Analyse von Thomas Schommers, Präsident der Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft US-Wahlanalyse: „Die nächsten vier Jahre werden eine Herausforderung“
Neuss · Die Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika haben am Dienstag ihren Präsidenten gewählt. Der Neusser Thomas Schommers als Präsident der Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft Neuss analysiert die „Schicksalswahl“.
Donald Trump ist wieder zum Präsidenten der USA gewählt worden und nach Grover Cleveland (1837-1908, 22. und 24. Präsident der USA) wird er der erst zweite Präsident sein, dessen zweite Amtszeit nicht direkt an die erste anschließt. Er hat alle der sogenannten Swing States gewonnen und fast flächendeckend in den gesamten USA zu den Wahlen 2020 fast 3 Prozent Stimmen dazugewonnen. Für uns Europäer klingt die deutliche Wahl von Trump und das amerikanische Wahlsystem unverständlich, aber auch dies ist relativ leicht zu erklären und ich habe diese zuvor im Stadt-Kurier schon einmal dargestellt. In diesem Jahr habe ich die USA zweimal besucht, zuletzt im Oktober als Teil der Delegation der Stadt Neuss in unserer Partnerstadt Saint Paul, Minnesota. Es war meine 15. Reise nach Saint Paul und durch viele Gespräche dort und an anderen Orten in den USA war mir frühzeitig klar, dass Trump die Wahl gewinnen wird. Auch wenn Kamala Harris in Europa für viel Euphorie und Hoffnung steht, müssen wir akzeptieren, dass die Amerikaner gewählt haben und die Entscheidung nach ihren eigenen Interessen getroffen haben. Die europäische Meinung ist hingegen von anderen Interessen geprägt, aber sie spielt für amerikanische Wahlen natürlich keine Rolle. Harris war nicht nur die falsche Kandidatin, sie hat auch nicht erkannt, was die wichtigen Themen der amerikanischen Bevölkerung sind. Als Vizepräsidentin hat (konnte) sie sich nicht genügend gegen die Politik von Präsident Joe Biden gestellt (stellen) und selbst wenn sie dies getan hätte, wäre dies nicht glaubhaft gewesen. Hierdurch ist der Eindruck „Weiter so!“ entstanden und genau dies wollten die Amerikaner nicht! Hätte sie sich aber gegen Biden gestellt, hätte man ihr Illoyalität vorgeworfen. Gewinnen konnte sie daher in dieser Frage nicht. Die Demokraten haben hier schlicht und ergreifend die vierjährige Amtszeit von Präsident Biden nicht genutzt, einen geeigneten Kandidaten zu finden und diesem dem amerikanischen Volk zu präsentieren! Auch wenn die volkswirtschaftlichen Zahlen größtenteils für die Regierung Bidens sprechen, konnte Harris hiermit im Wahlkampf nicht punkten. Gerade das Thema Inflation spielte eine sehr große, wenn nicht sogar die wichtigste (!), Rolle: die Lebenshaltungskosten sind in den letzten Jahren um 25 bis 50 Prozent gestiegen und im Verhältnis dazu die Reallöhne eben nicht. Meine Tochter hat sich nach zuletzt zwei Jahren in den USA entschieden, deswegen in Deutschland zu studieren. Die Lebenshaltungskosten in Portland, Oregon, waren im Vergleich zu Deutschland deutlich zu hoch und nicht mehr bezahlbar.
Die Themen Außenpolitik inklusive des Militärs und Immigration waren die anderen beiden wahlentscheidenden Themen. Beides auch Themen mit hohem finanziellem Budget und die Mehrheit der Amerikaner möchte dies gerne reduzieren: Man möchte nicht mehr als Weltpolizist die Kriege dieser Welt führen und finanzieren und/oder deren Flüchtlinge aufnehmen. Mit dem Beginn des Baus des Grenzzauns zu Mexiko in seiner ersten Amtszeit wird Trump genau in diesem Thema als Pragmatiker wahrgenommen. Bereits die Präsidenten Clinton, Bush Jr. und Obama haben uns Europäer auf die 2-Prozent-Verpflichtung durch unsere NATO-Mitgliedschaft hingewiesen. Trump hat dies im Gegensatz zu seinen Vorgängern lediglich populistisch formuliert. Für viele Amerikaner sind die Themen von Harris in Zeiten von Existenzangst Luxusprobleme und daher ist es nicht verwunderlich, dass Trump nicht nur die meisten Wahlmännerstimmer, sondern auch die meisten Stimmen insgesamt gewonnen hat. Die demokratische Partei ist darüber hinaus ein Sammelbecken von sehr unterschiedlichen Lagern und Strömungen. Bei uns wäre dies von politischem Spektrum her eine Koalition von fünf bis sechs Parteien. Dadurch werden viele Themen nur angerissen und nicht präzise formuliert. Gerade für die arbeitende und/oder nicht gut gebildete Bevölkerung ist das Programm der republikanischen Partei einfacher zu verstehen und hat deutlich mehr verständliche Lösungsansätze.
Daher werden Trump auch viele Skandale, Strafprozesse und Populismus verziehen. Die Bevölkerung nimmt ihm ab, dass er die Probleme lösen kann. „America First!“ war die Maxime aller amerikanischer Präsidenten und auch wenn Trump die wirtschaftlichen Erfolge der USA in seiner ersten Amtszeit von Obama geerbt hat, werden sie ihm von der Bevölkerung gedankt und man traut ihm zu, das Ruder im Sinne der USA zu drehen.
Die Wahlen wurden nicht manipuliert: sie wurden nach den Grundsätzen frei und geheim durchgeführt. Ich vertraue auf die „Checks and Balances“ - die Gewaltenteilung und Kontrolle dieser in den USA. Die nächsten vier Jahre werden eine Herausforderung für die transatlantische Freundschaft werden – dies haben wir in der ersten Amtszeit von Präsident Trump schon erleben dürfen. Wir vertrauen auf die Freundschaft zwischen den Menschen und die werden die transatlantische Freundschaft in den nächsten Jahren prägen.