Grundwasserspiegel steigt weiter an: Anwohner „Am Pappelwäldchen“ in Sorge Wenn die Keller langsam volllaufen: Bürger hoffen auf städtische Hilfen

Neuss · Anwohnern der Straße „Am Pappelwäldchen“ in der Nordstadt steht das Wasser zwar nicht bis zum Hals, aber wenn sie nicht tagtäglich mit Schrubber und Putzlappen gegen das Nass in ihren Kellern ankämpfen würden, käme es locker auf Kniehöhe. „Wir saufen hier ab!“, ärgert sich ein Anwohner. Im Bezirksausschuss Nordstadt wurde jetzt ein Antrag der CDU verabschiedet. Ihre Forderung: Die Verwaltung soll konkrete Maßnahmen zur Kappung von Grundwasserspitzen in die Wege leiten und regelmäßig im Ausschuss für Umwelt, Grünflächen und Klimaschutz sowie im BZA berichten. Die Stadt sieht allerdings die Bürger in der Pflicht, sich selbst um ihre nassen Keller und Wände zu kümmern.

Anwohner der Straße „Am Pappelwäldchen“ – hier gemeinsam mit der CDU-Stadtverordneten Monika Mertens-Marl (l.), die die Bürger unterstützt – sind stinksauer: Sie fühlen sich mit den nassen Kellern und Wänden aufgrund des gestiegenen Grundwassers allein gelassen.

Foto: Kurier Verlag/Rolf Retzlaff

Ortstermin auf der Straße „Am Pappelwäldchen“: Die Angst, das eigene Häuschen aufgeben zu müssen, geht um. Maßnahmen gegen das steigende Grundwasser können sich einige Anwohner nicht leisten. „Und wir sind nicht so gut aufgestellt, dass wir eine Miete aufbringen könnten. Wir sind auf das Haus angewiesen“, so eine Bürgerin. „Unsere Häuser kauft ja auch keiner!“, so ein Betroffener.

Im Januar 2024 ging es los: Das Grundwasser drückte sich durch die Betonplatten im Keller. „Seitdem wird es immer schlimmer“, macht Anwohnerin Beate Pricking deutlich; tagtäglich wischt sie das Keller in ihrem Keller auf; die Räume sind längst geräumt und nicht zu nutzen. So geht es zahlreichen Nachbarn in den umliegenden Häusern. „Und auch in den Straße Rehhecke und Buschhausen haben Bewohner nasse Keller“, so Pricking.

Beate Pricking ist seit Ende Januar täglich damit beschäftigt, das Wasser aus ihrem Keller zu entfernen.

Foto: Kurier Verlag/Rolf Retzlaff

Tatsache ist: Der Grundwasserspiegel in Neuss, insbesondere im Neusser Norden, ist seit Anfang Dezember 2023 deutlich angestiegen ist und hat derzeit einen seit dem Jahr 2011 nicht mehr gemessenen Hochstand erreicht. Vergleichbare Grundwasserstände waren zuletzt in den Jahren 1995, 2000 bis 2003 und 2011 zu verzeichnen. Der in den 1960er Jahren dokumentierte historische Höchststand ist allerdings noch nicht erreicht – aber das könnte noch kommen. „Die Ursache für den Anstieg des Grundwassers liegt an den regelmäßigen, zum Teil ergiebigen Niederschlägen der letzten Monate“, schreibt die Stadtverwaltung. Nach Einschätzung der Verwaltung stelle der derzeitige Grundwasserhochstand ein seltenes, aber gewöhnliches Ereignis dar. „Nach einer zwölfjährigen Phase fallender Grundwasserstände und entsprechender Bodenaustrocknung ist die Wiederauffüllung der Grundwasservorräte und das Ende der Bodentrockenheit aus ökologischer Sicht positiv zu bewerten.“ Den betroffenen Anwohnern in der Nordstadt wird es schwer fallen, hier positive Aspekte zu sehen. Aber die Verwaltung macht deutlich: „Grundsätzlich obliegt den Bauenden und den von ihnen beauftragten Architekten die Vorsorge für die grundwassersichere Planung und Ausführung der Gebäude auf ihren Privatgrundstücken. Die entsprechenden Informationen zum Grundwasserstand sind unter www.neuss.de öffentlich abrufbar. Zudem ist die Betroffenheit im Hinblick auf Grundwasserschäden an Gebäuden im Neusser Stadtgebiet auf Einzelfälle beschränkt.“

Wolfgang Hirschen zeigt: In den Wänden seines Kellers steigt die Feuchtigkeit die Wände hoch.

Foto: Kurier Verlag/Rolf Retzlaff

Die CDU hakt dennoch weiter nach: Die Ratsfraktion will prüfen lassen, inwieweit die Stadt das aktive Wassermanagement verbessern könnte. „In erster Linie sind zwar die Eigentümer verantwortlich, ihre Immobilie gegen Grundwasser zu schützen. Gleichzeitig erwarten wir durch den Klimawandel auch in Zukunft instabileres Wetter und häufigere Starkregen mit entsprechenden Auswirkungen auf das Grundwasser. Rahmenbedingungen, die beim Bau vieler Immobilien nicht absehbar waren. Grundsätzlich sehen wir daher auch die Kommune, wie alle staatlichen Ebenen, in der Pflicht, die geänderten Bedingungen zu analysieren und Maßnahmen zur Steuerung und Schadensminimierung auszuarbeiten“, so der CDU-Fraktionsvorsitzende Sven Schümann. Und die BZA-Vorsitzende Monika Mertens-Marl verweist auf das benachbarte Korschenbroich, das bereits erfolgreich Maßnahmen zur Kappung der Grundwasserspitzen durchführe. Rolf Retzlaff