Knubbelige Grenadiere und ein drehbares Klo — der Grenadierzug hat viel gelernt Fackelbaukurs beim Profi: Jacques Tilly zeigt den „Wisse Röskes“ die Tricks

Neuss · Die Großfackel des Zuges "Wisse Röskes" wird beim Fackelzug am Samstagabend garantiert ein Hingucker — schließlich haben die Grenadiere ihr Handwerk bei Deutschlands bekanntestem Karnevalswagenbau-Künstler Jacques Tilly gelernt...

Die „Wisse Röskes“ Christoph Kluger (links) und Michael Ziege beim Fackelbau in der Zietsch-mann-Halle. Die Fackel des Zuges steht unter dem Motto: „Neuss — bunt und tolerant.“

Foto: Hanna Loll

Jedes Jahr an Rosenmontag erregen die satirischen und politischen Karnevalswagen aus der Werkstatt des Düsseldorfers Jacques Tilly deutschlandweit und auch international Aufmerksamkeit. Der 53-Jährige hat die Wagenbaukunst perfektioniert. Der Profi baut die Figuren für seine Werke schnell, sicher und vor allem authentisch. Das wollte der Grenadierzug "Wisse Röskes", in dem unter anderem Bürgermeister Reiner Breuer sowie die SPD-Ratsherren Benno Jakubassa und Michael Ziege mitmarschieren, in diesem Jahr auch für seine Großfackel schaffen.

"Volker Goebel, Leutnant und Fackelbaumeister des Zugs, wurde durch das Internet auf den ,Workshop Figurenbau' aufmerksam, den Jacques Tilly angeboten hat", erzählt Zugmitglied Christoph Kluger. "Zwei Tage lang haben wir von morgens bis abends die wichtigsten Tricks gelernt. Eine Idee für unsere diesjährige Fackel hatten wir ja schon." Die Großfackel des Zuges steht diesmal unter dem Motto "Neuss — bunt und tolerant. Braune Brühe ab ins Klo", um ein Statement gegen den verstärkt auftretenden Rassismus zu setzen.

Und da am Anfang immer erst mal eine Zeichnung steht, nutzten die "Wisse Röskes" in Tillys Werkstatt gleich die Gelegenheit und schnappten sich die Zeichner des Experten. "Wir haben erklärt, was wir uns vorstellen und ruckzuck hat Tillys Team uns eine maßstabgerechte Skizze im Verhältnis 1:10 angefertigt", freut sich der Schütze und weiß: "Die genaue Maßzeichnung ist Trick Nummer 1 — nur wenn man die Maße der Zeichnung exakt auf den Wagen und die Figuren überträgt, wirkt die Fackel richtig." Heraus kamen der Entwurf eines Grenadiers im typischen, "knubbeligen" Stil des Meisterbauers und eine große Toilette, in die aus einem Eimer besagte "braune Brühe" fließt.

Beim Meister gelernt: Jacques Tilly verriet den Grenadieren die Profi-Tipps.

Foto: Hanna Loll

Damit die Figuren sicher stehen und Samstagabend nicht bei jedem Schlagloch den Boden unter den Füßen verlieren, brauchen sie ein stabiles Gerüst — Trick Nummer 2. Das haben die Grenadiere aus Dachlatten so zusammengezimmert, wie es Tilly und seine Zeichner empfohlen haben.

Bei Trick Nummer 3, der Verarbeitung des Kaninchendrahts, haben die Neusser dem König der Karnevalswagen ganz besonders genau zugeschaut. Schließlich zeichnen sich Tillys Figuren in "Leichtbauweise" vor allem durch ihre Authentizität und Plastizität aus. "Er hat uns gezeigt, wie genau man die Maschen zusammendrücken muss, damit Rundungen entstehen", verrät Kluger zufrieden und deutet auf die beiden Grenadierfiguren, die stolz auf der Fackel der "Wisse Röskes" thronen und tatsächlich sehr runde Köpfe und Bäuche haben. "Knubbelig", wie der Grenadier findet.

Trick Nummer 4, die Kaschierung des "Rohbaus", zeigt einen großen Vorteil auf, den Tilly den Schützen gegenüber hat, wie Kluger erklärt: "Tillys Wagen werden beim Rosenmontagszug am helllichten Tag bestaunt. Unsere Fackeln dagegen sind hinterleuchtet, was bedeutet, dass jeder Fehler sofort ins Auge springt. Tilly hat die Möglichkeit, Unebenheiten mit Gips auszumodellieren. Die haben wir leider nicht, da ist absolute Genauigkeit gefragt." Für die Verkleidung hat der Düsseldorfer Profi den Grenadieren erklärt, dass Papier nicht gleich Papier ist — am besten geeignet sei "Blumenpapier", das Floristen nutzen, um Blumensträuße zu verpacken. "Aber unbedrucktes Blumenpapier zu finden ist gar nicht so leicht und wenn es ein Muster hat, können wir es nicht benutzen — mit Beleuchtung wäre es deutlich zu sehen", gibt Kluger zu bedenken.

Das Fazit des Neussers: "Bei Tilly lernt man nur die Technik, nicht die Kunst, aber mit seinen Tricks sollte es auch in Zukunft leichter von der Hand gehen. Ich gehe jetzt viel entspannter an den Fackelbau heran als noch im vergangenen Jahr, denn eines der wichtigsten Dinge, die ich aus dem Workshop mitgenommen habe: Die Fackel muss nur für einen Zug halten und nicht so stabil sein, dass sie für die Ewigkeit hält!" Mit diesen Tipps kann beim Fackelbau nichts mehr schief gehen...