Skurril und unterhaltsam: Aus dem Leben eines Taxifahrers
Neuss/Kaarst · Taxiunternehmer Steven Sürder ist seit vielen Jahren im Geschäft und erlebte dabei allerhand. "Man weiß nie, was man kriegt. Ist der eine Kunde am Boden zerstört, weil er gerade die Liebe seines Lebens verloren hat, kann der nächste wieder super gelaunt sein, weil er gerade einen tollen Job bekommen hat.
Wir sind ein Stück weit auch Psychologen — nur dass wir die Menschen nebenbei auch von A nach B fahren", schmunzelt Sürder. Lesen Sie die skurrilsten Geschichten aus seinem Arbeitsalltag.
Wenn Sürder nach seinem außergewöhnlichsten Erlebnis als Taxifahrer gefragt wird, muss er nicht lange überlegen: "Vor einigen Jahren habe ich ein älteres Ehepaar an den Flughafen gebracht, es sollte in den Urlaub gehen", erinnert sich der 30-Jährige. Am Ziel angekommen dann der Schock. Der Ehemann hatte offensichtlich die Papiere vergessen. "Er schlug vor, die Frau am Flughafen zu lassen, sodass sie schon mal mit dem Personal spricht. In der Zwischenzeit sollten wir umkehren, um die Dokumente zu holen", so Sürder weiter.
Zurück im Auto dann die nächste Überraschung. "Der Mann wollte, dass ich ganz gemütlich zurückfahre. Er hatte nämlich gar keine Lust, in die Türkei zu reisen. Ich folgte der Anweisung und fuhr ganz normal, zuhause ließ sich der Mann dann noch eine halbe Stunde Zeit, ehe er zurückkehrte. Den Flug hat das Paar dann natürlich verpasst", berichtet der Familienvater. Gesagt hat der diskrete Taxifahrer nichts: "Da hält man sich besser raus", weiß Sürder.
Generell kommt der Wahl-Grevenbroicher den Wünschen seiner Kunden nach. "Wer nett, freundlich und hilfsbereit ist, bekommt es immer zurück", erklärt Sürder. "Zuletzt hatte ich eine Kundin, die bei sechs Taxifahrern angefragt hatte und immer abgelehnt wurde. Sie wohnte nur ein paar Meter entfernt, brauchte aber unbedingt jemanden, der ihr das Gepäck hochtragen würde. Als ich mich schließlich dazu bereit erklärte, hatte ich nur einen Aufwand von fünf Minuten, den sie mir mit einem Trinkgeld von 20 Euro entlohnte", schmunzelt der Unternehmer.
Es gibt aber auch traurige Momente in seinem Beruf — dann, wenn ein langjähriger Stammkunde verstirbt. "Wir machen natürlich auch viele Krankenfahrten. Meistens achten wir darauf, dass ein Patient immer den selben Fahrer bekommt, sodass er sich wohl fühlt. Oft sind es Krebspatienten, die wir zur Chemotherapien fahren — wir rechnen die Fahrten dann mit der Krankenkasse ab, sodass sich der Kunde um nichts mehr kümmern muss", erklärt Sürder.
Erst kürzlich kam ein Anruf von der Ehefrau eines Kunden, der den Kampf gegen die Krankheit leider verloren hatte. "So was geht uns natürlich auch besonders nah", so der Taxifahrer. Doch auch in solchen Fällen gilt es stark zu sein und weiterzumachen. Als Arbeitgeber von 41 Angestellten hat Sörder eine besondere Verantwortung. Im kommenden Jahr kommt eine Auszubildende für Büromanagement dazu. Da sind Ausfälle nicht drin, an 365 Tagen im Jahr, 24 Stunden pro Tag, ist das Unternehmen im Einsatz.
Überregionale Bekanntheit errang Sürder durch einen unerfreulichen Zwischenfall mit der Telekom. Weil seine Telefonnummer elf Tage lang nicht erreichbar war, fürchtete der Unternehmer um seine Existenz. Als Entschädigung sollte es gerade mal 17,01 Euro geben — ein Schlag
ins Gesicht. Zeitungen und das Fernsehen berichteten über den Fall. Heute ist der gebürtige Neusser froh, dass die Sache glimpflich ausgegangen ist. Denn seinen Beruf würde er niemals eintauschen wollen. "Es ist schön, so viele Menschen kennenzulernen und so viele abwechslungsreiche Erlebnisse zu machen", erklärt der Taxifahrer. Das höchste Trinkgeld hat Sürder übrigens für eine Fahrt von fünf Minuten gemacht. "Das war ganz kurz vor meiner Ablöse, den Kollegen hatte ich schon im Auto sitzen. Den letzten Kunden habe ich noch mitgenommen, ein Herr, der kein Deutsch sprach und dem ich einen Club empfehlen sollte. 7 Euro sollte er zahlen, bekommen habe ich 80 Euro. Der Kollege hat sich natürlich schwarz geärgert", lacht Sürder. Mit einer Aussage hat er offensichtlich recht: "Man weiß nie, was man kriegt."