Darum finden unsere Babies keinen Kinderarzt mehr...

Neuss · Hundewelpen und kleine Kätzchen werden in Neuss gut behandelt. Das ist auch richtig so. Menschenkindern geht es allerdings weniger gut...

Kinder, die in Neuss geboren werden, finden oft keinen Kinderarzt, der sie behandelt und zum Beispiel die U3-Untersuchung macht. Der Grund ist unfassbar.

Foto: Foto: Frank Möll

In Neuss gibt es keine Hebammen, die Termine frei haben. In Neuss klagen immer mehr Eltern, dass sie von Kinderarzt-Praxen abgelehnt werden und ihren Nachwuchs zu normalen Hausärzten schicken müssen. Mehrfach berichtete der Stadt-Kurier über diesen Missstand. SPD-Fraktionschef Arno Jansen und CDU-Gesundheitsminister Hermann Gröhe schalteten sich ein, sprachen mit der Kassenärztlichen Vereinigung. Ohne Erfolg. Die Funktionäre dort sagen: Neuss ist sogar überversorgt! Wie kann das sein, dass dann so viele Kleinkinder abgelehnt werden?

Dem Stadt-Kurier liegen jetzt Aussagen aus dem Umfeld der Institution vor. Ein Insider: „Es gibt zum Beispiel die perfekt organisierte Praxis Purczeld auf der Drususallee mit einer großen Bereitschaft, viele kleine Patienten zu betreuen, weil Kinderarzt Peter Purczeld zusätzlich mit Dr. Helena Pavlakovic eine angestellte Ärztin voll mit einbindet und sein professionelles Team die Abläufe effektiv organisiert. Doch in und um Neuss praktizieren viele Ärztinnen, die eigentlich nur aus Liebhaberei die Praxen betreiben würden, weil zum Beispiel ihre Ehemänner viel Geld verdienen. Diese Praxen haben, so heißt es in einer Analyse, nur einen kleinen Patientenstamm, werden aber voll in der Statistik mitgezählt. „Außerdem hat der Medizinische Dienst nun einen Kinderarzt-Platz blockiert, arbeitet aber nur stundenweise“, heißt es aus gut unterrichteten Kreisen. CDU-Fraktionschefin Helga Koenemann sieht die Kassenärztliche Vereinigung kritisch, die den Markt abschottet und gegen den freien Wettbewerb von Ärzten alles steuern will. „Wir Rechtsanwälte haben eine solche Vereinigung ja auch nicht und müssen uns frei am Markt behaupten.“ Fachleute fordern nun, dass bei der Quote auch die Leistungsbereitschaft der Kinderarzt-Praxen mit in die Bewertung nach dem tatsächlichen Bedarf einfließt.

Frank Möll

(Kurier-Verlag)