Gesundheitsexpertin Dr. Maria Eisenhuth klärt auf Gefahr aus China: Kommt das Coronavirus auch zu uns?
Neuss/Kaarst · Seit Ende Dezember die ersten Meldungen vom Auftreten des Coronavirus, welches erstmals auf einem Fischmarkt im chinesischen Wuhan registriert wurde, in den Medien auftraten, wächst auch bei uns die Sorge vor einem möglichen Überschwappen der Epidemie nach Europa. Wie groß ist die Gefahr wirklich und wie bereiten sich die beiden Neusser Krankenhäuser auf mögliche Fälle vor?
Das so genannte Coronavirus 2019-nCoV, das schwere Lungenentzündungen und Atemnot verursachen kann, stammt aus der selben Familie von Viren, die schon in den Jahren 2002 und 2012 die Sars- und Mers-Pandemien verursachten. Bisher sind mehrere Tausend Infektionen bekannt gegeben worden, davon einige mit tödlichem Ausgang. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es außer in China Fälle in Kambodscha, Thailand, Vietnam, Japan, Südkorea, Taiwan, Singapur, Australien, den USA und Kanada Und auch Europa hat das Virus mittlerweile erreicht. Nach Frankreich wurde auch ein Fall in München bekannt, der drei weitere Ansteckungen nach sich zog. Zwei Verdachtsfälle in Köln am Dienstag, 28. Januar, bestätigten sich nicht. Weitere Verdachtsfälle bestehen aktuell in Siegen und Wiesbaden (Stand Mittwoch, 29. Januar).
Dr. Maria Eisenhuth vom Gesundheitsamt des Rhein-Kreises Neuss: „Unter der Annahme einer begrenzten Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch schätzt das ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control) die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Sekundärfällen nach Import eines Falles in der EU als sehr gering ein.“
Doch was muss man über das Coronavirus wissen? „Das Coronavirus überträgt sich vorwiegend über Tröpfchen und geht einher mit Symptomen einer schweren Atemwegserkrankung beziehungsweise Lungenentzündung“, so Dr. Eisenhuth. Sollten also Zeichen einer Lungenentzündung vom Arzt festgestellt werden und man bis zu 14 Tagen zuvor in China gewesen sein, könnte man betroffen sein. Außerdem könnte man sich infiziert haben, wenn man zuvor in den oben genannten Ländern tatsächlich mit einem Erkrankten Kontakt hatte, der wahrscheinlich beziehungsweise nachweislich einen Infekt mit dem neuen Coronavirus hatte und jetzt selbst Symptome einer Atemwegserkrankung wie zum Beispiel Husten aufweist.
Wer trotzdem auf Nummer sicher gehen möchte, sollte folgende Tipps der Expertin beachten: „Um eine Infektion zu vermeiden, sollte man natürlich möglichst nicht in die meist betroffenen Regionen Chinas reisen, in denen die Coronavirusinfektionen aufgetreten sind.“ Außerdem rät sie zu häufigem Händewaschen, wenn möglich Einmaltaschentücher zu verwenden und bei Atemwegserkrankung Hustenhygiene einzuhalten. Wer sich aktuell in China aufhält, sollte den Kontakt zu lebenden und toten Wild- und Zuchttieren meiden, durch die das Virus ursprünglich übertragen wurde. Selbstverständlich sollte man sich auch von Erkrankten und deren Umgebung fernhalten.
Da das Virus noch recht unbekannt ist, gibt es derzeit keine spezifischeren Schutzmaßnahmen. Auch eine entsprechende Impfung gegen das Coronavirus gibt es bisher nicht. Experten arbeiten an der Entwicklung eines Impfstoffes, aber damit ist in der nahen Zukunft wohl erst einmal nicht zu rechnen.
Der Rhein-Kreis Neuss pflegt viele und enge Kontakte zur Volksrepublik China, wo das Virus besonders stark wütet. Wie sieht die Sicherheitssituation in den beiden Neusser Krankenhäusern aus?
Dr. Andreas Kremer, Klinikdirektor des Lukaskrankenhauses, ist zuversichtlich: „Wir sind sehr gut vorbereitet. Sollte ein Patient in unsere Notfallambulanz kommen und sich als Verdachtsfall erweisen, können wir sofort reagieren. Für solche Fälle haben wir immer entsprechende Notfall-Konzepte in der Schublade. Die Mitarbeiter sind entsprechend geschult, es gibt genügend Schutzkleidung und entsprechende Räume für die Patienten, deren Luftversorgung nicht mit den Luftwegen der restlichen Klinik verbunden ist.“ Die Gefahr des Ausbruch einer Epidemie in Deutschland und damit die Gefahr, sich bei uns mit dem Virus anzustecken, hält Dr. Kremer ohnehin für gering: „Da gibt es ganz andere Infektionen, vor denen man sich in unseren Regionen Sorgen machen muss. Außerdem ist die Krankheit für einen Menschen ohne entsprechende Vorerkrankung nicht besonders gefährlich, die Chancen stehen gut, dass man innerhalb von zwei bis drei Wochen wieder auskuriert ist. Sorgen sollte man sich höchsten dann machen, wenn man in China zu Gast war oder Besuch von dort empfängt.“
Auch das Johanna Etienne Krankenhaus hat das Coronavirus auf dem Schirm. Es hält sich streng an die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts für die Hygienemaßnahmen und Infektionskontrolle bei Patienten mit Lungenentzündungen, die durch das neuartige Coronavirus (nCoV) ausgelöst wurden. „Dank des Robert-Koch-Institutes können wir in Deutschland auf sehr gut organisierte Strukturen und geprüfte Pläne zum Schutz der Gesundheit unserer Mitmenschen zurückgreifen. Sollte es – wider derzeitigem Erwarten – zu einem Verdacht auf Coronavirus in unserem Haus kommen, sind wir darauf vorbereitet“, sagt Prof. Jens Encke, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Inneren Medizin im Johanna Etienne Krankenhaus. Bei einem Verdachtsfall leitet das Personal zunächst Maßnahmen ein, die einer Übertragung durch Tröpfchen vorbeugt. Der Patient trägt einen Mund-Nasen-Schutz und erhält ein Isolierzimmer, möglichst mit Vorraum oder Schleuse. Ist dies nicht möglich, wird er in einem Einzelzimmer mit eigener Nasszelle untergebracht. Das Krankenhaus-Personal trägt Schutzkleidung, Schutzbrille, Atemschutz-Masken mit speziellen Anforderungen und Handschuhe. Sollte es zu dem Verdachtsfall kommen, empfiehlt das Robert-Koch-Institut Hygienemaßnahmen und Infektionskontrolle, die schon für Patienten mit Schwerem Akutem Respiratorischem Syndrom (SARS) herausgegeben wurden.