Parteien zur Lage der Obdachlosen in Neuss Leben auf der Straße: Wie man den Menschen helfen kann
Neuss · Die Zahl der obdachlosen Menschen in Neuss scheint stark angestiegen zu sein; davon berichten immer mehr Bürger. Vor allem in der Innenstadt habe sich die Situation verschärft. Dies nimmt die Kooperation aus SPD, Grünen, und UWG/Aktiv zum Anlass, bei der Stadtverwaltung konkret nachzufragen.
ParteienWie hat sich die Situation wohnungsloser Menschen in der Stadt Neuss in den vergangenen Jahren verändert? Hat sich die Anzahl wohnungsloser Menschen aus Sicht der Verwaltung erhöht? Und wie bewertet die Verwaltung die Schilderungen mehrerer Anwohner, dass sich insbesondere in der Neusser Innenstadt die Probleme in letzter Zeit deutlich verschärft haben. Diese und viele weiteren Fragen soll die Stadtverwaltung auf Antrag der Kooperation detailliert in der Sitzung des Sozialausschusses am 10. November beantworten.
Beim Ordnungsamt sei die Zahl der Beschwerden im Hinblick auf Obdachlose nicht signifikant gestiegen, heißt es aus dem Rathaus, allerdings nehme der Kommunale Service- und Ordnungsdienst (KSOD) einen vermehrten Anstieg von Obdachlosen im Stadtbild wahr. „Diese werden gezielt angesprochen und gebeten, ihren Lagerplatz zu verlassen, da das Lagern und Kampieren nach der Straßenordnung verboten ist“, erklärt Stadtpressesprecher Marc Bohn. Oftmals handele es sich um private Flächen, hier greife die Straßenordnung und die Möglichkeit des Platzverweises nicht. Grundsätzlich würde der KSOD die obdachlosen Menschen auf die Möglichkeit der „Hin- und Herberge“ am Kirmesplatz hinweisen. Diese städtische Obdachlosenunterkunft wurde in der vergangenen Zeit saniert, auch wurden neue Angebote für wohnungslose Frauen geschaffen. „Wir haben beantragt, dass in der Ausschuss-Sitzung auch Vertreter des Ordnungsamtes und der Streetworker anwesend sein werden“, erklärt Verena Kiechle, sozialpolitische Sprecherin der SPD. Ziel soll es sein, im Ausschuss mit vereinten Kräften auch über mögliche Verbesserungen zu arbeiten, um die Situation ein Stück weit zu entschärfen.
Im Sozialausschuss sollen auch die bestehenden und in den vergangenen Jahren massiv ausgebauten Hilfsangebote auf den Prüfstand gestellt werden. „Wir möchten erfahren, wie die Angebote angenommen werden und wo es vielleicht noch zu lösende Probleme gibt“, erklärt Bayram Öz als sozialpolitische Sprecherin von UWG/Aktiv. Auch bringt die Kooperation das sogenannte „Karlsruher Modell“ zur Diskussion ein: „Hier konnten viele wohnungslose Menschen in von der Stadt subventionierte Wohnungen vermittelt werden“, erklärt Susanne Benary als stellvertretende Bürgermeisterin der Grünen. Die Eigentümer der Wohnungen schließen einen Vertrag mit der Stadt ab und erhalten bei Bedarf einen Sanierungszuschuss und eine Mietausfallgarantie. „Da wir zurzeit prüfen lassen, ob wir über ein Förderprogramm Landesmittel für den Ankauf von Belegungsbindungen erhalten, kann das ,Karlsruher Modell‘ aus unserer Sicht eine sinnvolle Ergänzung sein“, so Benary. Ziel der Belegungsbindungen ist es, insbesondere Wohnungen von privaten Vermietern zu akquirieren, die eigentlich zu teuer für Familien mit geringem Einkommen sind. Die Stadt zahlt dem Vermieter dann einen monatlichen Zuschuss von 2,20 Euro pro Quadratmeter. Im Gegenzug darf der Vermieter für einen festen Zeitraum (zehn oder 15 Jahre) nur an Mieter mit geringem Einkommen (Wohnberechtigungsschein) vermieten und er muss auf Mieterhöhungen über 1,5 Prozent verzichten.
Eins ist auf jeden Fall sicher: In Zeiten wie diesen wird die Gefahr größer, dass die soziale Schere immer weiter auseinander klafft – dem muss schleunigst entgegengewirkt werden. Rolf Retzlaff