„Das Kriegerehrenmal darf nicht zum Spielball der Politik werden“ Bruderschaft nimmt Stellung+++SPD greift Bürgermeisterin an

Kaarst · Das Kriegerehrenmal an der Ecke Maubis- / Friedensstraße ist zum Politikum geworden: Die SPD regt an, über eine Verlegung an einen „würdigeren Platz“ nachzudenken, die CDU spricht sich vehement dagegen aus (wir berichteten).

Das Kriegerehrenmal an der Ecke Maubis- / Friedensstraße: Zurzeit diskutieren Politik und Verwaltung über den Standort. Für die Schützen ist klar: Es soll dort bleiben, wo es ist.

Foto: Foto: Retzlaff

Zudem greifen die Sozialdemokraten Bürgermeisterin Dr. Ulrike Nienhaus an; sie hatte während des Kaarster Schützenfestes bei einer Rede im Festzelt Stellung zum Thema bezogen. Jetzt melden sich die Schützen zu Wort, denen das Kriegerehrenmal ganz besonders am Herzen liegt.

Bürgermeisterin Dr. Ulrike Nienhaus hat in ihrer Rede während des Schützenempfangs die Bedeutung des Standortes für das Brauchtum und das Erinnern unterstrichen: „Der Standort an einem der Hauptknotenpunkte unseres innerstädtischen Verkehrs und unweit des kirchlichen Lebens in Kaarst ist deshalb nicht nur mit Bedacht gewählt worden, er ist auch heute noch der richtige Platz des Erinnerns.“ Das brachte die SPD-Fraktionsvorsitzende Anneli Palmen auf die Palme: „Wenn die Bürgermeisterin mit Verweis auf Traditionen Denken ablehnt, ist das schwach. Traditionen müssen gewahrt und weiterentwickelt werden, so wie es auch unsere Vorfahren getan haben, sonst bewegt sich im Leben nichts mehr.“ Immerhin hätten sich die äußeren Verhältnisse deutlich verändert. Wäre das Kriegerdenkmal seinerzeit einen Steinwurf entfernt vom damaligen Rathaus auf der Mittelstraße – damals Kaiser-Wilhelm-Straße – gewesen, sei es heute an einer stark befahrenen Kreuzung mit hohem Unfallpotenzial. Und Palmen weiter: „Populistisch und grenzwertig für den weiteren Umgang miteinander ist aber, auf einem Schützenempfang überhaupt solche Äußerungen zu tun und die SPD damit ohne die Möglichkeit der Gegendarstellung zu diskreditieren, um dann am Ende der Ansprache darauf hinzuweisen, dass Politik nicht zum Schützenempfang gehört. Das ist schlechter Stil.“ Bürgermeisterin Nienhaus weist den Vorwurf des Populismus und der Stillosigkeit entschieden zurück: „Als gewählte Bürgermeisterin dieser Stadt ist es meine Aufgabe und mein Selbstverständnis, klare Position zu beziehen. Das ist nicht populistisch, sondern Ausdruck von politischer Verlässlichkeit. Ich stehe in der Standort-Frage des Kriegerehrenmals an der Seite der Schützen, auch wenn die SPD das Kriegerehrenmal gerne an anderer Stelle sehen würde. Meine Position habe ich bereits im Kulturausschuss und im Stadtrat deutlich gemacht. Eine Brauchtums-Veranstaltung der Stadt ist der geeignete Rahmen, um über Traditionen, Verpflichtungen und Standpunkte zu sprechen.“

Während sich Politik und Verwaltung streiten, meldet sich Stefan Stamm, Geschäftsführer der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft Kaarst, zu Wort: „Unsere Haltung als Schützenbruderschaft ist hier eindeutig: Das Ehrenmal wurde 1929 bewusst an dieser Stelle errichtet. Heute ist es durch das städtische Wachstum noch deutlicher ins Stadtbild gerückt, als zur Zeit seiner Errichtung. Das ist absolut richtig so, denn ein Mahnmal soll Aufmerksamkeit erregen, vielleicht sogar ein wenig den Alltag stören. Denn die Geschichte zweier schrecklicher Weltkriege und der Gewaltherrschaft in Deutschland darf nicht alltäglich werden. Oder in eine ruhige Ecke abgedrängt werden, wo es keiner mehr wahrnimmt.“ Erstaunlich hingegen findet Stamm, „dass die SPD Kaarst uns bis heute nicht offiziell auf dieses Thema angesprochen hat. Die Denkmalpflege ist Teil unseres satzungsgemäßen Zwecks und es ist weithin bekannt, dass insbesondere das Kriegerehrenmal eine besondere Bedeutung für uns Schützen hat. Zweimal im Jahr kommen wir hier nach dem gemeinsamen Gottesdienst zusammen, gedenken der Verstorbenen unserer Bruderschaft und den Opfern der Weltkriege und des Nationalsozialismus und legen zur Erinnerung einen Kranz nieder. Das werden wir auch weiter tun – am gleichen Ort, mitten im Herzen unserer Stadt und im Sinne unserer Ideale: für Glaube, Sitte und Heimat.“

Rolf Retzlaf

(Kurier-Verlag)