Zum Tag der Deutschen Einheit
Neuss/Kaarst · "Die Bilanz aus 25 Jahren deutsche Einheit kann sich sehen lassen und ist ein stabiles Fundament für die Zukunft unseres Landes." Zum 25. Jahrestag der Deutschen Wiedervereinigung zieht Landrat Hans-Jürgen Petrauschke ein positives Resümee und teilt die Auffassung von Kanzlerin Angela Merkel, dass der Aufbau Ost insgesamt gelungen ist.
"Heute ist es für uns alle Alltag, in einem vereinten Deutschland zu leben", betont Petrauschke die Bedeutung des 3. Oktober als Gedenktag. "Ein großer Teil unserer Bevölkerung hat die Teilung bereits nicht mehr erlebt und weiß nur wenig darüber, unter welchen Repressionen die Menschen in der DDR zu leiden hatten und wie beklemmend die Grenze war, die nicht nur Deutschland, sondern Europa teilte."
Dass Deutschland die Einheit friedlich wiedererlangte, dass die Deutschen heute ein Leben in Recht und Freiheit für alle haben, das verdanken sie, so der Landrat, einer couragierten Bürgerbewegung und Politikern, die die Gunst der Stunde zu nutzen wussten. Die damit verbundenen Umbrüche brachten eine Zäsur in der deutschen wie der europäischen Geschichte — der so genannte Eiserne Vorhang, der den Kontinent seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs getrennt hatte, verschwand.
Mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik am 3. Oktober 1990 war es aber nicht getan. Eine große Aufgabe war zu bewältigen: die Einheit in den Lebensverhältnissen zu schaffen, Wirtschaft und Infrastruktur der neuen Bundesländer zu modernisieren. Viel Aufbau- und Verständigungsarbeit ist seit den Umbrüchen von 1989/1990 auf allen Ebenen geleistet worden. Auch der Rhein-Kreis Neuss war dabei. So vermittelte ihm im Juni 1990 die nordrhein-westfälische Staatskanzlei den damaligen Kreis Perleberg in Brandenburg als Partner.
"Mit der Einrichtung einer Beratungsstelle wurde der Anfang gemacht", erinnert sich Landrat Petrauschke an die Hilfe des Rhein-Kreises Neuss zum Aufbau einer neuen Verwaltungsstruktur in Perleberg, heute Kreis Prignitz. "Eine leistungsfähige Verwaltung in den neuen Bundesländern war eine zentrale Voraussetzung für gleichwertige Lebensbedingungen. Und dabei gab es nicht nur Lehrende auf der einen und Lernende auf der anderen Seite. Wir haben damals alle gelernt und sind Freunde geworden."
Die Trennlinie zwischen attraktiven und strukturschwachen Regionen verlaufe längst nicht mehr entlang der alten Grenze zwischen Bundesrepublik und DDR, sondern quer durch alle Bundesländer. "Ein neuer Solidarpakt wird deshalb für strukturschwache Gegenden in ganz Deutschland gelten müssen", mahnt Petrauschke an. Das heißt für ihn: "Die Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, sie sind gesamtdeutsche Herausforderungen."
Dazu gehöre auch die Bewältigung des anhaltenden Zustroms von Flüchtlingen als größte nationale Herausforderung seit der Einheit. "Das, was wir jetzt erleben, ist eine akute Krise, die unsere Gesellschaft für längere Zeit auf eine harte Belastungsprobe stellen wird", sagt Landrat Hans-Jürgen Petrauschke. "Die Menschen, die vor politischer Verfolgung oder Bürgerkriegen geflohen sind, verdienen unsere Hilfe und unser Mitgefühl. Aber neben dem Willkommen müssen wir auch langfristig noch viele Herausforderungen meistern, wenn die Integration gelingen soll — in Kitas, Schulen, Ausbildung und Beruf. Aufgaben, die wir nur gemeinsam gesellschaftlich schultern können."
In diesem Zusammenhang bezieht Petrauschke auch klar Stellung für Toleranz und gegen Ausgrenzung: "Unabhängig von den Motiven vieler Flüchtlinge: Fremdenfeindlichkeit hat bei uns im Rhein-Kreis Neuss keinen Platz." Deutschland habe, so Petrauschke, in der Vergangenheit erfahren, in welchen Abgrund die Missachtung jeglicher Menschenrechte führen könne. Zu seiner Geschichte gehörten aber immer auch Menschen, die für Freiheit und Demokratie kämpfen. "Wenn wir heute auf 25 Jahre deutsche Einheit zurückblicken, dann sehen wir, was wir zusammen erreicht haben und wie viel wir gemeinsam leisten können. Das ist ein gutes Fundament, auf das wir weiter bauen können."