Neusser Premiere: Jüdischer Rabbi kommt zum muslimischen Fastenbrechen

Neuss · Für die einen ist es ein gewöhnlicher Termin, für die anderen eine kleine Sensation. Erstmals wird beim muslimischen Fastenbrechen im Rheinischen Landestheater ein Rabbi der jüdischen Gemeinde dabei sein.

Am heutigen Mittwoch wird das Fastenbrechen im Landestheater zelebriert. Alle Neusser sind eingeladen.

Foto: Fotos: V. Fehse / Stadt Neuss

"Damit wollen wir ein deutliches Zeichen setzen", sagt Hamdi Berdid vom Raum der Kulturen.

Seit Mittwoch, 16. Mai, fasten Muslime in Deutschland wieder vier Wochen lang. Bis zum Abend des 14. Juni verzichten die Gläubigen tagsüber auf Nahrung und Getränke. Dafür wird nach Sonnenuntergang — meist im Kreise der Familie — feierlich aufgetischt. In Neuss geht dieser Brauch sogar noch weiter. Hier ist es inzwischen seit zehn Jahren Tradition, dass alle Bürger, unabhängig von Konfession oder Nationalität, an einem gemeinsamen Fastenbrechen teilnehmen.

In diesem Jahr ist es am heutigen Mittwoch, 6. Juni, soweit. Erstmals findet die Veranstaltung im Rheinischen Landestheater (RLT), Oberstraße 95, statt — um 20.30 Uhr ist Einlass, gegessen wird ab 21.48 Uhr, zum Zeitpunkt des Sonnenuntergangs. Serviert wird ein buntes Buffet mit koscheren Speisen, türkischen, marokkanischen und deutschen Speisen. Dazu gibt es Wasser und Säfte.

"In den vergangenen Jahren ist das Interesse immer größer geworden", freut sich Berdid. Nachdem das Marienhaus als Veranstaltungsort zu klein geworden war, wichen die Organisatoren auf das Foyer des RLT aus, erwartet werden 150 bis 180 Personen. Inzwischen beteiligen sich neben den

Puzzlefrauen, die die Veranstaltung ins Leben gerufen haben, auch das Kulturamt der Stadt Neuss, die Bürgerstiftung Neuss und der Raum der Kulturen. Unter den Gästen ist unter anderem der Neusser Islamwissenschaftler Hakam Sukhni, der einen Impulsvortrag zum Ramadan halten wird. Ganz besonders freut sich Berdid über die Teilnahme eines jüdischen Rabbi. "Wir pflegen seit Jahren einen guten Kontakt zu der jüdischen Gemeinde. Die Zusage kam sofort", berichtet der Vorsitzende vom Raum der Kulturen. Ihm sei gerade in den heutigen Zeiten wichtig, ein klares Zeichen zu setzen. "Ich beobachte, dass bestimmte Aussagen wieder salonfähig geworden sind. A

ntisemitismus dürfen wir nicht zulassen, da dürfen wir null Toleranz zulassen", sagt Berdid. Als Moslem ärgert ihn die aktuelle Entwicklung besonders. "Ich habe nie ein Problem mit Menschen gehabt, die einen anderen Glauben haben. Es ist sogar eher so, dass ich zu Gläubigen einen leichteren Zugang finde, unabhängig von der Konfession. Leider werden in dieser Frage in den Medien oft einseitige Bilder dargestellt. In den Talkshows sitzen immer die gleichen Personen, die angeblich für die Mehrheit sprechen. Die Realität ist eine andere. Man kann nie eine gesamte Gruppe für ein Phänomen verantwortlich machen", sagt der Neusser.

Deshalb haben er und die Organisatoren des Fastenbrechens sich bewusst dafür entschieden, die Spendeneinnahmen des Abends an die Neusser Tafel zu spenden. "Das haben wir festgelegt, nachdem die Diskussion um die Essener Tafel aus dem Ruder gelaufen ist. Der Verein wurde pauschal dafür verurteilt, keine Ausländer mehr aufzunehmen. Über die Hintergründe und die Schwierigkeiten der Ehrenamtler wurde dabei kaum nachgedacht" weiß Berdid.

Der Eintritt zum Fastenbrechen ist frei. Eine Anmeldung wird erbeten unter info@raum-der-kulturen.de. "Die nehmen wir auch heute noch an, sie dienen einer besseren Planung. Wir werden aber niemanden wegschicken", sagt Berdid.

(Kurier-Verlag)