Büttgener Schüler und Lehrer ausgezeichnet Ehrengabe als „Zeichen des Erinnerns“
Büttgen · Die Ehrengabe der Stadt Kaarst hat in diesem Jahr der Projektkurs der Gesamtschule Büttgen erhalten, der mit seinen Recherchen auf das Schicksal des jüdischen Arztes Dr. Winfried Selbiger in der NS-Zeit aufmerksam gemacht hat.
Die Urkunde, die künftig im Gesamtschul-Neubau hängen wird, nahmen stellvertretend für alle Beteiligten die Lehrkräfte Nadine Graber und Carl-Wilhelm Bienefeld entgegen. Die Schüler sowie Reinhold Mohr als Unterstützer erhielten von Bürgermeisterin Ursula Baum sowie ihrer Stellvertreterin Nina Lennhof eine Anstecknadel verbunden mit dem Dank der Stadt Kaarst. Der Stadtrat hatte sich in seiner Sitzung am 14. September einstimmig für die Auszeichnung des Projektes ausgesprochen. Den Anstoß zu diesem Projekt hatte Lehrerin Nadine Graber gegeben: In einem Gespräch war sie auf den Namen Dr. Winfried Selbiger gestoßen, der als Hausarzt in Büttgen praktizierte. Gemeinsam mit Carl-Wilhelm Bienefeld sowie mit Unterstützung des Schulleiters Daniel Wienold gründete sie daraufhin die Arbeitsgemeinschaft „Jüdische Geschichte in Deutschland“. Unterstützt wurde das Projekt fachlich außerdem vom Kaarster Stadtarchivar Sven Woelke, Historiker Reinhold Mohr sowie der ehemaligen Bürgermeisterin Dr. Ulrike Nienhaus. Als Resultat dieser Arbeit verlegte der Künstler Gunter Demnig gemeinsam mit den Schülern am 20. Oktober 2022 den ersten Stolperstein in Kaarst in Erinnerung an den jüdischen Arzt Dr. Winfried Selbiger vor dessen einstigem Wohnhaus am Rathausplatz in Büttgen. Der Mediziner wurde Ende Oktober 1933 von den Nationalsozialisten in Schutzhaft genommen und erhielt Berufsverbot. Bei seiner Entlassung aus der Haft erhielt er die Auflage, weder seine Praxis noch seine Wohnung zu betreten und so entschloss er sich, auszuwandern und seine persönliche Freiheit zu retten.
Bürgermeisterin Baum betonte in der Feierstunde am Dienstag: „Wir in Kaarst setzen mit der Verleihung dieser Ehrengabe ein Zeichen für das Erinnern und betonen ganz deutlich: Nie wieder!“ Dem schloss sich auch Carl-Wilhelm Bienefeld an: „Nie wieder ist heute.“ Er blickte in seiner Ansprache außerdem auf das Ziel der Arbeit im Projektkurs: „Wir wollen die Folgen des Antisemitismus über Jahrhunderte hinweg aufarbeiten. Ich bedanke mich ausdrücklich bei Reinhold Mohr, der durch seine Ausarbeitung und großartige Forschung des Lebens von Dr. Winfried Selbiger deutlich gemacht hat, dass das menschenfeindliche Handeln der Nazis auch in Büttgen, am Ort unserer Schule, Leid und Verfolgung gebracht hat. Wir sind stolz darauf, dass aus diesem Kurs der Wunsch entstanden ist, einen Stolperstein für Dr. Selbiger auf dem Rathausplatz zu verlegen und somit ein Stück um Vergebung zu bitten.“