Zum Weltflüchtlingstag: Das wünscht sich Hamidou Balde für die Zukunft
Neuss · Am heutigen Mittwoch, 20. Juni, ist Weltflüchtlingstag. Grund genug, einen Blick darauf zu werfen, wie es in Neuss den Geflüchteten ergangen ist. Das Berufsförderungszentrum (BFZ) öffnete zu diesem Zweck seine Tore und gewährte einen Einblick in den Alltag mit Menschen unterschiedlichster Nationen.
"Die Stimmung im BFZ ist gut. Probleme — etwa wegen Anfeindungen — gibt es hier nicht", versichert Geschäftsführer Michael Stork. Seit 2015, dem Jahr, in dem über eine Million Flüchtlinge Zuflucht in Deutschland suchten, wird im BFZ verstärkt Augenmerk auf die Arbeit mit Geflüchteten gelegt. Koordinatorin Anett Bechstein erklärt das Konzept: "In unseren Angeboten erlernen die Teilnehmer nicht nur die deutsche Sprache, sie nehmen auch Praxiswissen für ihre berufliche Zukunft mit — sei es in der Gastronomie, der Logistik oder im Metallbau, aber auch in der Holzbearbeitung sowie im Garten- und Landschaftsbau."
Einer der Teilnehmer ist Hamidou Balde aus Guinea. Der 30-Jährige lebt jetzt seit fünf Jahren in Deutschland, eine große Bleibeperspektive hat er nicht, da sein Herkunftsland in Deutschland als sicher gilt. Dennoch hängt sich der junge Mann laut der Koordinatoren rein, ist wissbegierig und fleißig. Dank der Basisqualifizierung des BFZ steht Balde kurz vor seinem Hauptschulabschluss und kann in naher Zukunft eine Ausbildung bei einem Logistikunternehmen beginnen.
Damit steigen seine Chancen, in Deutschland bleiben zu können. "Für mich geht damit ein Traum in Erfüllung. In Guinea habe ich schon einige Jahre in dem Bereich gearbeitet. Jetzt bin ich froh, das hier fortsetzen zu können", so der 30-Jährige. In seiner Freizeit kocht er gerne oder geht mit Freunden aus. Aktuell lebt Balde in einer Flüchtlingsunterkunft in Meerbusch, teilt sich dort mit drei weiteren Männern ein Zimmer. "Mein Traum ist es, einmal eine eigene Wohnung zu haben und eine Familie zu gründen", sagt der junge Mann. In Deutschland fühlt er sich wohl. "Die Menschen sind hier offener als in anderen europäischen Ländern. Hier habe ich schnell gute Kontakte schließen können", weiß Balde. Auch kulturelle Events wie das Schützenfest oder Karnevalsumzüge schaut sich der Guineer gerne an. Und weil er sich so gut entwickelt hat, gibt er sein Wissen an andere weiter. Als Lernbegleiter unterstützt er andere Flüchtlinge bei ihrem Einstieg in das Berufsleben.
Den Alltag in einem ganz normalen Job lernen die Teilnehmer der BFZ-Programme praxisnah. In der Küche wird von 7.45 Uhr bis 15.30 Uhr gekocht, gebacken und gespült. Auch die Einkäufe für die täglichen Menüs werden gemeinsam erledigt. Seit Mai 2016 konnten fünf Prozent der 180 Teilnehmer in eine Ausbildung vermittelt werden, 20 Prozent haben eine Arbeitsstelle erhalten, 27 Prozent wurden in weitere Weiterbildungsmaßnahmen vermittelt. Nur 16 Prozent haben das Programm abgebrochen.
Auffallend: In allen Bereichen sind die meisten Kursteilnehmer Männer. "Obwohl 30 Prozent der Flüchtlinge Frauen sind, haben wir in keinem unserer Kurse eine Frauenquote von 30 Prozent. Das hat auch kulturelle Gründe. Frauen sind häufig für die Kinderbetreuung zuständig", erklärt Stork und macht deutlich, dass Politik und Gesellschaft diesem Trend entgegen wirken müssen.