Ratsmarathon: von Jugendrat bis Haushaltsverabschiedung
Kaarst · Diese Ratssitzung dürfte auf der Rekordliste der Mammutsitzungen ganz oben stehen: Am Donnerstag um 17 Uhr eröffnete die Stellvertretende Bürgermeisterin Uschi Baum das Gremium, gegen 1.15 Uhr war endlich Schluss.
Dazwischen lagen ereignisreiche Stunden: von Vereidigung der Bürgermeisterin Dr. Ulrike Nienhaus bis zur Debatte über den städtischen Haushaltsplanentwurf. Am Ende wurde der Haushalt mit 46 Ja- und vier Nein-Stimmen beschlossen.
Im Flügel der Freien Demokraten wurden fleißig Fotos geschossen, als Uschi Baum (FDP) ganz vorne auf dem Sitz der Bürgermeisterin Platz nahm. Dies sollte aber keine "feindliche Übernahme" werden: Als Erste Stellvertretende Bürgermeisterin eröffnete sie die Ratssitzung, um wenig später nach der Vereidigung von Dr. Nienhaus den Platz wieder zu räumen — ein hochoffizielles Prozedere. Nachdem die Bürgermeisterin ihren Amtseid geleistet hatte, nahm sie kurz Stellung zur Flüchtlingspolitik: "Wir müssen das als Chance sehen und nicht als Belastung. Die Flüchtlinge müssen die deutsche Sprache erlernen und Teil unserer Bevölkerung werden." Anschließend bekräftigte sie noch einmal ihre Wahlaussage: "Ich werde eine Bürgermeisterin für alle Menschen sein, gemeinsam müssen wir Lösungen finden." Und so nahm sie sich die Zeit, jedes Ratsmitglied per Handschlag als neue Bürgermeisterin zu begrüßen — eine schöne Geste.
Und es ging mit Vereidigungen weiter: Alfred Lempke (SPD) und Ulrich Orlinski (CDU) wurden als neue Ratsmitglieder verpflichtet.
Eine Überraschung gab es beim Tagesordnungspunkt "Fragen der Einwohner": Siebtklässler des Albert-Einstein-Gymnasiums forderten am Mikrofon die Einrichtung eines Jugendrates. Uschi Baum lud die 13-Jährigen in die nächste Sitzung des Jugendhilfeausschusses ein; hier werde man das Thema behandeln.
Dann wurde es kompliziert: Im Sozial- und im Planungsausschuss ist je ein Mitglied der Zentrumsfraktion ausgeschieden (wir berichteten). Wer darf jetzt nachrücken? Professor Dr. Michael Schmitz von der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW beantwortete zahlreiche Fragen zu diesem Thema. Fazit: Der Rat hat sich seinerzeit für Ausschüsse mit 17 Sitzen entschieden, also muss aufgestockt werden — entweder beschließt der Rat einstimmig den Nachfolger oder der Ausschuss wird aufgelöst und neu formiert.
Nach einer Pause wurden die Haushaltsreden gehalten. Bereits zuvor hatte die CDU signalisiert, dass sie einer von der Verwaltung vorgeschlagene Erhöhung der Grundsteuer B nicht zustimmen werde. Und genau das war bisher der Knackpunkt — Parteien aus dem Fünfer-Bündnis hätten so dem Haushalt nicht zugestimmt. Schließlich wurde das rund 380 Seiten starke Zahlenwerk mit einer deutlichen Mehrheit verabschiedet. Allerdings nicht ohne mahnende Worte von Dr. Nienhaus mit Blick auf die Grundsteuer B: "Wir werden langfristig nicht um eine Erhöhung herum kommen. Jetzt nehme ich Sie beim Wort und erwarte weitere Konsolidierungsbemühungen." Auch CDU-Chef Lars Christoph hält eine Erhöhung im kommenden Jahr für "wahrscheinlich notwendig". Doch vorerst sollen die Bürger nicht damit belastet werden.