Von Flüchtlingssituation bis zu Ikea-Shuttle und Steuererhöhung Mittelstandsvereinigung stellt kritische Fragen an die Stadtspitze

Kaarst · Die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU Kaarst hatte Bürgermeisterin Dr. Ulrike Nienhaus traditionell zum Jahresgespräch eingeladen. Und obwohl die Stadtchefin selbst aus den Reihen der Christdemokraten kommt, gab es auch durchaus kritische Fragen – zum Beispiel zur Erhöhung der Grundsteuer B, zur Lage des Einzelhandels in Kaarst, zu Einsparpotenzialen beim städtischen Haushalt und zur Flüchtlingssituation.

MIT-Chef Markus Steins begrüßt Bürgermeisterin Dr. Ulrike Nienhaus (vorn): Die Kaarster Mittelstandsvereinigung hatte die Stadtspitze zum Jahresgespräch eingeladen.

Foto: Foto: Rolf Retzlaff

Gemeinsam mit der Stadtchefin standen die Technische Beigeordnete Sigrid Burkhart, der Erste Beigeordnete Dr. Sebastian Semmler sowie Stadtkämmerer Stefan Meuser Rede und Antwort. Der MIT-Vorsitzende Markus Steins brachte einige brisante Themen zur Diskussion:

Städtischer Haushalt 2017/Erhöhung Grundsteuer B:

Am morgigen Donnerstag soll der Rat der Stadt Kaarst über den städtischen Haushaltsentwurf entscheiden. 4,8 Millionen Euro stehen auf der Soll-Seite. „Die Stadtverwaltung hat nach internen Diskussionen bereits Positionen in Höhe von rund 2,8 Millionen Euro aus dem Haushalt genommen“, erklärte Nienhaus, „eine Haushaltssicherung können wir nur mit einer Erhöhung der Grundsteuer B vermeiden.“ Dank einer niedrigeren Kreisumlage könne die geplante Erhöhung moderater ausfallen. Dr. Nienhaus sprach von einer Mehrbelastung in Höhe von monatlich rund 2 Euro für ein durchschnittliches Einfamilienhaus. Sollte der Haushalt morgen allerdings nicht von der Politik im Rat verabschiedet werden, droht eine vorläufige Haushaltssicherung. „Dann sagt der Kämmerer was geht und was nicht geht“, so Nienhaus. Freiwillige Leistungen wie zum Beispiel der Bürgerfrühschoppen und der Rosenmontagszug, aber auch Projekte wie die Vergabe für den Bau eines neuen Feuerwehrgerätehauses in Büttgen seien dann gefährdet. Semmler stellte nochmals fest, dass die Verwaltung ihre Hausaufgaben gemacht habe: „Wir haben mit jedem einzelnen Empfänger freiwilliger Leistungen gesprochen – egal ob er 800 oder Millionen Euro erwartet – und ihn um Einsparungsvorschläge gebeten. Die Politik hat sich nie für die Ergebnisse dieser Gespräche interessiert“, bemängelte der Beigeordnete, „wir brauchen schon einen Fingerzeig aus der Politik, in welche Richtung der Sparkurs gehen soll.“

Vermarktung Gewerbeflächen:

Für das Grundstück an der Gümpgesbrücke gibt es drei potenzielle Interessenten, weiß die Stadtverwaltung. Anfang 2017 sollen die Planungen realisiert werden. „Damit wäre das komplette Filetstück vermarktet“, sagte Kämmerer Meuser.

Einzelhandel in der Innenstadt:

„Wir haben in den Arkaden bereits zwei Leerstände, ein dritter droht“, machte Steins die Sorge der MIT deutlich, „dass die Arkaden leerlaufen oder es demnächst dort nur noch Filialisten gibt.“ Das Gebäude sei im Besitz eines Privatinvestors, was die Verhandlungen erschwere, so Nienhaus. Zudem würden heutzutage meist Räumlichkeiten mit mehr Verkaufsfläche gesucht. Bei einer Infoveranstaltung in Sachen Onlinehandel (im Internet bestellen und in der City abholen) habe es keine Resonanz vonseiten der Innenstadthändler gegeben. Überhaupt bat Nienhaus die MIT, die Einzelhändler mehr zum Mitmachen zu animieren. Burkhart verwies auf einen Verfügungsfonds im Rahmen des Integrierten Handlungskonzeptes, in den die Händler einzahlen könnten; dieser Betrag werde dann durch Fördermittel verdoppelt. Nienhaus: „Hier sind die Einzelhändler mehr als zurückhaltend.“

ÖPNV/Ikea:

Laut Burkhart solle die S8 nach Inbetriebnahme des Möbelhauses stündlich vom Bahnhof Büttgen über Ikea zur Kaarster Innenstadt fahren. Kostenpunkt: rund 165.000 Euro pro Jahr. Zurzeit wird verhandelt, ob Ikea stattdessen einen Busshuttle einsetzt; dann würde es keine Änderung des ÖPNV geben.

Parkplatzsituation:

Das Parkplatzangebot in der Kaarster Mitte soll ergänzt werden, aber diese Maßnahmen werden nicht förderfähig sein, machte Burkhart deutlich – im Gegensatz zu Verschönerungsmaßnahmen wie der Umgestaltung des Platzes zwischen Martinuskirche und Altem Rathaus. Burkhart fordert die Einzelhändler auf, sich über neue Konzepte Gedanken zu machen: „Wie wäre es zum Beispiel mit einem Hol- und Bringservice von der und zur Pestalozzistraße für ältere Menschen mit Einkaufstaschen?“

Flüchtlingssituation:

2017 werde der Haushalt voraussichtlich mit rund 1 Million Euro Flüchtlingsaufwendungen belastet. So leben zurzeit 76 Flüchtlinge mit Ablehnungsbescheid aufgrund einer Härtefallregelung weiter in Kaarst. Das Problem: Das Land übernimmt die Kosten für diese Flüchtlinge nur drei Monate, dann muss die Kommune den kompletten Betrag aus der Stadtkasse zahlen. „Und eine Kommune kann nicht abschieben, dafür sind andere Behörden zuständig“, erklärt Semmler.

Rolf Retzlaff

(Kurier-Verlag)