Kölner nun im Amt.

Umweltdezernent Dr. Matthias Welpmann und Umweltausschussvorsitzender Michael Klinkicht sprachen mit dem Stadt-Kurier über Entwicklungen in Sachen Grünflächen.

Foto: Foto: Violetta Buciak

Gemeinsam mit Michael Klinkicht, dem Vorsitzenden des Ausschusses für Umwelt und Grünflächen, spricht der Diplom-Geograf im Stadt-Kurier-Interview über seine Arbeit, erste Erfolge und Ziele.

Stadt-Kurier: Herr Dr. Welpmann, Sie sind jetzt einige Monate im Amt des Umweltdezernenten der Stadt Neuss. Wie fällt Ihr Resümee nach dieser ersten Zeit aus?

Dr. Welpmann: Ich wurde sehr gut im Rathaus aufgenommen, hier herrscht ein faires und konstruktives Miteinander. Meine Aufgaben sind spannend und vielfältig, zu meinem Dezernat zählen ja neben Umwelt und Stadtgrün auch Sport, Brandschutz, die Friedhöfe und die AWL — ein breitgefächertes Gebiet, das mir Spaß macht.

Stadt-Kurier: Als Umweltdezernent arbeiten Sie Hand in Hand mit dem Vorsitzenden des Ausschusses, Michael Klinkicht. Wie sieht diese Zusammenarbeit konkret aus?

Klinkicht: Wir sprechen so oft wie notwendig, arbeiten querbeet aktuelle Themen und auch Bürgerbeschwerden ab. Ich kann auf alle Fälle sagen, dass die richtige Person den Posten des Umweltdezernenten bekommen hat. Die Zusammenarbeit zwischen uns ist sehr angenehm.

Dr. Welpmann: Das kann ich nur bestätigen. Michael Klinkicht hat ein Talent, den Ausschuss sehr effizient und professionell zu führen. Das ist nach meiner eigenen kommunalpolitischen Erfahrung nicht selbstverständlich.

Stadt-Kurier: Im Frühjahr gab es bei uns in der Redaktion etliche Zusendungen über den ungepflegten Zustand der Grünflächen. Anschließend wurde die Task Force ins Leben gerufen. Die Lage scheint sich beruhigt zu haben. Ist das Konzept ausreichend und wie bewerten Sie den aktuellen Zustand unserer Grünflächen?

Dr. Welpmann: Dass sich der Zustand gebessert hat, ist auch unsere Wahrnehmung — es kommen deutlich weniger Beschwerden bezüglich der Grünflächen. Als Sofortmaßnahme hat sich die Task Force also bewährt. Die Bürger können gezielt Missstände melden, die zeitnah bearbeitet werden.

Klinkicht: Die optimale Lösung ist es aber nicht...

Dr. Welpmann: Das ist richtig: Was beachtet werden sollte, ist die Tatsache, dass die drei Task-Force-Mitarbeiter aus dem bereits bestehenden Personalbestand herausgezogen wurden und nicht neu eingestellt wurden — das ist auf Dauer nicht ausreichend. Nach wie vor gibt es unbesetzte Planstellen, wir haben derzeit nur rund 60 Mitarbeiter für 1000 Hektar Grünflächen, darunter Parkanlagen, die sehr pflegeintensiv sind. Da muss dringend nachgebessert werden.

Stadt-Kurier: Werden weitere Mitarbeiter im Amt für Umwelt und Stadtgrün eingestellt?

Dr. Welpmann: Ja. Im Ausschuss für Umwelt und Grünflächen wurde bereits festgelegt, dass ab Januar die Reinigung der Parkanlagen und die Leerung von Papierkörben durch Mitarbeiter der AWL übernommen werden soll. Damit können die sechs Mitarbeiter, die diese Aufgabe bisher übernommen haben, für die Grünflächen-Pflege eingesetzt werden. Dazu sollen im kommenden Jahr definitiv vier Planstellen besetzt werden — das heißt, dass wir insgesamt zehn weitere Kräfte haben.

Stadt-Kurier: Wo herrscht Ihrer Meinung nach dringendster Handlungsbedarf?

Sturm Ela hat für schlimme Verwüstungen gesorgt.

Foto: Rolf Retzlaff

Dr. Welpmann: Es gibt massive Rückstände in der Baumpflege, was sicher auch noch an den Folgen des Sturms Ela liegt. Höchste Priorität war es natürlich, die stark beschädigten Bäume zu beseitigen, dadurch hat die normale Baumpflege stark gelitten. Wichtig sind jetzt auch die Baumnachpflanzungen. Rund 300 hochstämmige Bäume werden bis zum Frühjahr 2016 an Straßen und in Parkanlagen gepflanzt. Dazu kommen insgesamt 30.000 Stecklinge im Bereich stark geschädigter Waldflächen.

Stadt-Kurier: Wie sieht es mit dem Jostensbusch aus? Wann wird dort nachgepflanzt?

Dr. Welpmann: Vorab muss ich klarstellen, dass der Jostensbusch nicht so wiederhergestellt wird, wie er vor Ela aussah.

Klinkicht: Der war ja total zugewuchert. Das war ja nicht geplant.

