Chancen und Perspektiven im Rhein-Kreis Neuss „2023 war ein schwieriges Jahr für Unternehmen“

In seinem Gastbeitrag spricht Jürgen Steinmetz, IHK-Hauptgeschäftsführer am Mittleren Niederrhein, Klartext. Der deutschen Wirtschaft stehen 2024 schwierige Zeiten bevor, doch er macht auch Mut.

IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz.

Foto: Kurier-Verlag/Thomas Broich

Wir sollten nichts schönreden: 2023 war für unsere Unternehmen ein ausgesprochen schwieriges Jahr. Und ich rechne damit, dass 2024 ebenfalls herausfordernd wird. Dennoch gibt es auch Grund für Optimismus. Was mich zuversichtlich stimmt ist, wie unsere Unternehmen mit Entschlossenheit und Ideenreichtum die Herausforderungen angehen.

Auch unsere Konjunkturanalysen und Befragungen zeigen, dass es allen Krisentendenzen zum Trotz auch positive Trends gibt. Einerseits sind die konjunkturellen Aussichten derzeit trüb, die Industrieumsätze sinken, und die Zahl der Insolvenzen hat zugenommen. Andererseits sind die sehr pessimistischen Erwartungen angesichts einer drohenden Gasmangellage im Herbst 2022 nicht eingetreten, der Arbeitsmarkt bleibt aufgrund des Fachkräftemangels weitgehend stabil, und die Gewerbesteuer sprudelt vielerorts.

Leider sind die Industrieumsätze von insbesondere im Rhein-Kreis wichtigen Industriebranchen von Januar bis September im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken: Sowohl die Metallerzeuger und -verarbeiter als auch die Chemische Industrie mussten in der Region Einbußen von jeweils 17 Prozent hinnehmen. Dagegen meldete das Ernährungsgewerbe eine Umsatzsteigerung von 20 Prozent.

Auch die Insolvenzzahlen sind vor dem Hintergrund der hohen Kosten für die Unternehmen und der lahmenden Konjunktur zuletzt wieder angestiegen. In den ersten drei Quartalen verzeichneten die Statistiker von IT.NRW 93 Unternehmensinsolvenzen und damit 20 mehr als im vergangenen Jahreszeitraum.

Dass vor diesem Hintergrund in vielen Rathäusern im Rhein-Kreis ernsthaft über die Erhöhung von Gewerbe- und Grundsteuer debattiert wird, ist besorgniserregend. Weitere Belastungen schaden den ohnehin gebeutelten Betrieben und schwächen die Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandorts insgesamt. Lobenswert dagegen sind die Pläne von Kommunen im Rhein-Kreis, höhere Gewerbesteuererträge durch die Ausweisung von zusätzlichen Gewerbeflächen zu generieren.

Ebenfalls erfreulich ist, dass die lahmende Konjunktur bislang wenig Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hat. Die Arbeitslosigkeit im Rhein-Kreis Neuss lag im November mit 5,5 Prozent genau auf dem Vorjahreswert. Die aktuellsten Beschäftigungsdaten aus dem März weisen zudem darauf hin, dass die Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse weiter steigt. Die Unternehmen spüren den Fachkräftemangel. Sich angesichts der schlechten Konjunktur von Mitarbeitenden zu trennen, ist für viele Unternehmen das letzte Mittel, um Kosten zu reduzieren.

Viel wichtiger als ein kurzfristiges Wiederanspringen der Konjunktur ist, dass wir die Probleme angehen, die dafür sorgen, dass wir im internationalen Vergleich an Wettbewerbsfähigkeit verloren haben. Das sind vor allem die hohen Energiepreise , die überbordende Bürokratie und die marode Verkehrsinfrastruktur.

Das Jahr 2024 kann zum Jahr der Wende zum Besseren werden – wenn die strukturellen Probleme endlich angegangen werden. Wir brauchen spürbare Verbesserungen und den Willen zu Veränderungen, keine weiteren Sonntagsreden.