In der Tradition modern: Die jungen Nachfolger setzen frische Impulse
Neuss · Es ist ein Phänomen, das Jahr für Jahr für Staunen sorgt. Dem Schützenwesen in Neuss kann sich kaum jemand entziehen, Nachwuchssorgen gibt es nicht — und das, obwohl sich an den Abläufen seit 1823 so gut wie nichts geändert hat.
Warum ist das so?
Wie anziehend das Schützenfest ist, belegen die Zahlen. 2001 haben sich rund 4.700 Schützen und 1.450 Musiker gemeldet, 2017 sind es 5.748 Schützen und 1.955 Musiker. Für den scheidenden Präsidenten Thomas Nickel liegt der Grund dafür klar auf der Hand: "Das Schützenfest ist moderner und jünger geworden. Es ist keine Männerdomäne mehr, sondern vielmehr ein Familienfest", so der 69-Jährige.
Dass die Jugend mehr und mehr das Zepter übernimmt und für frische Impulse sorgt, ist nicht von der Hand zu weisen. Jägermajor René Matzner ist mit 33 Jahren einer der jüngsten Korpsführer der Neusser Geschichte. Als Nachfolger für das Schützenkomitee stehen Philipp Mehdorn (37) aus dem Grenadierzug "In alter Frische" und Tobby Weskamp (40) in den Startlöchern. Sie sind die offiziellen Kandidaten für die Wahl im November. Und auch das neue Oberst-Adjutanten-Gespann Walter Pesch (52) und Ben Dahlmann (32) sorgen für eine Verjüngungskur an der Spitze. Sie alle stehen für die Moderne, bleiben der Tradition — dem Kern des Schützenwesens — aber verbunden.
"Es gilt, diese zu bewahren und dennoch alles auf den Prüfstand zu stellen und zu ändern, was so nicht mehr funktioniert", meint Oberst Pesch und spielt dabei auf die im vergangenen Jahr geänderten Zugwege an. Das Wesentliche — die Kameradschaft und der Zusammenhalt — bleiben dagegen unangetastet. Werte, die den Neussern von klein auf mitgegeben werden. "Bereits in Kindergärten und Schulen wird den Jüngsten das Schützenwesen erklärt. Und auch in den Korps wird mehr und mehr Augenmerk auf die Jugend gelegt", betont Oberschützenmeister Martin Flecken. So sei die Anzahl der Bogenschützen mit den Jahren deutlich größer geworden.
Hinzu wurden Zwischeninstitutionen wie "Fähnrich" oder "Falkner" für Schützen eingerichtet, die für das Edelknabenkorps zu alt und für die anderen Korps zu jung sind. "Es wurden Brücken gebaut, um niemanden auszuschließen", weiß Flecken. Und das gelte nicht nur für gebürtige Neusser. Jeder sei im Neusser Bürger Schützenverein willkommen, egal wie alt und woher. Zusammenhalt und ein Mix aus Kontinuität und Moderne: Nirgendwo werden diese Eigenschaften so gut vereint, wie bei den Neusser Schützen.