Zoff bei der Partei „Die Linke“ Roland Sperling soll sein Ratsmandat niederlegen - doch der denkt nicht daran
Neuss · Roland Sperling ist seit vielen Jahren das „Gesicht“ der Neusser Linken – doch das soll jetzt nach Ansicht des Kreis- und Ortsvorstandes dieser Partei nicht mehr der Fall sein: Sie haben den Neusser Stadtverordneten dazu aufgerufen, sein Mandat niederzulegen, auch solle er „Die Linke“ nicht länger öffentlich repräsentieren.
Sperling habe wiederholt parteischädigende Aussagen getätigt und Mitglieder der Partei öffentlich attackiert. Dabei seien Parteimitglieder, politisch aktive Menschen in Neuss, aber auch die gesamte Partei in die gedankliche Nähe des Faschismus gerückt worden, heißt es in einer Pressemitteilung der Linken. Die von Sperling vorgetragenen Vorwürfe seien aufgearbeitet und intern diskutiert, jedoch in keinem Punkt bestätigt worden. Es handele sich um irreführende Anschuldigungen und nur wenig verschleierte Aufrufe, „Die Linke“ nicht zu wählen. Hintergrund dieser Aktion ist offensichtlich ein Vorfall vom 1. Mai: Bei einer Veranstaltung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), bei der Neusser Widerstandskämpfern gedacht wurde, nahm eine VVN-Rednerin in ihrer Gedenkrede Stellung zum Ukraine-Krieg Bezug – in einer Art und Weise, die Sperling veranlasste, an Ort und Stelle lautstark zu intervenieren. Aber er erklärt: „In der Tat geht es bei meinem politischen Streit mit Falk vom Dorff (Kreisvorsitzender der Partei „Die Linke“, Anmerkung der Red.) und einer Handvoll anderen gar nicht so sehr um den Ukraine-Krieg selbst, sondern um die in der Rede aufgestellte Behauptung, es gäbe eine ,enthemmt agierende Meute‘, zu der auch die Medien gehörten, die alle Andersdenkenden niederbrüllen. Diesen „Angriff auf die Presse“ habe er nicht hinnehmen wollen. „Das ist doch AfD-Manier“, ärgert sich Sperling. Und weiter: „Man stelle sich vor, diese Passage sei in einer AfD-Rede vorgekommen - dann hätten mich alle ,Linken’ dafür gelobt, dass ich dazwischengetreten bin. Aber was ist anders, wenn eine solche Äußerungen von einer vermeintlichen ,Linken’ getätigt wird? Das ist Wasser auf die Mühlen all' jener, für die rechts- und linksradikal letztlich ähnlich sind. Und Herr vom Dorff verteidgt bis heute diese Passage.“
Und wie wird er jetzt mit der Attacke aus den eigenen Reihen umgehen? Der Jurist und Leiter der Landesschiedskommission macht deutlich, dass es für ihn keinen formal wirksamen Beschluss von Kreis- und Ortsvorstand gebe. „Die Einladungsvorschriften für die betreffende Sitzung wurden nicht eingehalten“, so Sperling. Auch könne der Vorstand „einen demokratisch gewählten Stadtverordneten nicht einfach rauskicken“. Und so wird er weiter im Stadtrat agieren, „solange ich Partei-Mitglied bin, werde ich auch für ,Die Linke‘ sprechen“. Sein Eingreifen bei der Rede am 1. Mai hält er immer noch für richtig, spricht vom „Selbstverständnis als Linker, sich für Menschen einzusetzen, die angegriffen und unterdrückt werden“.Für Sperling steht fest: „Ich werde nicht durch die Rückgabe meines Ratssitzes dazu beitragen, dass jemand als Nachrücker in den Neusser Rat einzieht, der mit einer solchen Aussage offenbar keinerlei Probleme hat. Und wenn es das Letzte ist, was ich für meine linke Überzeugung tun kann.“
Wie auch immer das „Linke Sommertheater“ enden wird: Sperling setzt auf eine weitere Zusammenarbeit – auch mit den Genossen, die ihn angegriffen haben. „Denn wir haben bisher eine gute Arbeit in der Fraktion geleistet“, verweist er zum Beispiel auf den seiner Beharrlichkeit zu verdankendem Erfolg, dass „Die Linke“ in verschiedenen Ausschüssen einen weiteren Sitz erhalten hat. Wie zum Beispiel Falk vom Dorff, der neben dem Schul- jetzt auch den Finanzausschuss besucht – und zu Sperlings Kritikern gehört. Letzterer bescheinigt vom Dorff eine „gute Arbeit im Schulausschuss“. Man merkt: Sperling setzt weiter auf eine gemeinsame Lösung. Falk vom Dorff hingegen hüllt sich erst einmal in Schweigen: „Über die vorliegende Pressemitteilung hinaus wird es aktuell keine weitere Stellungnahme durch den Kreis- oder Ortsvorstand zur Situation geben.“