Nepal-Initiative: Welcher Pate schenkt dieser Vollwaise eine sichere Zukunft?
Kaarst/Nepal · Sushil Gurung ist drei Monate alt. Seine Eltern sind bei den Erdbeben in Nepal ums Leben gekommen. Die Begegnung mit dem hilflosen Baby gehörte zu den bewegendsten Momenten auf der Reise von Reiner Strauss, dem Vorsitzenden der Kaarster Nepal-Initiative (KNI).
Er brachte Hilfsgüter in das Krisengebiet, fuhr über die Trümmer völlig zerstörter Dörfer, lebte mit der Gefahr, auf den Straßen unter Schlammlawinen begraben zu werden. Dennoch steht für ihn fest: Im November wird er erneut nach Nepal fliegen. Bis dahin sammelt er weiter Spenden und hofft, für den kleinen Sushil und zwei weitere Waisen Paten gefunden zu haben.
"Das bisherige Spendenaufkommen war enorm. Wir wollen nachhaltig Hilfe leisten und die Spenden dorthin bringen, wo sie auch gebraucht werden", macht Strauss deutlich. Auf dem Flughafen von Kathmandu fiel ihm ein Hangar voller internationaler Hilfsgüter auf — und der war bei seiner Abreise unangetastet. Zu schlecht ist die Infrastruktur in dem Entwicklungsland.
Kein Wunder also, dass der Kaarster Verein sich mit seinem nepalesischen Team selbst um die Verteilung der Spenden kümmert. "Wir haben die dringend benötigten Artikel in Pokhara vor Ort preiswert eingekauft und über Hilfstransporte in das Epizentrum des Erdbebens nach Ghyachchok gebracht", berichtet Strauss. Vorrangig benötigt werden Zelte, verzinkte Wellbleche, Decken und Nahrungsmittel. Aber auch Äpfel, Spielzeugautos, Kuscheltiere, Baby-Pflegesets, rund 500 Stück Seife sowie für alle Kinder eine Zahnbürste mit einer Tube Zahnpasta verteilt. Im Mittelpunkt der Mission stand der behelfsmäßige Aufbau eines Healthcare-Centers. "Den medizinischen Mitarbeitern fehlte es an Medikamenten und medizinischen Instrumenten", so Strauss. Tatkräftig unterstützt wurde die KNI durch das Hilfswerk "action medeor" aus Tönisvorst.
Ein Glücksgriff war auch die Anschaffung von 50 Solarpanels mit Batterie. "Damit können zum Beispiel Lampen betrieben werden", sagt Strauss, und auch Handys — in dieser Region gerade in Notsituationen lebensrettende Kommunikationsmittel — können aufgeladen werden: "Bisher mussten die Menschen bis zur Aufladestation je zwei Stunden hin und zurück in Kauf nehmen", berichtet Strauss.
Geldspenden werden vom KNI-Team meist nicht ausgegeben. Eine Ausnahme machte Strauss dann aber doch. Rund 50 Kinder waren dem Schulunterricht aus Scham fern geblieben, da beim Erdbeben die in Nepal übliche Schuluniform verloren gegangen war. Dank einer KNI-Finanzspritze konnte der Rektor neue Schulkleidung kaufen.
Besonders nahe ging Reinhard Strauss die Begegnung mit einer Tante, die ihm ihren Neffen vorstellte. Der kleine Sushil hatte im Alter von nur einem Monat beim Erdbeben seine Eltern verloren. Spontan sagte Strauss für die KNI zu, das Sponsoring über Paten zu organisieren, um die Zukunft des Kindes zu sichern. Für zwei weitere Vollwaisen — einen fünf Jahre alten Jungen und seine zweieinhalbjährige Schwester — mit einem ähnlichen Schicksal werden ebenfalls Paten gesucht.
"Es ist beeindruckend, wie die Nepalesi mit dem Leid umgehen, was Menschen in größter Not imstande sind auszuhalten. Und wenn sie ein europäisches Gesicht sehen, freuen sie sich — es gibt ihnen Hoffnung", ist Strauss hochmotiviert, im November erneut eine Hilfsmission in Nepal zu organisieren.