Sollen die Neusser Sportvereine zahlen? Was CDU, SPD und der Sportdezernent zur Einführung von Entgelten für die Nutzung städtischer Sportstätten sagen
Neuss · Einige der größten Neusser Sportvereine laufen Sturm gegen die geplante Einführung von Entgelten für die Nutzung städtischer Sportstätten, auch die CDU spricht sich dagegen aus. Die SPD macht einen Kompromissvorschlag.
Sportdezernent Dr. Matthias Welpmann hält die von den Vereinen gezeichnete Perspektive „für deutlich zu schwarz gemalt“.
Er macht deutlich, dass der Stadtrat im Rahmen des Konsolidierungspakets für den städtischen Haushalt der Verwaltung den Auftrag gegeben habe, 250.000 Euro beim Sport einzusparen. Dies soll ab 2024 mit der Zahlung von Nutzungsentgelten auf den Weg gebracht werden. Kritiker fordert er auf, Alternativvorschläge zu machen. Denn eins ist klar: Bei dem klammen Haushalt muss gespart werden. Man habe die Zumutbarkeit für die Vereine genau geprüft, mit dem Resultat, dass nach dem Solidarprinzip alle Vereine mit einbezogen werden sollten, „um die zu erzielenden Entgelte auf möglichst viele Schultern zu verteilen“, erklärt Welpmann. Zudem müssten für Kinder und Jugendliche deutlich geringere Entgelte gezahlt werden.
Welpmann rechnet vor: „Bei rund 30.000 Vereinsmitgliedern in Neuss müssten pro Kopf im Jahr zehn bis zwölf Euro gezahlt werden, das macht pauschal einen Euro im Monat.“ Und er stellt fest: „Bisher wurden die Sportvereine in Neuss überhaupt nicht mit Nutzungsentgelten belastet. Selbst die Nutzung der teuren Wasserflächen kostete ihnen bisher nichts.“ Dies sei nicht der Regelfall: In NRW würde circa die Hälfte aller Städte Nutzungsentgelte erheben, in Baden-Württemberg und Bayern wären dies nahezu alle Städte. Perspektivisch würde dies helfen, die hohe Qualität der Sportanlagen weiter aufrecht zu erhalten.
Auch sieht Welpmann in der Entgelt-Einführung die Möglichkeit, Anreize zu schaffen, damit die Vereine die Belegung der Sportstätten optimieren. „Ob zwei oder 20 Leute die Halle nutzen, es fällt bisher keine Nutzungsgebühr an“, so Welpmann. Das könne anders laufen, wenn sie zahlen müssten: „Vielleicht überdenken dann Vereine kritisch ihr Anmeldeverhalten für Hallenzeiten.“
Und er weist darauf hin, dass der „Solidarbeitrag“ nur einen Bruchteil der Kosten darstelle, die der Sport für die Stadt verursache. „Der Konzern Stadt hat Gesamtaufwendungen für Sportanlagen, Sonderanlage, Schulhallen und die Bäder eine Gesamtaufwendung von rund 10 Millionen Euro.“
Die CDU lehnt Nutzungsentgelte für die städtischen Sportstätten ab. Sie verweist darauf, dass von den 350.000 Euro, die die Vereine künftig an Entgelten zahlen sollen, nur 250.000 Euro nach Abzug von Steuern und Personalkosten bei der Stadt ankommen. Für die CDU ist dieses System „ein Bürokratiemonster, das Vereine und Sportler, ja letztlich auch die Stadtverwaltung, belastet. Das ist absurd: Die Stadt will den Vereinen über Zuschüsse Geld auszahlen und dieses Geld dann wieder mit hohem Personalaufwand und mit einer Steuerbelastung einsammeln“, schüttelt der CDU-Fraktionsvorsitzende Sven Schümann den Kopf. Und er führt weiter aus: „Jeder Euro im Sport spart an anderer Stelle Kosten für Soziales, Integration, Jugend und Gesundheit.“ Die CDU sehe den Sparauftrag im Sport schon als erfüllt an. Schließlich hätten die Sportvereine in diesem Jahr bereits 100.000 Euro Einsparungen bei den Zuschüssen hinnehmen müssen. Schümann macht einen Alternativvorschlag. „Wir sollten uns darauf konzentrieren, den Vereinen Sportstätten in Eigenverantwortung zu überlassen. Die Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, dass die Stadt dadurch gutes Geld sparen kann.“
Aus Sicht der SPD-Ratsfraktion wäre es denkbar, die diskutierten Nutzungsgebühren geringer anzusetzen und im ersten Schritt nur für die Nutzung der städtischen Turn- und Sporthallen zu erheben. „Das würde die Belastung der Vereine reduzieren und möglicherweise auch noch den aktuell recht hohen Erhebungsaufwand für die Sportverwaltung reduzieren“, erklärt Dietmar Dahmen, sportpolitischer Sprecher der SPD. Darüber hinaus sei die SPD auch bereit, alternative Konsolidierungsvorschläge wie die Übertragung von Sportstätten in die Eigenverantwortung der Vereine ergebnisoffen zu diskutieren. „Das wird aber vermutlich am Ende ein deutlich kleinerer Konsolidierungsbeitrag sein“, so Dahmen. Daher sei es notwendig, bei einer Ablehnung der Nutzungsgebühren interfraktionell auch weitere Konsolidierungsvorschläge zu erarbeiten. Rolf Retzlaff