SPD-Parteichef Jakubassa: „AfD ist sicher keine Alternative für die Menschen“

Neuss · Benno Jakubassa führt seit 22 Jahren die SPD in Neuss. Im vergangenen Jahr konnte er seinen Erfolg ernten und führte sie mit dem Spitzenkandidaten Reiner Breuer erstmals auf den Chefsessel im Rathaus.

SPD-Ente, Jakubassa, Möll beim Interview.

Foto: Hanna Loll

Kurz vor dem neuen Jahr besuchte er die Stadt-Kurier-Redaktion.

Stadt-Kurier: Herr Jakubassa, Sie konnten im vergangenen Jahr einen grandiosen Sieg mit der SPD Neuss feiern. Erstmals stellen Sie als Parteichef den Bürgermeister der Stadt Neuss. Macht sich lähmende Zufriedenheit breit, seid Ihr Genossen satt und größenwahnsinnig oder habt ihr weitere Ziele?
Jakubassa: Nach über 125 Jahren war der Erfolg bei der Bürgermeisterwahl nach den vielen, vielen Niederlagen ein Triumph und bescherte uns allen ein Riesen-Glücksgefühl. Wir müssen hart arbeiten und diesen Sieg wiederholen.

Stadt-Kurier: Am Wahlabend habe ich in der Alten Post die ganz alten Sozialdemokraten weinen gesehen...
Jakubassa: … ich gehörte auch dazu. In einer Stadt wie Neuss einen solchen Erfolg zu erringen — das war für uns altgedienten Sozialdemokraten die Erfüllung eines Lebenstraums.

Stadt-Kurier: Den neuen Bürgermeister Reiner Breuer begleiten Sie als Parteichef ja bereits seit Jahrzehnten. Sie sind sein politischer Ziehvater. War er immer ein guter Junge?
Jakubassa: Schon früh war erkennbar, dass er ein besonderes politisches Talent hat, das er immer weiter perfektioniert hat. Er ist ein hervorragender Verwaltungsfachmann und wird die Stadt Neuss in eine gute Zukunft führen.

Stadt-Kurier: Haben Sie weitere politische Talente entdeckt und gefördert?
Jakubassa: Die Neusser SPD ist in der erfreulichen Lage, viele hoffnungsvolle junge Leute in ihren Reihen zu haben. Acht davon haben wir in der vergangenen Kommunalwahl in den Stadtrat entsenden können. Leute wie Michael Ziege, Hakan Temel, Heinrich Thiel und Sarah Bührt tragen als neue Generation der modernen SPD Neuss eine Verantwortung für die Stadt. Herausragend aber ist Arno Jansen, unser Vorsitzender der SPD- Ratsfraktion und auch wirklich ein guter Kamerad, weil wir beide auch lebensfrohe Rheinländer und nicht so verbissen und dünnhäutig sind. Ihn zeichnen Humor, Fleiß und eine Spürnase für wichtige politische Themen aus.

Stadt-Kurier: Kann Arno Jansen in den Landtag einziehen?
Jakubassa: Nicht über die Liste. Hat er auch nicht nötig, da Arno stark genug ist, Herrn Dr. Jörg Geerlings von der CDU bei der Direktwahl zu schlagen.

Stadt-Kurier: SPD und CDU liegen in den Umfragen auf Landesebene aber nahe beieinander. Hat Frau Kraft noch die Kraft, die SPD in die Regierung zu führen? Anders gefragt: Muss sich Bruder Johannes im Mai nicht im Grabe herumdrehen?
Jakubassa: Ich sehe Frau Kraft fast jeden Tag im Landtag. Ihre Bilanz nach sieben Jahren im Amt der Ministerpräsidentin kann sich sehen lassen. Die Menschen schätzen sie als fürsorgliche und mitfühlende Landesmutter. Das wird die Grundlage für einen aus meiner Sicht erfolgreichen Wahlerfolg an Muttertag 2017 sein.