Dr. Welpmann: Richtig, der Jostensbusch soll ein Naherholungspark werden. Im Grunde genommen war es zuletzt eine verwilderte Fläche. Wir befinden uns allerdings noch in der Planungsphase, weshalb noch nicht absehbar ist, wann der Park fertiggestellt ist.

Stadt-Kurier: Das Thema Ela beschäftigte auch in diesem Jahr viele Neusser. Nach dem Sturm sind noch immer nicht alle Schäden beseitigt. Auch Baumpflanzungen liefen in den Augen der Kritiker zu schleppend. Der Stadt wird vorgeworfen, hier zu wenige externe Dienstleister beauftragt zu haben. Nehmen Sie bitte Stellung dazu. Was ist konkret nach Sturm Ela in Neuss passiert?
Dr. Welpmann: Zu den Baumnachpflanzungen habe ich die Zahlen ja bereits genannt. Was den Vorwurf angeht, wir seien nicht schnell genug gewesen: Ich kann nur betonen, dass die zuständigen Mitarbeiter an ihre Grenzen gegangen sind und alles ihnen mögliche getan haben. Dass wir zu wenig externe Kräfte herangezogen haben sollen, kann ich nicht bestätigen — im Gegenteil. Für den Löwenanteil, die Bruchholzentfernung, war schweres Gerät erforderlich, das nur durch externe Firmen bereitgestellt und bedient werden konnte.
Klinkicht: Man muss auch dazu sagen, dass durch diesen Sturm alle umliegenden Kommunen betroffen waren und somit auch alle auf die externen Kräfte zurückgreifen wollten. Selbstverständlich gibt es dann Verzögerungen.
Dr. Welpmann: Konkret betroffen waren 44 Kommunen und in Neuss allein handelte es sich um rund 10.000 Bäume, die beseitigt werden mussten.

Stadt-Kurier: Sie sagten es schon selbst: Nach Sturm Ela gab es eine Reihe von Baumfällungen. Manche in den Augen der SPD und unserer Leser zu vorschnell. Beispielhaft sind die Platanen vor dem Quirinus Münster. Klinkicht: Diese Problematik kann ich ganz klar bestätigen. Ich erinnere nur an das Beispiel von Gnadental: Eine 100 Jahre alte Buche, ortsbildprägend, als erhaltenswert im Bebauungsplan gekennzeichnet — von einem auf den anderen Tag war sie weg, einfach gefällt, weil sie doch nicht mehr in das Konzept des angrenzenden Wohnungsbaus passte.
Dr. Welpmann: So etwas möchte ich zukünftig vermeiden. Ich muss aber dazu sagen, dass Baupläne leider häufig so konzipiert sind, dass quasi bis zum Baumstamm geplant wird. Das geht aber nicht — generell soll die Fläche in Größe der Baumkrone unangetastet bleiben, damit Bäume dauerhaft überleben können. Die Rechtslage ist aber so, dass im Zweifel Baurecht vor Baumrecht geht.

Das Jröne Meerke sorgte auch 2015 für viele Diskussionen.

Foto: Violetta Buciak

Stadt-Kurier: Wann darf oder muss ein Baum gefällt werden?


Dr. Welpmann: Dafür gibt es klare Kriterien. Wenn eine erhebliche Windbruchgefährdung vorliegt, muss gehandelt werden. Weitere Faktoren sind eine mangelnde Standsicherheit oder bestimmte Krankheiten. Vier geschulte Kontrolleure schauen in regelmäßigen Intervallen nach den Bäumen, entschieden wird nach einem vierstufigen Bewertungsschema.

Stadt-Kurier: Ein ewiges Thema ist auch das Jröne Meerke. Dazu gab es in diesem Jahr einige Maßnahmen. Ist der See nun gerettet?


Dr. Welpmann: Der Maßnahmenkatalog scheint zu einer deutlichen Verbesserung geführt zu haben. Die Zahl der Gänse ist zurückgegangen und auch der Algenbildung wurde entgegengewirkt. Kot-sauger, Ultraschall und Gänseeier unfruchtbar machen, haben gewirkt. Im Frühjahr sehen wir, wie viele Gänse zurückkommen und ob weitere Maßnahmen notwendig sind.

Stadt-Kurier: Das Jahr hat gerade erst begonnen. Welche Ziele haben Sie aus Umwelt-Sicht für das neue Jahr?

Dr. Welpmann: Zwei Themen von vielen will ich herausheben. Das ist zum einen der Klimaschutz und die Klimaanpassung — in diesem Bereich herrscht Handlungsbedarf. Auch das Rathaus sollte energetisch verbessert werden und ist damit nicht allein. Da gibt es noch Luft nach oben.
Zum anderen will ich die nachhaltige, ökologische Optimierung von Grünflächen ankurbeln. Rasenflächen könnten zum Beispiel mit Kräutern und Blumen bepflanzt werden, sodass sie nur zwei statt sechs bis zehn mal im Jahr beschnitten werden müssten.


Klinkicht: Ein weiteres großes Thema wird sicher die Erweiterung des Botanischen Gartens sein.

Stadt-Kurier: Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Violetta Buciak

(Kurier-Verlag)