CDU trotz historischer Verluste stärkste Kraft im Wahlkreis Deutschland hat gewählt: So haben die Neusser entschieden
Neuss · Deutschland hat gewählt – wie die Regierung der nächsten vier Jahre aussehen wird, ist noch unklar. Massiv Wähler hat die CDU nicht nur bundesweit, sondern auch in Neuss verloren – dennoch hat die CDU in 22 von 29 Neusser Kommunalwahlbezirken die Mehrheit errungen und Hermann Gröhe konnte sich erneut das Direktmandat sichern. Die SPD – die sich die übrigen sieben Wahlbezirke sicherte – und die Grünen haben auch hier deutlich zugelegt. Das Amt für Wirtschaftsförderung der Stadt Neuss hat analysiert, wie sich die Neusser Wähler entschieden haben.
Laut vorläufigem Endergebnis der 20. Bundestagswahl kommt die SPD als stärkste Kraft auf 206 gewonnene Sitze und 25,7 Prozent der Zweitstimmen (+5,2 Prozentpunkte im Vergleich zu 2017), die CDU kommt als zweitstärkste Partei auf 196 Sitze und 24,1 Prozent (-8,9 Prozent im Vergleich zu 2017). Drittstärkste Kraft sind die Grünen (118 Sitze, 14,8 Prozent, +5,8 Prozent), dahinter liegt die FDP (92 Sitze, 11,5 Prozent, +0,7 Prozent), darauf folgt die AfD (83 Sitze, 10,3 Prozent, -2,3 Prozent). 39 Sitze und 4,9 Prozent der Zweitstimmen (-4,3 Prozent im Vergleich zu 2017) sicherten sich die Linken, die sonstigen Parteien kamen auf 8,7 Prozent (+3,8 Prozent), ein Sitz im Parlament geht an den Südschleswigschen Wählerverband (SSW).
Im Rhein-Kreis Neuss sah die Verteilung leicht verändert aus: Im Wahlkreis Neuss I (also alle Wähler aus Neuss, Dormagen, Grevenbroich, Rommerskirchen) bleibt die CDU stärkste politische Kraft und holte sich das Direktmandat für Hermann Gröhe mit 35,78 Prozent (2017: 44 Prozent) der Erststimmen – auch wenn die CDU im Vergleich zur Vorwahl deutlich an Stimmen verloren hat. Daniel Rinkert (SPD) kam auf 32,01 Prozent (2017: 28,6 Prozent), Petra Schenke (Grüne) auf 11,24 Prozent (2017: 5,1 Prozent). Bei den Zweitstimmen war die CDU im Wahlkreis mit 29,9 Prozent stärkste Kraft (2017: 35,9 Prozent). Die SPD erreichte 27,2 Prozent (2017: 23,6 Prozent), die Grünen 13,6 (2017: 6 Prozent. Die FDP kam auf 12,6 Prozent (2017: 14,9 Prozent. Die AfD erreichte 7 Prozent (2017: 9,4 Prozent), die Linke 3 Prozent (2017: 6,2 Prozent).
Obwohl die CDU, ähnlich wie im Bundestrend, auch im Rhein-Kreis stark verloren hat – nämlich ganze 8,2 Prozentpunkte bei den Erststimmen und 6 Prozentpunkte bei den Zweitstimmen, das ist ihr historisch schlechtestes Ergebnis seit der ersten Bundestagswahl 1949 –, bleibt sie stärkste Kraft. Weitere Verlierer sind die AfD und die Linken. Deutlich zulegen konnten vor allem die Grünen (6,1 Prozentpunkte bei Erst- und 7,6 Prozentpunkte bei Zweitstimmen), SPD (3,4 Prozent der Erst- und 3,6 Prozent der Zweitstimmen) und – zumindest bei den Erststimmen – die FDP (0,9 Prozent plus, aber 2,3 Prozentpunkte weniger bei den Zweitstimmen).
Charlotte Hohn, Leiterin der Abteilung Statistik und Stadtforschung des Neusser Amts für Wirtschaftsförderung, hat die Nacht durchgearbeitet, um die Wahlergebnisse in der Quirinusstadt zu analysieren. Sie verrät: „Was mich etwas überrascht hat, war die Wahlbeteiligung. Die lag in der Stadt Neuss bei 74,3 Prozent, ich war von 71 oder 72 Prozent ausgegangen“, freut sich Hohn. Das Ergebnis sei zwar besser als bei beiden vorherigen Bundestagswahlen, also 2017 und 2013 – „es ist die höchste Wahlbeteiligung bei einer Wahl in Neuss seit 2005!“ –, aber es gebe immer noch viele Nicht-Wähler.
