Für Liberale geht die Sonne unter Partei zerstritten wie nie +++ Neid und Missgunst bei der FDP

Neuss · Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen. Dr. Hermann Verfürth ist der Neusser Othello. Der gehässige Fähnrich Jago – nun davon gibt es viele bei den Neusser Demokraten. Sie alle haben ihrem Spitzenkandidaten den kraftvollen Einzug in den Rat der Stadt Neuss zu verdanken.

Die FDP-Fraktion Neuss scheint ein Sammelbecken von Selbstdarstellern zu sein. Jeder ist der Schönste und der Tollste. Dabei verlieren sie die Hauptsache aus dem Blick: Unser wunderbares Neuss. Jeden Abend wird die Römerstadt von der Sonne geküsst.

Foto: Foto: Michael Hesemann

Verfürth hatte zuvor der CDU das Landtagsmandat kaputt gemacht. Jetzt fallen sie ihrem Zugpferd gehässig in den Rücken. Auf dem Parteitag am Freitag kam es zu unschönen Szenen. Selbst Kreisparteichef Bijan Sarai, der schon viel erleben musste, war „geschockt“.

Eines ist klar: Dr. Heinrich Köppen hat über den von ihm installierten Vorsitzenden Michael Fielenbach eine Mehrheit gegen den Holzheimer Arzt organisieren können. Er wird wohl nicht Bürgermeister-Kandidat der FDP.

Auch nach einer fünfstündigen Diskussion gingen die 36 stimmberechtigten Mitglieder nach dem Stadtparteitag am Freitagabend ergebnislos auseinander. Klarheit soll nun ein Sonderparteitag bringen. Eine Formsache, denn die Mehrheit der FDP-Führer empfinden Verfürth als eine „Zumutung.“ Was sind die Gründe, warum er nicht aufgestellt wird?

Verfürth sorgt sich als Arzt um zu fette Journalisten und seinen Parteivorsitzenden. Dass er den Autor dieser Zeilen und auch den FDP-Chef als „adipös“ empfindet, sagt er öffentlich. Dies könnte zumindest Michael Fielenbach verletzen, der seiner bildhübschen, jungen, römischen Frau zeigen will, dass er in Neuss „etwas reißen“ kann und mit Pfefferminz´der Prinz ist.

Vor einigen Jahren soll Fielenbach den Wunsch gehabt haben, in die Neusser CDU einzutreten. Dort war schon sein damaliger Chef Gottfried Koch aktiv. Ein erfahrener Arbeitskollege riet Fielenbach ab, der Union beizutreten: „In der CDU Neuss lauern schon zu viele auf Pöstchen. FDP ist besser, da kann man was werden. Eine Kleinstpartei.“

Dass am Montag CDU-Bürgermeisterkandidat Thomas Nickel mit der FDP über eine gemeinsame Zukunft sprach, freut den konservativen Genussmenschen Fielenbach.

Ihm zur Seite steht Manfred Bodewig, der mit seinem Kameraden und langjährigen Arbeitskollegen bei 3M, Dirk Aßmuth, von der SPD in die FDP wechselte. Bodewig selbst würde vermutlich einen Machtwechsel im Rathaus gut finden und hat durchaus Sympathien für Reiner Breuer (SPD). Doch Aßmuth ist gleichzeitig Mitglied des Kreistages und dort fest an die CDU und Landrat Petrauschke gebunden, der am Freitag übrigens Gast des chaotischen FDP-Parteitages im Vogthaus war.

Der Mann, der schon in fast allen Neusser Parteien aktiv war, entwickelt sich zur zentralen Figur der Liberalen in Neuss. Aßmuth ist fleißig, betreut die liberalen Internet-Seiten und ist auf Facebook unterwegs. Sein Wort zählt. „Wir wollen das bürgerliche Lager stärken“, so der Sonnenbrillen-Träger im Brustton der Überzeugung und meint damit den CDU-Kandidaten Thomas Nickel. Bodewig folgt seinem Freund. Ob die CDU und Landrat Petrauschke oder Thomas Nickel einigen FDP-Granden irgendwelche Pöstchen versprochen haben, wenn sie den Angstgegner Dr. Hermann-Josef Verfürth verhindern, ist erst einmal zweitrangig. Es besteht ein klares Feindbild. Fielenbachs Ehefrau darf Verfürth im Internet als „Kindskopf“ bezeichnen.

„Es ist eine Unverschämtheit und ich kann das Geschwätz vom bürgerlichen Lager nicht mehr hören“, schimpft SPD-Chef Benno Jakubassa auf seine ehemaligen Genossen Aßmuth und Bodewig. „Wart ihr denn in der SPD keine Bürger, sondern erst jetzt als FDP’ler? Sind der Familienvater Reiner Breuer und seine Ehefrau keine Bürger? Diese Arroganz ist unerträglich und diffamiert einen Großteil der Neusser Bevölkerung, die nicht bei der CDU oder bei der FDP mitmachen wollen“, so der SPD-Parteichef. „Sind also mehr als die Hälfte der Neusser Proleten und nicht bürgerlich?“

Ein Beobachter der politischen Szene in Neuss hat schon viel erlebt. Doch der Vorgang in der Neusser FDP übertrifft vieles. NGZ-Redaktionschef Ludger Baten analysiert: „Verbale Entgleisungen, Unterstellungen, Rücktrittsforderungen gegen den Vorsitzenden, Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Mitgliedschaft eines Teilnehmers, handwerkliche Fehler bei der Einladung und der Tagesordnung, fehlende Belege für Parteiausgaben, 32 Mitglieder, die 2014 keine Beiträge gezahlt hatten, keine Entlastung für den Schatzmeister – so viel Unprofessionalität ist selten“, so Baten. Er nennt den Parteitag die „fünf schwärzesten Stunden in der Geschichte der Neusser FDP.“ Tröstlich für die Liberalen: Nach jedem Untergang kommt meist der Sonnenaufgang. Doch Sieger ist und bleibt immer die CDU.

(Kurier-Verlag)