Katholische Schule boykottierte gestern Neusser Martinsumzug

Neuss · Das Martinsfest sorgt in Neuss auch in diesem Jahr wieder für viel Aufregung. Während Bürger diskutieren, ob eine Umbenennung des Martinsfestes aus Integrationsgründen zu einem „Sonne-Mond-und-Sterne-Fest“ nötig ist, boykottierte gestern ausgerechnet die katholische Münsterschule im Stadtzentrum den zentralen Umzug rund um das Quirinusmünster.

Hier auf der katholischen Neusserfurth steht die Katholische Kirche noch voll hinter dem Martinsumzug. Auch Muslime machen gerne mit.

Foto: Foto: Rolf Retzlaff

Die Münsterschule ist die einzige noch katholische Grundschule im Zentrum von Neuss und blickt auf eine lange Tradition zurück. Was hat es also zu bedeuten, wenn gerade diese Schule den größten und berühmtesten Martinsumzug weit und breit rund um das Quirinusmünster boykottiert?

Bereits das zweite Jahr in Folge nimmt die katholische Traditionsschule nicht an der größten Barmherzigkeits-Demonstration zu Ehren des Heiligen Martin von Tours in Neuss teil. „Auf dem großen Zug geht es mir zu chaotisch zu“, begründet Cordula Clemens, Leiterin der Münsterschule. „Rücksichtslose Mütter, die nicht darauf achten, wohin sie ihre Kinderwagen schieben, die Kleinen laufen zwischen rauchenden Vätern hindurch. Meiner Meinung nach ist die Organisation nicht gut aufgezogen.“ Rechtsanwalt Philip Benning, Präsident des St. Martin-Komitees Neuss-Altstadt und Hauptorganisator des Umzuges, sieht das völlig anders. Er weiß: „Der große Umzug durch die Innenstadt wird auch in diesem Jahr wieder von der Polizei begleitet. Nach dem großen Umzug treffen wir uns immer noch mal für ein Feedback – bisher hat es noch nie außergewöhnlichen Vorkommnisse gegeben. Wir haben natürlich wenig Einfluss darauf, was jeder einzelne Teilnehmer tut, aber wir haben den Eindruck, dass der Umzug gesittet abläuft. Jetzt hoffen wir natürlich, dass wir es bald wieder möglich machen können, dass auch die Kinder der Münsterschule an unserem Zug teilnehmen.“

Einige Mitglieder des Organisations-Teams glauben den wahren Grund zu kennen. „Die Schulleitung der katholischen Schule möchte wohl vorauseilend Rücksicht auf die vielen muslimischen Kinder der Schule nehmen“, hat es Kirchenvorstand Sebastian Rosen „läuten gehört“.

Das streitet Cordula Clemens ab. Sie richtet morgen auf dem Schulhof der Münsterschule eine eigene kleine „exklusive“ Martinsfeier ohne die große Gemeinschaft der anderen Neusser Kinder aus – mit Mantelteilung, Orchester und einem kleinem Umzug durch das Viertel.

„Als Schule und als Träger von Kindertagesstätten müssen die in der Verantwortung stehenden immer gut prüfen und entscheiden, was Sie an Aufsichtspflicht leisten können. Das Wohl der Kinder muss da im Vordergrund stehen. Deshalb kann es nicht nur ein richtig oder falsch geben für einen großen oder mehrere kleine Martinsfeiern geben,“ äußert Oberpfarrer Msgr. Guido Assmann seine Meinung zum Thema und stellt sich voll hinter seine katholischen Rektorin. „Neben der Aufsichtspflicht ist sicher auch wichtig, dass der Inhalt, die Verehrung eines Heiligen, nicht untergeht. Auch hiervon hängt dann eine Entscheidung ab.“

CDU-Ratsfrau Waltraud Beyen warnt davor, die Muslime vorzuschieben. „Gerade viele muslimische Familien lieben das Martinsfest und gehen seit Jahren mit“, weiß Beyen.

Gegen den Trend, das katholische Martinsfest in ein Sonne-Mond- und Sterne-Fest umzuwidmen, regt sich auf der Stadt-Kurier-Facebook-Seite massiven Widerstand.

Janine Goerdten findet: „Wird ja immer besser, man kann es auch übertreiben, wem es nicht passt, muss da ja nicht hin gehen. Mich fragt auch keiner, ob es mir passt, dass meine sechsjährige Tochter im katholischen Religionsunterricht eine Moschee und Allah malen muss!“

Kathrin Müller zeigt sich moderat: „Ist doch ganz einfach, Sankt Martinsumzug für die christlichen Kinder und ein Laternenumzug an einem anderen Termin für alle Kinder. Muss ja nicht mit Klingeln an den Haustüren verbunden sein. Nette Runde drehen, fertig.“

(Kurier-Verlag)