Bürger klagen an : „Ist der Baum in Neuss nichts wert?“

Neuss · Wie viel ist ein Baum in Neuss wert? Das fragen sich derzeit viele Bürger. Nach Sturm Ela wurden sie aufgefordert zu spenden und taten es auch (rund 20.000 Euro) — schließlich ging es dabei um die Neupflanzung etlicher Bäume, die den Pfingststurm nicht überstanden hatten.

Die Baumkommission ist sicher, dass die Platanen am Freithof nicht hätten gefällt werden müssen.

Foto: Violetta Buciak

Jetzt klagen Bürger und Ortspolitiker wie Michael Ziege, dass viel zu oft Bäume zu Unrecht gefällt werden — meist seien es Bauprojekte, denen Birke, Kastanie und Co. weichen müssten.

Michael Ziege, stellvertretender Vorsitzender der SPD, kritisiert das leichtfertige Bäumefällen der Stadt scharf.

Foto: Violetta Buciak

Nachdem die majestätische Buche in Gnadental gefällt wurde, obwohl sie laut Bebauungsplan hätte geschützt werden müssen, sind Anwohner und viele Naturfreunde fassungslos. "Ich wohne da nicht, fahre aber täglich dort vorbei und war entsetzt, als ich gesehen habe, wie er gefällt wurde — er prägte die Straße mit!", klagte Yvonne Buchholz auf der Stadt-Kurier-Facebookseite. Auch Petra Schieffer kommentierte kritisch: "Traurig..., denn es werden viel zu viele Bäume gefällt und viel zu wenige gepflanzt..."

Die Buche, um die es geht, musste weg, weil dort Wohnhäuser entstehen. Geplant war es eigentlich, den Baum zu erhalten. Dass die Buche unter Schutz stand, steht schwarz auf weiß im Bebauungsplan 137/3. Unter Punkt 5.7 heißt es: "Der vorhandene großkronige, ortsbildprägende und ökologisch wertvolle Baum an der Kölner Straße ist als zu erhalten festgesetzt. Zum Schutz des Bestandsbaums (Buche) ist der Wurzelbereich fachgerecht vor Auflasten durch Anschüttungen und Überbauung durch die Wand zu schützen."

Diesen guten Vorsatz hielt die Stadt nicht ein. Die knappe Antwort des Bürgermeisters: "Die von Ihnen angesprochene Buche musste gefällt werden, weil die im B-Plan vorgesehene Lösung zum Lärmschutz sich als nicht umsetzbar erwiesen hat."

Michael Ziege, stellvertretender Vorsitzende der SPD und seit sechs Jahren Mitglied in der Baumkommission, kritisiert das leichtfertige Bäumefällen der Stadt scharf. "Es ist auffällig, dass mehr und mehr schützenswerte Bäume gefällt werden, ohne dass wir informiert werden. Dass wir zu so einem Fall befragt wurden, ist rund eineinhalb Jahre her. Dabei ist die Baumkommission genau dafür der richtige Ansprechpartner", erklärt Ziege. Die Buche an der Kölner Straße sei bei weitem nicht der einzige Fall. "Nach dem Sturm Ela wurden zahlreiche stattliche Platanen neben dem Seitenschiff von St. Quirin ohne Umschweife und ohne wirkliche Notwendigkeit bis auf den Stumpf beseitigt. Sie waren in gutem Zustand und hätten erhalten werden können. Möglicherweise kam es dem Bürgermeister recht, hier die Bäume einfach und ohne große Umwege beseitigen zu können. Die Plantanen waren ihm schon länger ein Dorn im Auge. Der Freithof soll ohnehin bald umgestaltet werden", weiß Ziege. Und auch ein weiteres Beispiel sorgte für Aufsehen. "Völlig unerwartet wurde vor einigen Jahren auf der Drususallee, Ecke Hamtorplatz, eine wunderschöne Kastanie gefällt, die am Anfang der prächtigen Allee stand. Sie brauchen nicht lange zu raten: Kurz danach stand genau dort ein Baukran für die Errichtung des Eckhauses auf dem Geländes des ehemaligen Landestheaters", kritisiert Ziege. Er wünscht sich, dass ein Umdenken stattfindet und in Zukunft zweimal überlegt wird, bevor wieder ein jahrzehntealter Baum gefällt werden muss.

(Kurier-Verlag)