Stadt-Kurier: Die jüngsten Terroranschläge und die teils aufgebrachte Stimmung gegen die Männer, die aus Nordafrika zu uns kommen, lässt auch manchen Genossen überlegen, vielleicht aus Protest die AfD zu wählen. Wie schätzen Sie die Lage ein?
Jakubassa: Bei aller tiefen Trauer über die jüngsten Terroropfer und bei aller berechtigten Sorge ist die AfD sicher keine Alternative für die Menschen in unserem Land. Sie hat gar keine Lösung für gar nichts, sondern bietet nur menschenverachtende Hetze. Unsere Demokratie ist stark genug, die verbrecherischen Teufel zu fassen und hart zu bestrafen und gleichzeitig die bedürftigen und Schutz suchenden Menschen aus den Kriegsgebieten anständig und menschlich zu behandeln. Unser Innenminister Jäger ist ein Garant für Sicherheit und Ordnung in unserem Land. Vor allem gegen Muslime darf es keinen verallgemeinerten Generalverdacht geben. Von meiner palästinensischen Ehefrau, die zur Minderheit der griechisch-syrisch-katholischen Kirche gehört, weiß ich, dass es funktionieren kann, wenn Christen und Muslime guten Willens friedlich zusammen leben.

Stadt-Kurier: In Neuss läuft es ja nach anfänglichen Schwierigkeiten ganz gut. Bei uns in der Redaktion arbeiten auch Flüchtlinge, geflohene Journalisten leisten bei uns ein Praktikum....
Jakubassa: … ja, in diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen und dem ganzen Stadt-Kurier-Team für die saubere, faire und menschliche Arbeit danken. Ohne Ihre Missstände aufgreifende Berichterstattung hätte die Politik in Neuss vieles nicht erreichen können. Wir versuchen aus der ehemals kinderunfreundlichen Stadt, wo Säuglingen der Strom abgedreht wurde, wenn die Eltern nicht zahlen konnten, eine Stadt aller Generationen und besonders eine Stadt der Kinder zu machen. Und: Der Stadt-Kurier hat dank einer hartnäckigen Artikelserie dafür gesorgt, dass alle Flüchtlinge in Neuss weiterhin schmackhafte und gesunde Mahlzeiten erhalten. Sie haben bei Behörden dafür gekämpft, damit die hier lebenden Flüchtlinge auch weiterhin ein paar Euro bekommen, was ihnen auch zusteht, damit sie sich Hygieneartikel und auch mal eine Tafel Schokolade kaufen können. Ich weiß, dass viele Flüchtlinge Ihnen sehr dankbar sind. Nicht zuletzt haben Sie dafür gesorgt, dass die muslimischen Kinder nicht monatelang in den Einrichtungen verbringen müssen, sondern wie ganz normale Kinder zur Schule gehen können. Meine Tochter, die hier in Neuss alle Aktionen des Stadt-Kuriers zum Wohle des Miteinanders aller hier lebenden Menschen verfolgt, ist sehr angetan. Ich soll Ihnen Mut zusprechen, bitte weiter so zu machen.

Stadt-Kurier: Bernhard Josef Jakubassa, Sie sind gläubiger Christ und haben mit Ihren Enkelkinder soeben eine große Kerze im Marienwallfahrtsort Kevelaer weihen lassen und vor dem Marienaltar aufgestellt. Sie bitten den lieben Gott um Gesundheit und Wohlfahrt der Menschen und auch Frieden in Neuss, Deutschland, Europa und der Welt. Sie lehren Ihre Enkelkindern das Gebet. Macht das ein guter Genosse?
Jakubassa: Jeder gute Genosse weiß, dass wir bei aller gut gemeinten und rational begründeten Politik letztendlich auch alle in Gottes Hand sind.

Stadt-Kurier: Danke für das Gespräch.

Das Interview mit Benno Jakubassa führte Frank Möll in seinem Büro im Pressehaus Neuss.