Comeniusschule wird nicht zur Gesamtschule umgewandelt Frustration im Ratssaal: CDU und FDP widersetzen sich dem Elternwillen

Neuss · Fassungslosigkeit und Wut machten sich am Freitag nach der Ratssitzung breit. Obwohl Eltern, Schüler und Lehrer über Wochen und Monate betonten, dass sie sich eine Umwandlung der Sekundar- zur Gesamtschule wünschen, stimmte der Rat in geheimer Abstimmung dagegen.

Vor der Entscheidung war die Hoffnung der Schüler und Eltern noch groß. Jetzt steht fest: Die Comeniusschule bleibt eine Sekundarschule.

Foto: Foto: Violetta Fehse

Mit Plakaten waren dutzende Neusser angereist, um auf der Zuschauertribüne stillen Protest auszuüben. Auch wenn Bürgermeister Reiner Breuer die Besucher aufforderte, die Transparente niederzulegen, um den Rat nicht zu beeinflussen, war die Präsenz der Bürger deutlich spürbar. Wochen und Monate im Voraus machten sie in der Öffentlichkeit deutlich, dass sie sich die Umwandlung zur Gesamtschule wünschen. Rund 240 Unterschriften wurden gesammelt, selbst die umliegenden Schulen unterstützten das Begehren. Und dennoch widersetzten sich die Lokalpolitiker am Ende dem Bürgerwillen. Während die FDP sich von Anfang an gegen die Umwandlung aussprach, machte die CDU-Grünen-Koalition einen ungewöhnlichen Vorschlag. Die Sekundarschule sollte in einem Versuch oder in einer Ausnahmeregelung zur Gesamtschule ohne Oberstufe gemacht werden. Stattdessen sollten die Gymnasien in der Oberstufe um einen Klassenzug erweitert werden.

Ein Vorstoß, der bei den anderen Fraktionen auf Unverständnis stieß. "Wir lassen uns nicht an der Nase herumführen. Ein Gymnasium ohne Oberstufe gibt es nicht, genauso wie bei der Gesamtschule. Was haben wir gewonnen, wenn wir nur den Namen der Schule ändern?", so Schulausschussvorsitzende Gisela Hohlmann (SPD). Michael Klinkicht (Grüne) erklärte: "Wir haben die Sorge, dass andere Gesamtschulen schwächer gestellt werden, wenn wir eine weitere einrichten." "Das, was Sie beschließen wollen, gibt es nicht", sagte Bürgermeister Breuer. In geheimer Abstimmung wurde der Vorschlag einer Gesamtschule ohne Oberstufe letztendlich verworfen. Dafür wurde im zweiten geheimen Abstimmungsvorgang die Umwandlung in eine Gesamtschule mit Oberstufe ebenfalls mehrheitlich abgelehnt. Im Anschluss an die Sitzung zeigte sich Silke Welter, Schulpflegschaftsvorsitzende, niedergeschlagen: "Die Enttäuschung über Politiker, die den Elternwillen komplett ignorieren, ist enorm groß. Zumal es ja nicht verständlich ist, dass aus den sinkenden Anmeldezahlen bei den Sekundarschulen und den großen Überhängen an den Gesamtschulen keine Konsequenzen gezogen werden. Es wird ja allein schon dadurch klar, was Eltern in Neuss für ihre Kinder wollen. Und das wurde von CDU, Grüne und FDP in keiner Weise berücksichtigt."

Stephanie Jungwirth, Mutter eines Schülers, forderte: "Jetzt sollen die Entscheider der CDU bitte durch alle Klassen gehen und unseren Kindern erklären, weshalb sie keine Gesamtschule bekommen."

Stephanie Wellens, Schulpolitische Sprecherin der CDU,begründet die Entscheidung ihrer Fraktion.

"Im ersten Schritt wollten wir über den Änderungsantrag eine Gesamtschule herbeiführen, jedoch ohne eine Oberstufe. Das haben wir deshalb so entschieden, weil es in Neuss zu viele Gesamtschulen mit schwachen Oberstufen gibt. Das ist an dem ganz konkreten Beispiel, der Gesamtschule an der Erft, zu sehen. Dort gehen 50 bis 60 Prozent nach der zehnten Klasse ab. Zuletzt gab es dort nur 58 Schüler, die in die Oberstufe gekommen sind. Und für die wird es dann schwierig, genügend Leistungskurse auf die Beine zu stellen. An dieser Stelle überrascht es vielleicht den einen oder anderen, dass wir stattdessen an den Gymnasien einen Zug mehr forderten. Tatsächlich beobachten wir aber, dass es dort so viele Anmeldungen gibt, dass nicht alle Interessenten aufgenommen werden können. Und wer sich am Gymnasium anmeldet, will in der Regel auch in die Oberstufe und Abitur machen. Besonders in Norf hat es zuletzt einen ganz starken Zulauf gegeben.


Da unser Vorschlag, die Comeniusschule zu einer Gesamtschule ohne Oberstufe zu machen, leider abgelehnt wurde, kam es dann zu der zweiten Abstimmung. Und die mussten wir wiederum ablehnen, da es hier auch noch darum ging, die Comeniusschule sechszügig werden zu lassen. Das hätte die umliegenden Schulen mit hoher Wahrscheinlichkeit geschwächt. Es war auf keinen Fall nur eine CDU-Entscheidung. Zwar war es eine geheime Abstimmung, sicher ist aber, dass die FDP und die Grünen als unser Koalitionspartner mitgestimmt haben. Jetzt heißt es, die Sekundarschulen zu stärken. Hierzu wollen wir entsprechende Anträge in den kommenden Sitzungen einbringen."

(Kurier-Verlag)