Mit Christian Schlangen und Michael Mertens soll der Neuanfang gelingen Das Artillerie-Corps erfährt gerade eine notwendige Verjüngungs-Kur

Neuss · Christian Schlangen (39) ist der aktuelle Neusser Artilleriesieger. Der Leutnant ist von Beruf Koch und als Standortleiter Catering im Lukaskrankenhaus tätig. Er freut sich mit seiner Ehefrau Christiane und der dreijährigen Tochter Charlotte über seine neue Aufgabe – als Artillerie-Sieger und -chef.

Die Jugend nach vorne. Der 39-jährige Artillerie-Chef und -Sieger Christian Schlangen (rechts) will mit seinem Adjutanten Michael Mertens das Artillerie-Corps wieder nach vorne bringen und deutlich verjüngen. Unterstützung erhält Schlangen dabei von seiner Familie: Ehefrau Christiane und Tochter Charlotte.

Die Jugend nach vorne. Der 39-jährige Artillerie-Chef und -Sieger Christian Schlangen (rechts) will mit seinem Adjutanten Michael Mertens das Artillerie-Corps wieder nach vorne bringen und deutlich verjüngen. Unterstützung erhält Schlangen dabei von seiner Familie: Ehefrau Christiane und Tochter Charlotte.

Foto: Kurier-Verlag/Thomas Broich

Mitgliederabgänge sowie eine zu Beginn der 2000er Jahre nicht weiterentwickelte Jugendarbeit machten dem Neusser Traditonscorps zu schaffen. Doch mit Artilleriesieger Chrisitian Schlangen, der seit einigen Wochen auch Artilleriechef ist, scheint nun der richtige Mann gefunden zu sein, der das Steuer herumreißen kann. Zusammen mit Michael Mertens, dem ersten Vorsitzenden des Neusser Artillerie-Corps von 1854, erfolgte eine deutliche Verjüngung des Corps.

Auch das Team an ihrer Seite ist hoch motiviert: Nach seiner Amtseinführung ernannte Schlangen den ersten Vorsitzenden Michael Mertens zu seinem Adjutanten. Außerdem wurden folgende Chargierten aufgestellt: Fahnenoffizier Robert Bauer, Hauptwachtmeister Uwe Braun, Oberwachtmeister Torsten Braun und Wachtmeister Jakob Brockers.

Als neuer Chef möchte Schlangen in Abstimmung mit dem Vorstand vorrangig die Jugendarbeit weiter fördern sowie das Corps für die neuen Aufgaben in der Zukunft zeitgemäß aufstellen. Er wünsche sich, so Schlangen weiter, dass das Corps noch enger zusammenrückt und strebt eine gesunde Kombination zwischen Jung und Alt an.

Schlangen kommt aus einer schützenaffinen Familie. Er begann als Edelknabe, bevor er als Falkner und Fahnenschwenker in der Jägerfahnenkompanie den Weg zur Artillerie fand. Für das Projekt „Verjüngung“ ist er damit der ideale Kandidat, denn schließlich kennt er das Schützenwesen von Kindesbeinen an. Auch das Artillerie-Corps ist ihm so vertraut wie die eigene Familie. Obwohl er noch nicht einmal das 40. Lebensjahr erreicht hat, stellt er bereits zum zweiten Mal den Corpssieger. Seine Premiere als Regent hatte er im Jahr 2011.

Damit ist er ein gutes Vorbild für die Neu-Artilleristen – seit dem vergangenen Schützenfest sind acht junge Leute zwischen 16 und 25 Jahren neu zum Corps gestoßen und das war auch dringend nötig.

 Christiane und Christian Schlangen sind das Artillerie-Siegerpaar des Neusser Schützenregimentes.

Christiane und Christian Schlangen sind das Artillerie-Siegerpaar des Neusser Schützenregimentes.

Foto: Kurier-Verlag/Thomas Broich

Christian Schlangen: „Wir mussten in der jüngeren Vergangenheit leider viele Abgänge verzeichnen. Teils aus Altersgründen, teils aus beruflichen Gründen – und Corona hat sein übriges dazu getan. Aber man muss betonen, dass niemand im Streit gegangen ist. Trotzdem war das Corps ernsthaft in Gefahr. Ich muss leider zugeben, dass man lange Zeit den Fehler gemacht hat, sich nicht um den Nachwuchs zu bemühen.“

Adjutant Michael Mertens, der auch seine Enkel zur Artillerie geholt hat, ist begeistert vom Enthusiasmus der Jugendlichen: „Ihre Begeisterung ist ansteckend! Sie haben sich von Anfang an voll eingebracht. Sie haben unser Biwak im Rosengarten nahezu in Eigenregie geschmissen und dank ihnen ist das Artillerie-Corps mittlerweile auch in den Sozialen Medien wie zum Beispiel bei Instagram zu finden.“

Mit den jugendlichen Neuzugängen verstärkt sich auch das familiäre Profil der Artillerie. Michael Mertens: „Das Gemeinschaftsgefühl ist das Wichtigste. Bei uns sollen alle Altersstufen und Berufsgruppen zusammenkommen. Wir haben Handwerker, Auszubildende, Soldaten, Studenten und viele mehr in unseren Reihen. Niemand muss bei uns reiten können, geschweige denn ein eigenes Pferd haben. Aus irgendeinem Grund haben die Artilleristen den Ruf, eine elitäre Gemeinschaft zu sein. Ich weiß nicht, warum das so ist. Möglicherweise eben, weil wir so ein enges Verhältnis zueinander haben. Dabei kann jeder bei uns mitmachen, der Interesse hat und der zu uns passt. Beruf, Religion und Ethnie sind dabei vollkommen egal. Wir geben auch jede Form der Unterstützung, die nötig ist. Man muss nur mit uns reden.“

Michael Mertens betont darüber hinaus: „Wir freuen uns natürlich, wenn jemand aufs Pferd möchte, doch das ist keine Voraussetzung. Aktuell spielen drei der neuen Jugendlichen mit dem Gedanken, in Zukunft auch auf das Pferd zu steigen. Dazu brauchen sie natürlich auch die nötigen Reitstunden im Vorfeld. Diese Ambitionen unterstützen wir - auch finanziell. Wenn das Geld fehlt, sorgen wir für einen Sponsor. Das gilt auch für die Uniform.“

Der Weg zurück zu alter Größe ist damit also geebnet. Zu Spitzenzeiten hatte die Artillerie 38 Mitglieder, davon 16 Reiter. Auf dem Tiefpunkt war das Korps auf 21 Mitglieder geschrumpft. Das Ziel von Christian Schlangen und Michael Mertens sind mindestens 30 Artilleristen in näherer Zukunft.

In ihrem zweiten Siegerjahr tun Christian und Christiane Schlangen alles dafür, weiterhin Werbung für ihre „zweite Familie“ zu machen. Nicht nur als Siegerin, sondern auch als Artilleristen-Gattin ist Christiane unverzichtbarer Bestandteil des Corps, denn auch die Frauen der Gemeinschaft sind eine homogene Einheit. Auch Christianes Vater ist Mitglied der Artillerie, so dass es auch ihr großes Interesse ist, die Gruppe zusammenzuhalten.

Um einen Nachfolger als Reitersieger muss sich Christian Schlangen übrigens keine Sorgen machen: Momentan stehen gleich drei Bewerber in den Startlöchern. Schlangen: „Es ist gut, wenn es einen Anwärter gibt und über zwei sind wir sehr glücklich – aber drei sind natürlich ideal!“