Im Kampf gegen Corona tun sich die Ratsparteien zusammen: Kaum Gespräche mit Impfskeptikern, aber eine Handvoll Corona-Impfungen
Neuss · Im Kampf gegen Corona tun sich die Ratsparteien zusammen: Nach der Lichteraktion am vergangenen Sonntag (lesen Sie dazu den Artikel auf Seite 2) gab es am Montag die nächste gemeinsame Veranstaltung. CDU, SPD, Grüne, FDP, UWG und Linke hatten Infostände vor dem Rathaus aufgebaut – gerade zu der Zeit, in der die sogenannten „Spaziergänger“ jeden Montag durch die Innenstadt ziehen. Aber erst am späten Abend, als schon die ersten Parteien ihre Pavillons abgebaut hatten, kam es zu einer Begegnung mit den Impfskeptikern und -gegnern.
Sie verlief ohne Zwischenfälle – bis auf ein paar wenige Schmährufe in Richtung der Politiker. Die hätten sich eigentlich mehr erhofft: „Es sollte keine Gegenveranstaltung zu den ,Spaziergängen‘ sein; wir wollten aufklären und nicht provozieren“, erklärt der SPD-Chef Sascha Karbowiak. „Viele Impfskeptiker behaupten, dass über ihre Köpfe hinweg entschieden wird; mit diesem ,harten Kern‘ wollten wir ins Gespräch kommen“ – doch die hatten offensichtlich keinen Gesprächsbedarf... Dabei hätten sie sich von ausgewiesenen Experten informieren lassen können: Dr. Sylke Markert-Kütemeyer, Lungen-Fachärztin und gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Rhein-Kreis, und Dr. Karl-Heinz Munter, ehemals leitender Impfarzt des Rhein-Kreises Neuss, hätten mit ihrem Fachwissen wahrscheinlich so manchen Impfskeptiker „bekehren“ können. Immerhin hatte sich eine Handvoll Bürger entschieden, das Angebot von Dr. Guido Pukies anzunehmen: Die Parteien schickten spontan Impfwillige in seine Praxis, mit dabei auch Erstimpfer. „Das zeigt doch, dass es gelungen ist, ein paar Bürger aufzuklären“, freut sich Karbowiak. Ob es auch in den kommenden Wochen Infostände der Parteien geben wird, steht noch nicht fest: „Bei Bedarf werden wir diese Aktion fortsetzen; wir werden die Situation im Blick behalten“, verspricht Karbowiak.
Die Linke war mit einem eigenen Banner angerückt: „Impfen schützt! Kaputtsparen tötet!“ war darauf zu lesen. Der Neusser Landtagskandidat der Linken, Falk vom Dorff, stellte provokante Fragen: „Wieviel Tote hätten eigentlich verhindert werden können, wenn die Krankenhäuser in den letzten Jahren nicht kaputt gespart worden wären? Wenn es in ausreichender Anzahl gut bezahlte und hoch motivierte Pflegekräfte gegeben hätte?“ Der Neusser Linke-Chef Roland Sperling spricht von einer „inhumanen Ausgrenzungsdiskussion, die in beängstigender Weise Fahrt aufnimmt. Impfgegner sollen keinen Lohn mehr bekommen, keine Krankenhausbehandlung, sie sollen notfalls als Sündenböcke aus der menschlichen Gesellschaft ausgestoßen werden. Das gibt einen Vorgeschmack auf Ausgrenzungskampagnen, die uns noch mit dem Fortschreiten der Klimakatastrophe blühen“.
Rolf Retzlaff