Was Familien mit Unternehme(r)n gemeinsam haben

Familien, Firmen und deren Chefs haben nicht viel gemeinsam? Oh doch, und vielleicht sogar mehr, als mancher denkt. Tatsächlich kann man vieles, was im Business Usus ist, auch zwischen Haushaltskosten und Erziehung anwenden.

Der englische Begriff „Family Business“ trifft es haargenau. Er bezeichnet nämlich nicht nur Familienunternehmen, sondern auch das „Unternehmen Familie“.

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Ein Konglomerat verschiedener Personen. Jede mit eigenem Arbeits- und Aufgabenbereich. Das Ziel ist es, durch geschicktes Haushalten dieses Schiff so zu lenken, dass die wirtschaftlichen Zahlen im grünen Bereich bleiben. Dazu ist es notwendig, dass die Führung nicht nur streng hierarchisch funktioniert, sondern manchmal auch freundlich-anleitend und lehrend. Dass alle nach Kräften daran arbeiten, dass es voran geht und dabei auch der Spaß nicht zu kurz kommt. Haben wir damit eine Familie umschrieben oder eine Firma? Sie wissen es nicht? Das ist nicht schlimm, sondern nur ein Beweis dafür, dass Familien mit Wirtschaftsunternehmen und Eltern mit Konzernleitern sehr viel mehr Schnittmengen haben, als wir es landläufig vermuten — und nicht nur, wenn man wirklich Angestellter seiner Eltern ist. Und deshalb ist es auch probat, gewisse Businesstricks auf familiäre Belange anzupassen und anzuwenden. Einige zeigt der folgende Artikel und richtet sich dabei vor allem an junge Unterne… natürlich Familien.

Jeder Mensch, der ein Unternehmen gründen möchte, hat bestimmte Vorstellungen dazu. Vielleicht haben sie damit zu tun, nach welchen Leitlinien die Firma arbeiten soll, vielleicht möchte man das, was man an früheren Chefs nicht mochte, künftig völlig anders machen. Und so ehrenhaft all diese Ziele sein mögen, sie überstehen den Kontakt mit der geschäftsalltäglichen Realität im seltensten Fall unbeschadet.

Ganz ähnlich sieht es mit den Plänen aus, die zwei Menschen für ihre Familie machen. Bloß nicht zu viel von den strengen Eltern übernehmen. Weniger verkrampft sein — aber bitte nicht so fürchterlich Laissez-faire "wie die Nachbarn mit ihren verzogenen Kindern". Wenn das Kind dann da ist, zerfallen diese Pläne meist in dem Moment zu Staub, indem es einen zum ersten Mal anlächelt.

Und sowohl Gründer wie Eltern werden sich anhand der Leitlinien der "echten" Realität entlanghangeln.

Vor allem solche Firmenchefs, die selbst ihr Unternehmen aus der Taufe hoben und nicht erst später dazukamen, haben oft einen Kontrollkomplex und würden am liebsten alles überwachen und selbst erledigen. Es gibt viele Theorien, die ihnen helfen, diese Verantwortung zu delegieren. Zufällig sind es die gleichen Dinge, die auch Eltern dabei helfen, ein wenig mehr loszulassen.

Wer immer glaubt, alles selbst machen zu müssen, erntet dabei hauptsächlich Stress. Das gilt für Chefs ebenso wie Eltern.

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Falsch wären dabei physische Anreize, mit dem man die Kids umgarnt. Viel besser ist es, dass diese dadurch motiviert werden, dass man ihnen Verantwortung und Entscheidungsfreiheit überträgt. Was das ist, müssen natürlich die Eltern für den Einzelfall entscheiden. In jedem Fall bekommt man jedoch Kinder, die sich sehr viel mehr mit der Familie identifizieren, sich mehr als wichtigen Teil davon verstehen — und nebenbei als Eltern vielleicht ein, zwei Sorgen weniger.

Jeder Firma muss daran gelegen sein, dass in ihrer Bilanz die Aktiva und Passiva ausgeglichen sind. Und dabei bekommt besonders der Begriff Eigenkapital ein besonderes Gewicht. Dahinter verbirgt sich letztendlich das, was einem Unternehmen an Geldmitteln verbleibt, wenn sämtliche Schulden usw. bereits abgezogen wurden. Klingt vertraut? Das liegt daran, dass es in den familiären Finanzen ähnlich aussieht. Und abermals wie bei einem Unternehmen bekommt man manchmal auch nur dann Geld (etwa für ein Haus), wenn genügend Eigenkapital vorhanden ist.

Und das wiederum bedeutet, dass man auch gewisse Tricks aus der Eigenkapitalfinanzierung auf sich anlegen kann. Ein komplex klingender, aber einfach zu erklärender Begriff: Eigenkapitalfinanzierung bedeutet, das Eigenkapital der Firma ohne zusätzliche Gelder von außen zu erhöhen. Dafür gibt es zwar zwei Möglichkeiten, Innen- und Außenfinanzierung, für Familien kommt jedoch nur erstere in Betracht. Wirtschaftlich behält man dazu Überschüsse ein, aktiviert "stille Reserven". Nichts anders tut man auch zuhause, man packt Geburtstagsgeld beiseite, gibt das Weihnachtsgeld nicht gleich aus, steckt alles Kleingeld, das man vom Einkaufen mitbringt, in eine Spardose. Tut man das lange genug, steigt das Eigenkapital an und ermöglicht einem den Kauf, den man vielleicht schon immer plante.

