Schwanger, obwohl man es nicht sein darf: Vertrauliche Geburt als Lösung

Neuss · Wenn Frauen schwanger sind, obwohl es ihre Lebenssituation nicht zulässt, ist die Not oft groß. Häufig gibt es niemanden, dem die Frau sich anvertrauen kann. Manchmal fürchtet sie sogar um ihr Leben.

Nicht immer löst eine Schwangerschaft Glücksgefühle aus. Die vertrauliche Geburt soll eine letzte Lösung für Frauen in Not sein.

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Diesen Schwangeren soll nun ein neues Gesetz helfen. Die vertrauliche Geburt wird seit Mai dieses Jahres bundesweit angeboten. Im Johanna-Etienne-Krankenhaus half das Personal bereits vor Erlass des Gesetzes Schwangeren in Not – auch wenn es sich dadurch in einer rechtlichen Grauzone bewegte.

Dr. med. Margarete Albiez und Mechthild Dornhoff-Czekala begrüßen das neue Gesetz.

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Eine Vergewaltigung, Gewalt in der Beziehung, der illegale Aufenthalt: Alles Gründe, wegen denen viele Frauen keine andere Lösung sehen, als das Kind abzugeben. Für solche Fälle wurde vor 14 Jahren die Babyklappe eingerichtet. Keine gute Option, fanden viele Kritiker. Immerhin musste die Schwangere so ohne Beratung und medizinische Hilfe auskommen – das Neugeborene möglicherweise allein und in Gefahr zur Welt bringen. Das soll jetzt die vertrauliche Geburt ändern und dennoch die Anonymität der Frau wahren. Eine Beratung und die medizinische Betreuung werden gestellt – die Kosten trägt der Bund. So funktioniert das Gesetz: Die Beratungsstellen nehmen die Personalien der Schwangeren vertraulich auf, verschließen diese sicher in einem Umschlag und leiten diesen dem Bundesministerium für Familien und Frauen zur Verwahrung zu. Diesen Herkunftsnachweis kann das Kind im Regelfall mit 16 Jahren einsehen. Nach der Aufnahme ihrer persönlichen Daten wird die Schwangere von der Beratungsstelle an eine Klinik oder eine Hebamme vermittelt. Dies geschieht zur Wahrung der Anonymität unter einem von ihr gewählten Pseudonym. Die Geburt wird medizinisch betreut und unter dem gewählten Pseudonym dokumentiert.

Dr. med. Margarete Albiez, Oberärztin der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Johanna-Etienne-Krankenhaus und Mechthild Dornhoff-Czekala, Diplom-Sozialpädagogin und Mitarbeiterin bei der Beratungsstelle Esperanza, begrüßen das neue Gesetz. Bereits seit 2002 arbeiten beide Institutionen eng miteinander. Seitdem bietet das Etienne auch anonyme Geburten an – die aus rechtlicher Sicht nicht wasserdicht sind. Nach Paragraf 18 des Personenstandsgesetzes muss die Geburt eines Kindes innerhalb einer Woche dem Standesamt angezeigt werden, wobei stets der Name der Mutter anzugeben ist. Die Verletzung der Anzeigenpflicht stellt grundsätzlich eine Ordnungswidrigkeit dar

„Wir wollten den Frauen trotzdem immer die Möglichkeit geben, ihr Kind in einer sicheren Umgebung und mit medizinischer Betreuung auf die Welt zu bringen. In manchen Fällen entschieden sich die jungen Mütter letztendlich doch für ihr Kind“, berichtet Dr. med. Albiez. Die Kosten dafür übernahm die Klinik. Jetzt soll das neue Gesetz allen Parteien die Möglichkeit geben, in rechtlich und medizinisch abgesichertem Rahmen eine Geburt in Anonymität in die Wege zu leiten.

Weitere Informationsmaterialien stehen unter

www.bmfsfj.de/vertrauliche-geburt-informationen

zur Verfügung.

(Kurier-Verlag)