Wenn man die Stimmen der Parteien nicht wie üblich auf die Summe aller abgegeben Stimmen, sondern auf die Anzahl der Wahlberechtigten anlegt, ist die sogenannte „Partei der Nichtwählenden“ immer noch die stärkste Kraft. In Neuss waren 108.326 Menschen wahlberechtigt, von denen 80.499 Neusser von diesem Recht auch Gebrauch machten. Beim Anteil an Briefwählern konnte die Stadt Neuss ihren Rekord der Kommunalwahl 2020 (47,1 Prozent) noch mal steigern: Ganze 51,2 Prozent der Neusser Wähler gaben ihre Stimme per Briefwahl ab.
„Das ist natürlich unter anderem der Pandemie geschuldet“, weiß Hohn. Bei Wahlen vor der Corona-Pandemie hätten hauptsächlich CDU- und FDP-Wähler das Briefwahlangebot genutzt – „das verschwimmt jetzt. Auffällig ist nur, dass die Wähler von AfD und Linke den Gang an die Wahlurne bevorzugten“, so Hohn. Verschiedene Statistiker hätten das im Vorfeld vorhergesehen – unter anderem zurückzuführen auf die Nähe zu Verschwörungstheorien rund um die Sicherheit der Briefwahl, die an den Rändern größer sei.
Die CDU sicherte sich in Neuss mit den Zweitstimmen ihre klassischen Hochburgen – so erzielte sie ihre höchsten Anteile in Hoisten (36,1 Prozent), Grefrath/Holzheim Nord (34,3 Prozent) und Holzheim (33,2 Prozent). Dafür konnte die SPD überdurchschnittliche Stimmenanteile in Weckhoven (30,4 Prozent), Derikum (30 Prozent) und Berliner Platz sowie Neusserfurth (jeweils 29,9 Prozent) einfahren. Die FDP war am stärksten in Uedesheim (14,8 Prozent), Rosellen (14,2 Prozent) und Hoisten sowie Stadtmitte (je 14 Prozent). Die AfD schnitt in Erfttal (13,2 Prozent) und Neusserfurth (10 Prozent) am besten ab. „Hochburg“ der Grünen ist der Wahlbezirk Stadtmitte (20,2 Prozent), gefolgt von Obererft/Meertal (19,5 Prozent) und Dreikönigenviertel/Pomona (19,4 Prozent). Die Linken waren am erfolgreichsten am Berliner Platz (5,8 Prozent) und Hermannsplatz (5,3 Prozent).
Und so haben die Neusser – ohne den restlichen Wahlkreis, also Dormagen, Grevenbroich und Rommerskirchen – gewählt:
Erststimmen:
CDU: 36,3 Prozent (2017: 44 Prozent; 2013: 52,3 Prozent)
SPD: 30,7 Prozent (2017: 27,3 Prozent; 2013: 28,7 Prozent)
FDP: 7,4 Prozent (2017: 7,2 Prozent; 2013: 2,3 Prozent)
AfD: 6,5 Prozent (2017: 8,6 Prozent; 2013: 2,8 Prozent)
Grüne: 12,6 Prozent (2017: 5,7 Prozent; 2013: 5,5)
Linke: 3,0 Prozent (2017: 6,1 Prozent; 2013: 4,3 Prozent)
Sonstige: 3,5 Prozent (2017: 1,0 Prozent; 2013: 4,1 Prozent)
Zweitstimmen:
CDU: 29,6 Prozent (2017: 35,4 Prozent; 2013: 45,4 Prozent)
SPD: 26,0 Prozent (2017: 22,2 Prozent; 2013: 26,5 Prozent)
FDP: 12,3 Prozent (2017: 15,0 Prozent; 2013: 6,4 Prozent)
AfD: 6,7 Prozent (2017: 9,4 Prozent; 2013: 4,2 Prozent)
Grüne: 15,3 Prozent (2017: 6,9 Prozent; 2013: 6,9 Prozent)
Linke: 3,3 Prozent (2017: 6,9 Prozent; 2013: 5,5 Prozent
Sonstige: 6,8 Prozent (2017: 4,2 Prozent; 2013: 5,2 Prozent)