Wenn ein Unternehmen die Buchführung schleifen lässt, also nicht minutiös notiert, welche Einnahmen und Ausgaben es hat, dann steht mit ziemlicher Sicherheit bald die Steuerfahndung vor der Tür und verlangt Bucheinsicht. Das passiert in Familien zwar nicht unbedingt genauso, dafür aber etwas anderes, was den Firmen ebenfalls widerfährt: sie verlieren den Überblick. Geld kommt unkontrolliert herein, geht unkontrolliert hinaus. Im besten Fall herrscht Verwirrung, im schlimmsten geraten jedoch die Firmenfinanzen in Schieflage.

Was tut man dagegen? Man wird minutiös und schreibt alles auf, was man einnimmt, was man ausgibt. Das gelingt familiär durch ein Haushaltsbuch und es ist gar nicht so schwer, wie man glauben könnte:

  1. Am Monatsanfang werden alle eingehenden Gelder notiert.
  2. Dann werden alle festen Verpflichtungen, Miete, Strom usw., abgezogen. Übrig bleibt das frei verfügbare Einkommen
  3. Von jedem einzelnen Kauf, ob bar oder mit Karte, werden die Kassenzettel mit nachhause genommen und die Kaufbeträge eingetragen.
  4. Gleiches gilt für alle anderen Ausgaben, beispielsweise Taschengeld (= "Gehälter")

Sowohl Firmen- wie Familienbuchführung muss nicht mehr analog erfolgen. Das Netz hält dafür auch reichhaltige App-Optionen bereit.

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Auf diese Weise kann man sicher sein, dass das, was man am Monatsende noch auf der Liste stehen hat, tatsächlich verfügbar ist. Das hilft nicht nur bei der Eigenkapitalfinanzierung, sondern auch, unnötige Mehrausgaben schnell zu erkennen.

Stellen Sie sich für einen kurzen Moment vor, Ihr Chef würde sie tagtäglich im Kasernenhofton anbellen. Er würde niemals Widersprüche dulden, seine Befehle wären in Beton gegossen und niemals würde er irgendwelche Beweggründe dahinter erklären, sondern Sie, als seinen Angestellten, vollkommen im Dunkeln lassen. Klingt schlimm, oder? Doch sei auch die Gegenprobe erlaubt: Der Chef gibt gar keine Anweisungen. Er überlässt es allen, das zu tun, worauf sie gerade Lust haben. Und gibt es wichtige Themen, diskutiert er sie mit der gesamten Belegschaft aus. Hand aufs Herz: wäre das wirklich so viel besser?

Tatsächlich wurden auf diese Weise auch bereits drei wichtige, wenngleich sehr extreme Erziehungsmethoden aus der Sicht eines Kindes beschrieben:

  1. Einmal die autoritäre Erziehung auf der einen Seite,
  2. die Laissez-Faire-Erziehung bzw. antiautoritäre Erziehung auf der anderen.

An diesem Punkt kann man Erziehung direkt mit Menschenführung übersetzen. Und wie als Chef ist es als Eltern notwendig, einen Mittelweg zu finden. Der nennt sich kooperativer Führungsstil. Dabei geht es um drei zentrale Inhalte:

  1. bei wichtigen Angelegenheiten werden die Zügel straff in der Hand behalten, weil der Chef am besten weiß, was zu tun ist.
  2. Bei Routineangelegenheiten wird den Mitarbeitern viel mehr Freiheit gelassen. Am besten hält sich der Chef weitestgehend am Rande und greift nur bei Problemen ein
  3. Kritik und Anregungen der Mitarbeiter sind nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht.

Auch im Ergebnis decken sich Erziehung und Menschenführung verblüffend. Denn in beiden Fällen haben die Untergebenen zwar eine starke Führungsperson, zu der sie aufblicken und an die sie sich wenden können. Sie werden aber nicht von dieser Aura erdrückt. Es bleibt genug Raum, um sich selbst zu entfalten, Eigenverantwortung zu lernen und damit letztlich auch ein harmonischeres Miteinander.

Fazit

Wenn wir von "Familienunternehmen" sprechen, denken wir meistens an Firmen in der Hand einer Familie. Tatsächlich könnte der Begriff jedoch auch eine ganz normale Familie ohne wirtschaftliche Betätigung umfassen. Denn so viele Prinzipien, die zwischen Papa, Mama und Kindern bestehen, finden ein nahezu identisches Abbild in betrieblichen Angelegenheiten. Das soll zwar Eltern nicht zu Bossen machen und Mitarbeiter zu Kindern degradieren. Aber durchaus dabei helfen, zu verstehen, dass Firmenprobleme häufig Familienproblemen ähneln — und diagonal übergreifend jeweils andere Hilfsmittel angewendet werden können.