Helfer brauchen Hilfe: Auch im Sommer haben Obdachlose großen Hunger

Neuss · Die Gruppe von "Neuss packt an" schlägt Alarm. Denn die Zahl der Obdachlosen ist auch in der warmen Jahreszeit nicht gesunken. Hilfe wird weiterhin benötigt und die Ehrenamtler sind dringend auf der Suche nach einem Raum, um Sachspenden unterzubringen.

Regelmäßig verteilt die Gruppe von „Neuss packt an“ Sachspenden an Obdachlose in Neuss.

Foto: Foto: Violetta Buciak

Es ist ein Thema, das meist im Winter aufkocht. Wenn es auf die Weihnachtszeit zugeht und es draußen kalt wird, wächst die öffentliche Aufmerksamkeit und Bereitschaft zu helfen. Im Sommer macht sich dagegen häufig der Irrglaube breit, dass Wohnungslose versorgt seien oder sie werden schlichtweg vergessen. "Dabei haben Obdachlose auch jetzt Hunger", macht Martina Engels von "Neuss packt an" deutlich, dass sie und die anderen Ehrenamtler alle Hände voll zu tun haben.

Dank der harten Arbeit der engagierten Gruppe gibt es regelmäßig großzügige Sachspenden, auch diverse Unternehmen beteiligen sich inzwischen an der guten Sache. Doch in einem Punkt kommt das Team von "Neuss packt an" einfach nicht voran. "Wir brauchen ganz dringend einen Raum, damit wir die Sachspenden lagern können. Momentan stehen unsere Keller und Garagen voll. Das ist ein leidiger Zustand", klagt Ehrenamtler Lothar Bertrams. Wichtig sei die Nähe zur Innenstadt, da die Truppe dort regelmäßig warme Kleidung, frische Mahlzeiten und Drogerieartikel an die Bedürftigen verteilt. Erst gestern versorgten die Ehrenamtler erneut Obdachlose. Im Schnitt nutzen rund 20 Personen das Angebot — egal ob im Sommer oder im Winter.

Ein Highlight für die Helfer war die großzügige Spende des Arbeitskreises Moselstraßen-Fest. "Da wir unser Ziel — die Moselstraße bekannter zu machen — erreicht haben, haben wir gemeinsam beschlossen, das Projekt zu beenden und das übrige Geld für einen guten Zweck zu spenden", so Werner Krause, Vorstandschef der Firmengemeinschaft Moselstraße. Vorstandsmitglied Uwe Birkenstock hatte die Idee, die Truppe von "Neuss packt an" zu unterstützen. Ein stolzer Betrag von 8.100 Euro soll die Raumsuche nun erleichtern. "Notfalls sind wir auch bereit, die Miete aus der eigenen Tasche zu bezahlen. Ein kostenloser Raum wäre natürlich am schönsten", so Bertrams. Derweil werden auch die Lokalpolitiker aktiv. Die Arbeitsgruppe "Wohnungs- und Obdachlosigkeit in Neuss" tagte bereits zwei Mal und hat seine nächste Sitzung im Oktober. Ideengeber Vincent Cziesla von den Linken berichtet über gute Fortschritte. "Hauptthema ist aktuell die Prävention. Wir wollen den Trend stoppen, dass mehr und mehr Menschen ihre Wohnungen verlieren und haben bereits Gespräche mit diversen Verbänden geführt, sodass wir sehr zuversichtlich sind", so der Ratsherr.

Beispielsweise soll nach Möglichkeiten gesucht werden, wie die Stadt bei der angespannten Wohnungslage schneller und besser vermitteln kann, sodass Wohnungslose wieder höhere Chancen haben, eine feste Bleibe zu finden. Und auch die Obdachlosenunterkunft bleibe im Blick der Lokalpolitik. Jetzt im Sommer sei die Einrichtung Hin und Herberge im Schnitt mit circa 30 bis 35 Personen belegt, wie die Stadtverwaltung auf Stadt-Kurier-Anfrage mitteilt. Durch den Umzug im vergangenen Jahr in das größere Gebäude am Derendorfweg 8 standen zunächst 50 Bettplätze zur Verfügung. Diese wurden zwischenzeitlich auf 60 Plätze erweitert. Hoffnung macht auch das Statement von Peter Fischer, Pressesprecher der Stadt Neuss: "Der Bürgermeister hat weiteres Personal für die Einrichtung bewilligt. Darüber hinaus erarbeiten wir derzeit ein neues Konzept, das wir in Kürze vorstellen werden."

(Kurier-Verlag)