Barbara Keßler, Leiterin der Telefonseelsorge, wurde verabschiedet „... und jetzt sind Sie frei!“

Neuss · „Ich hatte nicht einen Tag Langeweile!“ Wer kann das schon nach stolzen 24 Jahren im Beruf von sich sagen? Barbara Keßler gehört zu denjenigen, die dies von sich behaupten können. Als Leiterin der Telefonseelsorge hat sie seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2000 zahlreiche Entwicklungen mitgemacht, jetzt wurde sie mit einem ökumenischen Gottesdienst in St. Josef und anschließendem Empfang im Papst-Johannes Haus verabschiedet.

Zum Abschied gab es einen ökumenischen Gottesdienst in St. Josef (v.l.): Sebastian Appelfeller (Vorsitzender des Verbandes evangelischer Kirchengemeinden in Neuss), Dr. Martin Straaten (Vorsitzender Förderverein Telefonseelsorge) und seine Stellvertreterin Ute Dornbach-Mensel, Superintendent Dietrich Denker, Barbara Keßler, Kreisdechant Hans-Günther Korr und Pfarrer Ralf Laubert (Kuratoriumsvorsitzender).

Foto: TS Neuss

Nach Banklehre und Psychologiestudium zog sie von Saarbrücken nach Neuss, um hier die Leitung der Telefonseelsorge zu übernehmen. Es galt gleich „dicke Bretter zu bohren“: Die Telekom hatte die Einzelverbindungsnachweise eingeführt, was gegen den Standard der absoluten Anonymität der Anrufer bei der Telefonseelsorge sprach. „Dann schenkte uns die Telekom zwei 0800er-Nummern, die nicht im Verbindungsnachweis auftauchten“, so Keßler. Und dann wurden die Handys immer beliebter. „Da ist die Zahl der Anrufe explodiert“, erinnert sich Keßler, wobei es leider auch sehr viele Test- und Scherzanrufe sowie „Aufleger“ gab. Zudem waren damals „nur“ 45 Ehrenamtler und Barbara Keßler als hauptamtliche Kraft im Einsatz. Jetzt besteht das Team der Neusser Telefonseelsorge aus zwei Fachkraft-Stellen, einer halben Stelle im Sekretariat sowie 70 Ehrenamtlern. Und es werden weiterhin dringend ehrenamtliche Mitarbeiter gesucht (siehe Infokasten).

Barbara Keßler.

Foto: TS Neuss

Barbara Keßler musste sich als Leiterin der Telefonseelsorge stets auf neue Gegebenheiten einstellen. Rund 13.000 Anrufe wurden im vergangenen Jahr in Neuss angenommen. Dabei ist seit 2016 die Zahl der „Aufleger“ (von 5.117 auf 1.589), der Scherz- (von 1.533 auf 435) und Schweigeanrufe (von 500 auf 140) deutlich zurückgegangen. Häufigste Themen am Telefon sind Einsamkeit und Isolation (20 Prozent), körperliches Befinden (19,2 Prozent), Ängste (16,1 Prozent), depressive Stimmung und familiäre Beziehungen (je 14,8 Prozent).

Susanne Helpenstein, kommissarische Leiterin der Telefonseelsorge Neuss.

Foto: TS Neuss

Die weitere Entwicklung wird Barbara Keßler ab sofort aus der Ferne mitverfolgen. Die 56-Jährige hat eine Praxis für persönliche Beratung, Coaching und Supervision in Neuss eröffnet. Ihre kommissarische Nachfolgerin bei der Telefonseelsorge ist die Diplom-Theologin Susanne Helpenstein.

„Die Zeit bei der Telefonseelsorge hat mich stark geprägt“, sagt Barbara Keßler, „es waren 24 total kurzweilige Jahre!“ Ihre Amtszeit endete mit einem sehr stimmungsvollen Gottesdienst, der auch ihre sogenannte „Entpflichtung“ beinhaltete. Superintendent Dietrich Denker entband sie dort von ihren Pflichten. Dann kam der Satz, der Barbara Keßler in eine neue Lebensaufgabe entließ: „... und jetzt sind Sie frei!“