Sparvorschlag der Stadt stößt auf Kritik: Junge Männer könnten Bleibe verlieren
Neuss · Es ist ein kurzer Nebensatz in den Unterlagen des Sozialausschusses, der für zwei junge Männer von immenser Bedeutung ist. Stimmt die Politik dem Sparvorschlag der Verwaltung zu, wird das Wohnprojekt für obdachlose Männer im Alter von 18 bis 21 Jahren noch in diesem Jahr gestrichen.
Die Betroffenen würden damit in nur wenigen Wochen auf der Straße stehen — und das genau im tiefen Winter. Für Thomas Kaumanns, Mitglied des Sozialausschusses, ein Unding: "Die CDU lehnt das in dieser Form ab. Dort wohnen ja Menschen, die dann von heute auf morgen wieder obdachlos wären. Man muss sich das mal vorstellen: Mitte Dezember wird der Haushalt beschlossen und zum 1. Januar gibt es kein Geld mehr."
Hinter dem betroffenen Wohnprojekt verbirgt sich die "Streetlife-WG", die das Sozialamt 2007 installiert hat. Wohnungslose Männer im Alter von 18 bis 21 Jahren werden dort übergangsweise separat untergebracht und betreut. Die Arbeit hatte das Diakonische Werk in Kooperation mit dem Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) übernommen. Ziel des Projektes war es bisher, den Männern eine Perspektive zu geben und ihnen einen Start in ein geregeltes Leben mit eigener Wohnung zu ermöglichen. Jetzt steht das Konzept jedoch vor dem Aus. Grund für den Kürzungsvorschlag ist der klamme Haushalt der Stadt Neuss. Es gibt mehr Ausgaben als Einnahmen, eine Arbeitsgruppe Konsolidierung sollte diesen Missstand umkehren, indem sie Sparpotenziale ausfindig machen sollte. Durch den Wegfall der Wohnungsgruppe würden jährlich 16.000 Euro gespart werden, davon sind 9.000 Euro allein Betreuungskosten.
Laut Stadtsprecher Michael Kloppenburg führe das Wohnkonzept für junge Männer ohnehin nicht zum gewünschten Erfolg. "Das Projekt erfüllte aus der Sicht des Sozialamtes von Anfang an nicht die damit verbundenen konzeptionellen Erwartungen, weil es zu wenige wohnungslose Männer im besagten Alter gab, die eine Unterbringung mit einer gleichzeitigen Betreuung akzeptierten. Die Wohnung war deshalb nicht ausgelastet." Außerdem sei die Wohnung von einzelnen Bewohnern als dauerhafte Unterbringung missverstanden worden, was dem sozialpolitischen Ziel einer übergangsmäßigen Unterbringungsmöglichkeit (mit maximal sechs Monaten) widersprach.
Aus Insiderkreisen weiß der Stadt-Kurier, dass derzeit zwei Männer in der Wohnung untergebracht sind und die vorhandenen Plätze damit belegt sind. Sollte die Politik dem Sparvorschlag zustimmen, wären die betroffenen Männer, wie die meisten anderen männlichen Obdachlosen in Neuss, auf die Unterkunft "Hin- und Herberge" angewiesen, die sich durch einen Umbau derzeit auf der Jakob-Koch-Straße befindet.
Stadtsprecher Kloppenburg verweist hierbei auf ein verbessertes Raumangebot und eine verbesserte Personalsituation. Die Unterkunft ist jedoch nur für die Überbrückung der Nächte gedacht. Und was wird aus der frei gewordenen Wohnung?
"Die soll dann zukünftig für obdachlose Familien zur Verfügung stehen", so Kloppenburg. Im Sozialausschuss soll über die Zukunft des Wohnprojektes beraten werden. Er tagt morgen, 17 Uhr, im Ratssaal.