Wegen interner Absprachen: Wird Antrag zu Obdachlosen vertagt?

Neuss · Die Situation der Obdachlosen in Neuss beschäftigt besonders jetzt im Winter viele Bürger. Hoffnung machte ein Antrag der Linken. Der könnte jetzt jedoch in den Hauptausschuss im Januar verlegt werden — aufgrund von einer interfraktionellen Vereinbarung.

Der parteilose Verein „Neuss packt an — warm durch die Nacht“ hilft Obdachlosen mit Sachspenden und machte zuletzt auf die missliche Lage der Wohnungslosen aufmerksam.

Foto: Foto: V. Buciak

"Es ist eine Tradition, dass in der letzten Ratssitzung im Jahr keine Anträge gestellt werden", erklärte Helga Koenemann gegenüber dem Stadt-Kurier. Grund dafür sind die Haushaltsberatungen, die sich erfahrungsgemäß in die Länge ziehen. Und am kommenden Freitag könnte es besonders hitzige Diskussionen geben. "Wir sind mit vielem nicht einverstanden und wissen gar nicht, ob wir den Haushalt so verabschieden können", gibt Koenemann zu bedenken.

Dennoch haben sich zwei Fraktionen über die Vereinbarung hinweggesetzt und Anträge auf den Weg gebracht. So hat die Linke die Kritiken zur Unterbringung von Obdachlosen zum Anlass genommen, die ungeschriebene Regel zu brechen. Vincent Cziesla, sozialpolitischer Sprecher der Fraktion "Die Linke", fordert eine Arbeitsgruppe zu Wohnungslosen. "Wir haben in dieser Stadt kein realistisches Bild von den Problemen. Es ist kalt und es gibt Meldungen, dass Menschen keinen Schlafplatz haben. Das Thema ist dringend und sollte trotz Vereinbarung behandelt werden", erläutert der Ratsherr. Dennoch fürchtet er, dass der Antrag geschoben wird. "Wenn die Mehrheit entscheidet, dass der Antrag verlegt werden soll, können wir dagegen nichts tun", so Cziesla. Der Punkt würde dann im Hauptausschuss, schlimmstenfalls erst im Februar im Sozialausschuss behandelt werden.

Immerhin scheint es Bewegung in der Verwaltung zu geben. Stadt-Kurier-Leser beobachteten Mitarbeiter des Ordnungsamtes, die Wohnungslose in den Abendstunden aktiv ansprechen und in die Unterkunft am Derendorfweg verweisen. Die Fraktion CDU/Grüne verfasste indes ein Schreiben an Sozialdezernent Hörsken, in dem sie auf die Missstände aufmerksam macht.

Bei drohender Lebensgefahr und akuten gesundheitlichen Gefährdungen sollte direkt die Notrufnummer 112 gewählt werden.

(Kurier-Verlag)