Mo will seine Geschwister retten: Uschi Baum kämpft um Familienzusammenführung
Kaarst · Tote Menschen auf den Straßen, Bomben und Raketen detonieren — eine Welt in Trümmern: Das war Mos (Name von der Redaktion geändert) Heimat, die er gemeinsam mit seinem Onkel verlassen musste. Seine Familie blieb im syrischen Homs zurück, in der Hoffnung, später auch nach Deutschland kommen zu dürfen.
Die Chancen stehen gut, allerdings nur für die Kernfamilie — zu der seine fünf, sieben und elf Jahre alten Geschwister nicht zählen. Jetzt kämpfen Uschi Baum, Vorsitzende der Kaarster Flüchtlingshilfe, und der Kaarster Rechtsanwalt Jeremias Mameghani um eine Familienzusammenführung.
Als Elfjähriger kam Mo nach Kaarst, 2016 übernahm Uschi Baum die Vormundschaft. Nach einem wahren Verwaltungsmarathon bekam der Junge die volle Flüchtlingseigenschaft für drei Jahre zugesprochen. "Und mit diesem Status darf er auch seine Kernfamilie nachholen", erklärt Baum. Was jedoch kaum jemand weiß: Zur Kernfamilie gehören Eltern und ihre Kinder, nicht aber Geschwister. Damit stehen Mos Eltern vor einer schweren Entscheidung: Entweder sie lassen ihre Kinder in Syrien alleine — was sie nie tun würden und nicht möglich ist, da sich keine Verwandten mehr in Homs befinden — oder ein Elternteil kommt nach Deutschland, stellt hier einen Asylantrag, lässt sich die volle Flüchtlingseigenschaft zuerkennen und holt dann die Kernfamilie nach. "Aber das kann bis zu drei Jahren dauern", weiß Baum. Was sie nicht verstehen kann, zumal Mos Onkel, Tanten und Großeltern allesamt bereits in verschiedenen europäischen Ländern untergekommen sind und dort den vollen Schutzstatus genießen.
Ende vergangenen Jahres hat Uschi Baum den Fall in einem Schreiben an den Außenminister der Bundesrepublik Deutschland geschildert — ohne Resonanz. Auch hatte sie sich an den Landrat des Rhein-Kreises Neuss, an den NRW-Integrations- und Familienminister und den Bundespräsidenten gewandt. Jetzt kämpft sie mithilfe einer Unterschriftenaktion für die Familienzusammenführung. Baum: "Es geht mir um eine generelle Haltung für alle Familien und für alle Geschwister!" In Kaarst betrifft diese Situation drei Kinder. Und Baum weiß: "Dass Mos Geschwister nicht unter die Familienzusammenführung fallen, ist gegen die UN-Kinderrechtskonventionen!"
Einen Erfolg konnte Uschi Baum vor einigen Wochen verbuchen: Rezan, ein 14 Jahre alter Junge aus Syrien, war in Deutschland mit den Brüdern untergekommen, seine Familie über ein Flüchtlingskontingent in Kanada. Gemeinsam mit anderen Ehrenamtlern kämpfte sie erfolgreich gegen die Tücken der Bürokratie und sorgte für eine Familienzusammenführung. Allerdings auf Baums Kosten: Spenden aus der Familie, von vielen Freunden und Bekannten machten die Zusammenführung und Begleitung des Jungen auf dem Weg zu seinen Eltern möglich.
R. Retzlaff