Ärgerlich: Neusser kauft Elektrofahrzeug und darf es nicht zuhause aufladen
Neuss · Kaum ein Thema wird im Zusammenhang mit Klimaschutz so oft genannt wie die Elektromobilität. Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, bis 2020 eine Million entsprechender Fahrzeuge auf deutschen Straßen zu haben.
Dirk Bahner aus Norf ist dem Aufruf gefolgt, hat aber jetzt große Schwierigkeiten, seinen Pkw aufzuladen. Denn eine private Aufladestation direkt vor der Haustüre lässt die Stadt Neuss nicht zu.
Den Wagen bequem zuhause laden und am nächsten Morgen mit dem Elektrofahrzeug zur Arbeit fahren. Eine Idee, die Bahner gerne in die Tat umsetzen würde. Hierfür würde er seinen Vorgarten zum Stellplatz machen, damit der Stromanschluss zum Haus gelegt werden kann. Aber genau das lässt der Bebauungsplan nicht zu. Denn dieser setzt das Areal als "nicht überbaubare Grundstücksfläche — Vorgärten" fest. Für den Besitzer eines elektrobetriebenen BMW X5 frustrierend.
Vater Heinrich Bahner kümmert sich um die Angelegenheit, konnte bisher aber nicht viel erreichen. "Wieso wird soviel dafür geworben, sich ein Elektrofahrzeug anzuschaffen, wenn das Fundament nicht gegeben ist? In Neuss gibt es doch kaum Auflademöglichkeiten", so der Norfer. Ganz richtig ist das nicht. Denn tatsächlich betreiben die Stadtwerke beispielsweise zwei Ladestationen auf dem Betriebsgelände an der Moselstraße, eine weitere gibt es bei Westnetz an der Collingstraße. Aber das hilft Bahner eben nicht. "Um das Fahrzeug aufladen zu lassen, muss es sieben bis acht Stunden angeschlossen sein. Es muss also in der Nähe des Wohnortes erfolgen", so der Norfer. Momentan wird der Pkw gar nicht elektrisch aufgeladen, stattdessen muss Bahner wie alle anderen Kraftstoff tanken, das sei bei seinem Modell glücklicherweise möglich. Dafür verbraucht sein Fahrzeug deutlich mehr Sprit. "Das war nicht Sinn der Sache", klagt der Betroffene.
Peter Fischer, städtischer Pressesprecher, betont, dass sich im Bereich Elektromobilität sehr wohl eine Menge getan hat. "Da die Reichweite von Elektrofahrzeugen zunehmend so leistungsfähig ist, dass normale Pendler-Beziehungen oder Einkaufsfahrten ohne Nachladen möglich sind, liegt der Schwerpunkt des Aufbaus einer Ladeinfrastruktur im Bereich der privaten Haushalte (Garagen, Stellplätze, Tiefgaragen). Insbesondere in historischen Quartieren, in denen eine Vielzahl von Wohnungen keine Stellplätze auf privatem Grund haben, wird der öffentliche Raum auch eine Rolle in der Ladeinfrastruktur spielen müssen", so Fischer. Dies gelte zum Beispiel für Quartiere im Innenstadtbereich, dem Dreikönigenviertel und der Nordstadt.
Die Stadtwerke Neuss planen zudem in Kooperation mit der Stadt Neuss kurzfristig zwei Ladesäulen im öffentlichen Raum zu errichten (Erftstraße, Glockhammer). Insbesondere im Innenstadtbereich sollen auch die Parkhäuser eine Rolle spielen. "Darüber hinaus wird die Stadt Elektroautos kostenloses Parken auf Parkscheinautomatenplätzen erlauben", erklärt Fischer. Maßnahmen, die im Fall von Bahner nicht greifen. Immerhin ist er mit den Stadtwerken im Gespräch und hofft weiter auf eine gute Lösung, sagt jedoch, dass ohne ein Entgegenkommen der Stadt nichts zu machen sei.
Jürgen Scheer, Pressesprecher der Stadtwerke Neuss, hierzu: "Grundsätzlich ist es so, wenn ein Eigentümer einen Netzanschluss etwa auf einem Garagenhof wünscht, dann installieren wir diesen selbstverständlich. Das ist ein ganz normales Geschäftsmodell bei uns. Im konkreten Fall wollte Herr Bahner sich nach Klärung dieser Frage wieder bei uns melden. Das hat er bislang jedoch nicht gemacht. Sollte es zum Netzanschluss kommen, würden wir ihn gerne hinsichtlich der passenden Ladesäulenvariante beraten und ihn auch beim Kauf und der Installation unterstützen." Scheer betont: "Gerade auf dem Gebiet der Elektromobililtätsinfrastruktur sind die Stadtwerke Neuss der lokale Partner." Mehr Infos auf www.stadtwerke-neuss.de/elektromobilitaet.