Zoff im Rat: Grüne gegen CDU +++Von „Scheinheiligkeit“ bis „Rechtspopulismus“+++
Kaarst · Das politische Klima im Kaarster Stadtrat wird immer rauer: In einem Offenen Brief an Bürgermeisterin Dr. Ulrike Nienhaus kritisieren die Grünen die "machtpolitische Nähe der CDU zur AfD", die Christdemokraten hingegen sprechen von einer "himmelschreienden Scheinheiligkeit".
Was war passiert? In der vergangenen Ratssitzung sollte mit Stimmen der Bürgermeisterin und der CDU der Vorsitzende der AfD/Zentrums-Fraktion, Christian Otte, zum Vertreter der Stadt im Aufsichtsrat der Regiobahn gewählt werden. Letztendlich ging der Posten dank des Votums von SPD, Grünen, FDP, UWG, FWG, Piraten und Linke an Josef Rütten (FWG). "Die Ratskollegen Josef Karis und Josef Rütten haben die Fraktionsgemeinschaft mit Herrn Otte nicht mehr weiterführen wollen, weil dieser sich mit eindeutig rechtslastigen Äußerungen positioniert hat. Nun ist Herr Otte Fraktionsvorsitzender der AfD/Zentrums-Fraktion und präsentiert damit auch das Gedankengut und die Haltung einer rechtspopulistischen und reaktionären Partei", heißt es in dem Offenen Brief, den die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Christian Gaumitz und Claude Köppe unterzeichnet haben. Die AfD sei darauf hinaus, "unsere Gesellschaft zu spalten, sie sät Verunsicherung und Hass. Ihre Repräsentanten hetzen gegen Andersdenkende, Ausländer und schüren ein nationalistisches Klima in unserem Land". Wie man dafür stimmen könne, dass ein Repräsentant einer solchen Partei die Stadt Kaarst vertreten und repräsentieren solle, sei den Kaarster Grünen unbegreiflich und zeuge davon, dass hier die machtpolitische Nähe zur AfD seitens der CDU gesucht werde.
"Bürgermeisterin Dr. Nienhaus und die CDU haben damit klar gemacht, wo sie ihre Verbündeten sehen und durch welche Personen sie die Stadt Kaarst repräsentiert sehen", so Gaumitz und Köppe. "Politisch verständlich, aber menschlich enttäuschend" nennt Zentrum-Ratsmitglied Christian Otte das Schreiben der Ratskollegen, die sich "offensichtlich die Verleumdungskampagne zu eigen gemacht haben, die von abtrünnigen Ex-Kollegen geführt wird." Bemerkenswert sei auch, dass die Kollegen Gaumitz und Köppe noch vor ziemlich genau zwei Jahren im Kooperationsvertrag des Fünfer-Bündnisses selbst für die Wahl von Christian Otte in die Regiobahn-Gremien eingetreten seien, wie ein Blick in die Kooperationsvereinbarung beweise. "Da ich mich nicht geändert habe und nach wie vor Repräsentant der Deutschen Zentrumspartei im Rat der Stadt Kaarst bin, kann man nur zu dem Schluss kommen, dass die politische Halbwertszeit der grünen Ansichten offensichtlich rapide abnimmt", sagt Otte, "bei aller Panik über den abnehmenden Zuspruch für die Grünen sollte jedoch ein Mindestmaß an Glaubwürdigkeit und Kollegialität nicht geopfert werden."
"An Scheinheiligkeit nicht zu überbieten", wettert der Kaarster CDU-Chef Lars Christoph gegen den Offenen Brief: "Die Grünen haben sich zum Beispiel im Bürgermeister-Wahlkampf (den Gaumitz gegen Dr. Nienhaus verloren hatte, Anm. der Redaktion) von Herrn Otte unterstützen lassen." Die Trennung der Zentrums-Partei hält er für ein "persönliches Zerwürfnis der Personen Karis und Otte, die jahrelang als politische Zwillinge unterwegs waren", so Christoph. Gaumitz solle sich lieber mit Lokalpolitik befassen, "in der sachlich-politischen Arbeit taucht er kaum noch auf."