Eklat im Seniorenbeirat: Fünf gewählte Mitglieder legen ihr Mandat nieder
Kaarst · Der Seniorenbeirat der Stadt Kaarst steht vor einem großen Umbruch: Fünf der acht von den Bürgern gewählten Vertreter haben mit sofortiger Wirkung ihr Mandat niedergelegt. Damit bleiben nur noch Gerda Linden und Renate Dübbers als Volksvertreter in diesem Gremium.
Der Grund für diesen Wandel: Es hatten sich offenbar zwei Lager gebildet, für die eine konstruktive Zusammenarbeit unmöglich war.
Der Vorsitzende Josef Johnen, Karin Neumann, Anna Pöggeler, Cornelia Schlabbers und Helmut Schmitz hatten gut eineinhalb Jahre nach der Wahl die Notbremse gezogen: "Die Zwietracht in dem Gremium wurde immer schlimmer", so Anna Pöggeler. Das Quintett und das Duo werfen sich gegenseitig mangelnde Neutralität und Kooperationsbereitschaft, schlechte Informationspolitik und mehr vor. Karin Neumann: "Kooperative Gespräche waren nicht mehr möglich, es gab unüberbrückbare Differenzen." Das sehen alle Zurückgetretenen so: "Wir haben unser Amt sehr gerne mit Freude und Elan ausgeführt; doch jetzt ist uns die Lust vergangen", so Pöggeler.
Renate Dübbers und Gerda Linden wollen sich auf jeden Fall weiter im Seniorenbeirat engagieren. "Weil ich von der Wichtigkeit des Kaarster Seniorenbeirates überzeugt bin", weiß Dübbers. Und Gerda Linden erklärt: "Einige Nachrücker haben mich schon angerufen und freuen sich auf eine konstruktive und partnerschaftliche Zusammenarbeit. Mir ist es wichtig nach vorne zu sehen und die Vergangenheit ruhen zu lassen."
Wie geht es jetzt weiter? Die Stadtverwaltung wird bei den Nachrückern in den jeweiligen Wahlbezirken anfragen, ob sie ihren Posten im Seniorenbeirat einnehmen möchten. Werden nicht ausreichend Nachrücker gefunden, muss die Verwaltung klären, ob das Gremium aufgelöst werden muss oder ob Neuwahlen organisiert werden müssen.
Theo Thissen, Vorsitzender der Senioren-Union Kaarst, macht deutlich, dass die Seniorenarbeit in der Stadt Kaarst von den 19 Gruppierungen ohne Parteien hervorragend gemanagt worden sei. "Wenn Menschen in Not sind und sich hilfesuchend an uns wenden, werden wir sie an den Seniorenbeauftragten der Stadt Kaarst, Hans-Dieter Schmitz, oder an die Stadtverwaltung weiter verweisen. Dort erhalten sie stets gute Unterstützung." So werde man auch weiter den Seniorenbeauftragten unterstützen. Im Seniorenbeirat beobachtete Thissen "von Beginn an interne Schwierigkeiten".
Das sieht auch Marianne Michael-Fränzel, Sprecherin der Grünen Alten in Kaarst, so: "Es gab von Beginn an keine Harmonie in diesem Gremium." Sie sieht den Umbruch im Seniorenbeirat "als Neuanfang, wir müssen nach vorne schauen und sehen, wie wir es künftig besser machen können." Michael-Fränzel setzt Hoffnungen auf ein geplantes Gespräch mit Vertretern von Grünen, SPD, FDP und UWG. "Wir wollen alles tun, was in unserer Macht steht, damit Nachrücker gefunden werden. Der Seniorenbeirat muss bleiben — er ist das Kind von Grünen und FDP."
Auch Beate Kopp von den Liberalen Senioren nimmt Stellung: "Als Zuhörer bei einigen Seniorenbeiratssitzungen konnte ich mich von der nicht mehr von Vertrauen getragenen, aggressiven Arbeitsatmosphäre in diesem Gremium überzeugen. Wir wünschen uns zukünftig als Vorsitzenden des Seniorenbeirates eine Persönlichkeit, die in der Lage ist, die unterschiedlichen Kompetenzen, Talente und Temperamente der ehrenamtlich tätigen Mitglieder zusammenzuführen — ohne Ausgrenzung einzelner." Der Seniorenbeirat müsse — wie alle anderen Ausschüsse auch — von Anerkennung und Wertschätzung getragen werden sowohl von der Bürgermeisterin, der Verwaltung, dem Stadtrat, allen Parteien und der Bürgerschaft, um erfolgreich arbeiten zu können. "Eine Qualifizierung der Seniorenbeiräte zu einer erfolgreichen Teambildung und zur konfliktfreien Kommunikation sehen wir als Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Neustart an", so Kopp. Kaarst brauche einen Seniorenbeirat, um die dringenden seniorenpolitischen Herausforderungen, die auf die Stadt zukommen, aus der Sicht der Senioren zu lösen. Kopp: "In Kaarst ist fast jeder Dritte heute schon über 60 und der Anteil der über 80-Jährigen steigt überdurchschnittlich an. Deshalb ist es wichtig, dass gewählte Interessenvertreter aus dieser Altersgruppe teilhaben und mitbestimmen können an der Gestaltung ihrer Stadt. Die politischen Parteien allein nehmen die besonderen Seniorenthemen wie Pflegeprojekte, Pflegekräftemangel, Initiativen zur Unterstützung pflegender Angehöriger durch Ehrenamtler, Wohnen im Alter, Quartiersentwicklung sowie Mobilität im Alter nicht konsequent in den Fokus, wie wir aus der Vergangenheit wissen."
Rolf Retzlaff