Die Bilder zur Wahlnacht in Neuss Katerstimmung bei den Etablierten — Nur zwei Kreis-Kandidaten im Bundestag
Neuss · Selten gibt es an einem Wahlabend so viele lange Gesichter. Sowohl CDU als auch SPD fuhren herbe Verluste ein, stattdessen konnte die AfD deutliche Gewinne einfahren. Einen Tag nach der Wahl herrscht bei den Etablierten Katerstimmung.
Sie waren eigentlich die Gewinner des Abends und doch waren sie nicht in Feierlaune. Zwar wurde die CDU mit 44 Prozent der Erststimmen in Neuss erneut stärkste Kraft. Dennoch hat Hermann Gröhe im Gegensatz zu 2012 acht Prozentpunkte verloren. Mit Blick auf den Zuwachs der Alternative für Deutschland betonte dieser, auf die Protestwähler zugehen zu wollen. "Wir müssen die Sorgen der Menschen ernst nehmen. Rechtsextremistischem Gedankengut erteilen wir jedoch eine klare Absage", so Gröhe.
Nur bei der SPD herrschte an diesem Abend noch schlechtere Stimmung. "Das Ergebnis ist eine Katastrophe", schimpfte Marc Vanderfuhr. "Es ist eine schwere Stunde, ich bin tief getroffen", schreibt Daniel Rinkert am Morgen nach der Wahl auf seiner Facebookseite. Bis in den Abend zitterte der 29-Jährige um den Einzug in den Bundestag. Am Ende hat es nicht gereicht — trotz 27,31 Prozent aus Neuss. "Ein Achtungserfolg", bescheinigten ihm seine Parteikollegen.
Jetzt heißt es Aufarbeiten, sowohl bei der CDU als auch bei der SPD. "Ein ;Weiter so' kann es nicht geben. Wir müssen intensiv über die Ergebnisse sprechen und das Geschehene aufarbeiten. Das Erstarken der AfD gibt uns große Verantwortung", sagte CDU-Landtagsabgeordneter Dr. Jörg Geerlings am Wahlabend. Bei der Mitgliederversammlung am 18. Oktober soll das Abschneiden der CDU vom Wahlexperten analysiert werden. Die Mitglieder der Neusser SPD dagegen halten den Schritt, in die Opposition zu gehen, für absolut richtig. "Die Große Koalition wurde abgewählt. Es ist richtig, dass wir unsere Konsequenzen daraus gezogen haben", resümierte Rinkert.
Weitere Stimmen der Neusser zur Bundestagswahl
Arno Jansen, SPD: "Heute Abend ist klar geworden: Die goldenen Jahre der Neusser CDU sind vorbei. Bei der Bürgermeisterwahl 2020 wird Herr Geerlings sehen, wo der Hammer hängt!"
Sven Schümann, CDU: "Wir müssen selbstkritisch sein, hätten klare Kante wie im Landtag zeigen müssen und mehr auf Themen eingehen sollen."
Thomas Kaumanns, CDU: "Natürlich waren es die Themen Flüchtlingspolitik und Innere Sicherheit, mit denen die AfD auf Stimmenfang ging. Die Partei hat sich aber selbst entlarvt, als sie Höcke mit seinen rechtsradikalen Äußerungen nicht rausgeschmissen hat."
Reiner Breuer, SPD: "Die SPD wurde von einer Kanzlerin Merkel aufgesogen. Der Schritt in die Opposition ist absolut richtig. Wir dürfen so wichtige Themen wie Soziale Gerechtigkeit nicht so Luftikussen wie Lindner überlassen."
Stefan Crefeld, CDU: "Die AfD bietet nur Parolen, aber keine Lösungen. Die haben wir, indem wir die Polizei stärken und Videoüberwachung ausweiten wollen."
Benno Jakubassa, SPD: "Ich befürchte, dieses Ergebnis markiert den Beginn einer grundlegenden Änderung in der Republik. Das Abschneiden der AfD macht mir mehr Sorgen als alles andere."